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Wirtschaft: Milliarden für die Länder

Haushalte ohne Neuverschuldung rücken in greifbare Nähe. Auch Kommunen müssen nicht darben

Von Antje Sirleschtov

Berlin – Die 16 Bundesländer und die Kommunen profitieren mit drastisch wachsenden Steuereinnahmen von der guten Konjunktur. Nach Prognosen der Steuerschätzer vom Freitag werden sie allein in diesem Jahr elf Milliarden Euro mehr einnehmen als erwartet. Bis 2011 soll dieses Plus auf insgesamt auf 94 Milliarden Euro wachsen – allein 72 Milliarden Euro entfallen auf die Länder

Die meisten Bundesländer kündigten im Umfeld der Steuerschätzung an, den Einnahmezuwachs zur raschen Senkung ihrer Neuverschuldung einsetzen zu wollen. Einige Länder, darunter Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, stellen bereits eine Tilgung ihrer Schulden in Aussicht. Der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus bezeichnete es als eine „moralische Verpflichtung gegenüber nachfolgenden Generationen, die zusätzlichen Einnahmen zur Reduzierung der Verschuldung zu nutzen“. Dem Tagesspiegel sagte er: „Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.“ Mit Forderungen an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), nun ebenfalls kräftiger zu sparen und früher einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, halten sich die Länder allerdings zurück. Der Hintergrund: Allzu heftige Anfeuerungsrufe an den Bund vertragen sich politisch nicht mit den üblichen Forderungen der Länder an den Bund nach mehr Geld – zum Beispiel aktuell für den Ausbau der Krippenplätze.

Weil Unternehmen und Einkommensbezieher in den kommenden Jahren viel mehr Steuern zahlen werden, als die Finanzexperten das erwartet hatten, werden die Länder 2011 nach Umsatzsteuerverteilung und Finanzausgleich im Vergleich zu ihren Einnahmen 2006 rund 46 Milliarden Euro mehr in den Kassen haben. Bei den Kommunen sind es rund 16 Milliarden Euro. Größter Posten zur Gegenrechnung – der auch noch nicht berücksichtigt ist – wird jedoch die Unternehmenssteuerreform sein, die Anfang 2008 in Kraft treten soll. Sie kostet die Länder nach bisherigen Schätzungen bis 2011 rund 13 Milliarden Euro.

Auch am Freitag warnten viele Länderfinanzminister vor zu großer Euphorie. „Die Steuermehreinnahmen geben keinen Grund zur Entwarnung“, sagte Hamburgs Finanzsenator Michael Freytag (CDU) dieser Zeitung. Schließlich sei die Verschuldung weiterhin erdrückend. Allein Hamburg sei mit 22 Milliarden Euro verschuldet. Hinzu kämen Pensionslasten von mehr als 18 Milliarden. Jedes Jahr habe Hamburg eine Milliarde Euro an Zinsen zu zahlen, mit steigender Tendenz. Hamburgs Zahlungen in den Länderfinanzausgleich seien im Jahr 2006 mit rund 620 Millionen Euro erstmals höher ausgefallen als die Nettokreditaufnahme. Sein Ziel, so Freytag, sei es daher, in Hamburg „so schnell wie möglich einen ausgeglichenen Gesamthaushalt auszuweisen“. Die Fehler früherer Zeiten bei der Verwendung von konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen würden sich „nicht wiederholen“.

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