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Wirtschaft: Meister des Fachs

Eigener Betrieb, Führungskraft oder Studium – die Weiterbildung zum Meister öffnet viele Türen

Der Traum vom eigenen Betrieb treibt die meisten an, wenn sie sich für die Weiterbildung zum Meister entscheiden. Doch längst ist die Qualifikation ein Türöffner für viele Wege – an die Uni zum Beispiel. Und die Weiterbildung wird immer beliebter: „Die Anzahl der Meisterprüfungen steigt in den letzten Jahren kontinuierlich an“, sagt Katharina Schumann, die die Bildungsberatung der Handwerkskammer Berlin leitet. In der Hauptstadt gab es im Jahr 2005 366 Prüfungen, 2009 bereits 406.

Es ist eben auch ein Gütesiegel, für Kunden und in der eigenen Branche. „Der Meisterbrief steht nach wie vor für Qualität – das heißt Fachwissen und -können“, sagt Katharina Schumann, die die Bildungsberatung der Handwerkskammer Berlin leitet. Ein „Komplett-Paket“ nennt sie die Meisterprüfung. Neben Praxisthemen und Fachtheorie werden auch betriebswirtschaftliche Aspekte wie Marketing, Steuern und Buchführung behandelt. Darüber hinaus werden pädagogische und rechtliche Aspekte um das Ausbilden gelehrt, denn nur Meister dürfen ausbilden.

Bei der Innung Sanitär, Heizung, Klima (SHK) Berlin lernen in diesem Jahr 50 Prüflinge für den Meisterbrief – mehr als im letzten Jahr. Die Meisterprüfung ist in 41 zulassungspflichtigen Handwerken die Voraussetzung für die Selbstständigkeit. Nicht nur bei Installations- und Heizungsbauern, auch bei Friseuren, Kraftfahrzeugmechanikern und Zahntechnikern – kein Wunder, dass diese Branchen weit vorn sind bei der Meisterqualifikation. Voraussetzung für den Abschluss ist die abgeschlossene Gesellenprüfung plus zwei Jahre Berufserfahrung. Wer keine Gesellenprüfung gemacht hat, muss nachweisen, dass er das anderthalbfache der üblichen Lehrzeit berufstätig war.

„Natürlich wollen sich viele im Anschluss selbstständig machen“, sagt Detlef Pfeil, Leiter des Ausbildungszentrums der Innung Berlin SHK. Aber er betont: „Das Handwerk ist durchlässiger geworden.“ Als Meister des Handwerks ist es eben auch möglich, sich zum Betriebswirt (HWK) weiterzubilden oder ein fachgebundenes Hochschulstudium zu beginnen. Und das sei gar nicht mehr so selten, sagt Pfeil. Im Jahr 2005 gab es das erste Mal die Möglichkeit für Betriebswirte (HWK), das Studium der Betriebswirtschaft in Kooperation mit der Steinbeis-Hochschule Berlin an einer Universität zu absolvieren.

In der SHK-Branche hat sich in den vergangenen Jahren auch das Berufsbild verändert. „Was man früher mit dem Gas-Wasser-Installateur verbunden hat, das war mal“, sagt Pfeil. Inzwischen gehe es viel um Elektrik, um die Nutzung erneuerbarer Energien und die Gestaltung moderner Bäder. „Es ist ein innovatives Berufsfeld“, sagt der Leiter des Ausbildungszentrums. Ein Handwerksberuf führt heute also in viele Richtungen. „Der Meister ist inzwischen ein Alternativmodell zum Abitur“, sagt Markus Feix, Geschäftsführer der Berliner Friseurinnung. Darum dürfe man das Leistungsniveau der Meisterprüfung auch nicht unterschätzen.

Heiko Exner bildet seit 13 Jahren den Nachwuchs des Handwerkzweigs Sanitär, Heizung und Klima (SHK) aus, mittlerweile bei der SHK-Innung Berlin. Selten hat er welche unterrichtet, die abgebrochen haben. Denn der Wille und das Interesse seien in der Regel sehr groß – ist es doch eine selbst gekaufte Leistung. „Man muss sich klar sein, was man damit machen will, ob Ingenieursstudium oder eigener Betrieb“, sagt Exner. Ob es mit der Selbstständigkeit im Anschluss klappt, hängt auch von der Geschäftsidee ab. Das wird ausführlich in den Vorbereitungskursen behandelt.

Aber nicht nur die fachliche Kenntnis spielt eine Rolle für den späteren Erfolg – auch die Lebenserfahrung. In den Vorbereitungskursen sind die Teilnehmer meist noch recht jung. Der Grund: es ist in vielen Gewerken nicht mehr nötig, einige Jahre Berufserfahrung für die Meisterprüfung nachzuweisen. Doch gerade, wenn es um die Selbstständigkeit geht und Dinge wie Mitarbeiterführung, kann das sehr hilfreich sein. „Die meisten wollen aber so schnell wie möglich den Meister machen“, beobachtet Innungs-Geschäftsführer Feix in seinem Handwerk. Das hat sicherlich auch etwas mit der harten Konkurrenzsituation und dem Verdrängungswettbewerb in der Friseurbranche zu tun.

Gerade Friseure entscheiden sich für die Fortbildung, um sich bessere Verdienstmöglichkeiten zu schaffen. Laut Statistischem Bundesamt verdienen die Haarschneider 1315 Euro brutto monatlich – damit liegen sie beim Gehaltsvergleich am unteren Ende. Mit der Meisterprüfung steigt die Chance, als Selbstständiger mehr zu verdienen oder eine bessere Position in einem Salon zu bekommen. „Für viele ist es auch ein Antrieb, weil sie fachlich nicht stehen bleiben wollen“, sagt Feix.

Die Mehrzahl der Meisteranwärter entscheidet sich für Vorbereitungskurse bei den Handwerkskammern oder Innungen. Die Teilnahme ist nicht verpflichtend. Der Vorteil an den Kursen ist der Klassenverband. Es bilden sich Netzwerke beim Lernen und über den Abschluss hinaus. „Außerdem bieten die Kurse die Möglichkeit, Wissen über die Prüfungsinhalte hinaus anzueignen“, sagt Feix. Dabei gibt es zwei Varianten: Abendkurse und Vollzeitkurse. Erstere sind eine Möglichkeit, die Weiterbildung berufsbegleitend zu machen. Das heißt, nach der Arbeit noch ins Seminar, meist bis 21 oder 22 Uhr und zusätzlich auch immer mal wieder am Wochenende. Je nach Handwerk dauert die Schulung unterschiedlich lang, bei Friseuren ist es ein knappes Jahr, beim Handwerk Sanitär, Heizung und Klima zwei Jahre. Die andere Variante ist die kürzere: Bei den Vollzeitkursen hat man fünf Tage die Woche Unterricht, bei den Friseuren circa fünf Monate, bei Sanitär, Klima und Heizung gehen die Kurse ein Jahr. Die Kosten fallen für beide Modelle gleich aus.

Bei der Entscheidung zur Meisterprüfung sollte das eine wichtige Rolle spielen. Denn „es ist eine durchweg private Überlegung, der Betrieb ist weder verpflichtet, einen für die Kurse freizustellen, noch sie zu finanzieren“, sagt Schumann von der HWK Berlin. Es gilt also, vorher zu klären, ob man für den Kurs freigestellt werden kann oder die Vorbereitungslehrgänge in der Freizeit besuchen muss. „Je nach Alter kommt auch noch die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Fortbildung dazu“, sagt Feix von der Berliner Friseurinnung. Darüber hinaus würde viele vergessen, dass sie auch noch Zeit zum Lernen und Vorbereiten brauchen.

Egal in welchen Handwerk, man ist auf die Unterstützung des Betriebs angewiesen. Doch in der Friseurbranche sei das nicht immer so, gibt Feix zu bedenken. Schließlich seien das meist Kleinstbetriebe, da stelle sich dann schon die Frage, wozu es noch einen Meister braucht. Daher fürchten viele, die zukünftige Konkurrenz sitzt im eigenen Betrieb – allein in Berlin gibt es 2500 Salons. „Friseure arbeiten ja auch als Gesellen sehr eigenverantwortlich im Salon, die haben ihre Stammkunden“, sagt Feix. Die Gefahr, die viele Chefs dann wittern: der Kollege macht den Meister, gründet einen eigenen Laden und nimmt Kunden mit. „Es gibt aber auch Betriebe, die ihre Mitarbeiter fördern und im Geschäft halten möchten“, sagt Schumann. Zum Beispiel, um dem Mitarbeiter eine Beteiligung oder eine Führungsposition anzubieten. „Manche schicken ihre Gesellen auch zu uns in die Vorbereitungskurse, damit die später mal den Betrieb übernehmen“, so Markus Feix.

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