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Aufnahme aus einer Zentrale der „Nigeria-Connection“.

© REUTERS

Millionenschäden durch Betrügereien: Re: I love you ;-)

Dubiose Erbschaften, "Romance-Scamming" oder die Masche mit der Immobilie: Betrüger nutzen immer geschickter E-Mail oder Telefon, um Gutgläubige und Verliebte abzuzocken. Es entstehen Millionenschäden.

Es klang nach einem großen Preis: 300 000 britische Pfund habe der Empfänger der E-Mail gewonnen, schrieb ein Trevor Ferns im Namen von Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke. Der mit der Mail Angesprochene müsse aber zuvor seine Daten schicken, sonst könne der Gewinn nicht überwiesen werden. Woher die E-Mail stammte, blieb unklar. Von der Fifa kam sie jedenfalls nicht. Immerhin hat der Absender den Namen von Jerome Valcke richtig geschrieben. Mit den Firmennamen, die angeblich den Gewinn sponsern, tat er sich schwerer: Da ist von „Adiddas“ (statt Adidas) die Rede, von „emirate“ (statt der Fluggesellschaft Emirates) oder von „Macdonalds“ (statt McDonalds).

Eine andere Masche versucht „Pastor Emmanuel Nduka“. In seiner E-Mail heißt es, die ersten 5000 Dollar von insgesamt 2,5 Millionen seien über den Bezahldienstleister Western Union bereits auf dem Weg zum Empfänger. Man brauche nur noch Telefonnummer und Adresse. Auch ein Rechtsanwalt „Mitchell Lyndales Esq“ oder „ayesha gaddaffi“, angeblich die Tochter des libyschen Ex-Präsidenten, werfen mit Millionen um sich.

Merkwürdige Anfragen und Offerten dieser Art – per Internet, E-Mail oder Telefon (wobei die Anrufer oft in teure Warteschleifen gelockt werden) – sind weiter an der Tagesordnung. Am Ende verliert immer der, der auf die Offerte eingeht. „Diese Methoden reißen nicht ab und lassen nicht nach“, sagt Andreas Mayer, Geschäftsführer der zentralen Geschäftsstelle für Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes in Stuttgart.

Betrügereien der "Nigeria-Connection" laufen seit 25 Jahren

Bei Vorauszahlungsbetrügereien sollen meist Millionenbeträge von Verstorbenen nach Europa transferiert werden, wobei bis zu 20 Prozent für den abfallen, der sein Konto dafür hergibt. Werden die Angaben preisgegeben, sind in der Regel erst einmal beträchtliche Anzahlungen für angebliche Gebühren zu leisten, um den vermeintlichen Transfer überhaupt möglich zu machen. Wird das Geld überwiesen, ist es weg und die Absender der freundlichen E-Mails melden sich nie wieder. Die massenhaft Rechtschreibfehler enthaltenden Mails sind dabei oft in einem Deutsch verfasst, das man erst nach mehrmaligem Lesen versteht. „Wenn Sie interessiert sind, eine 20 Prozent (US-Dollar 2.200.000,00 Millionen) werden Sie als Laufpartner zugeteilt“, heißt es da zum Beispiel.

Die unter dem Stichwort „Nigeria-Connection“ bekannten Betrügereien laufen bereits seit fast 25 Jahren. Dabei landen mittlerweile entsprechende Mails sogar bei Polizeidienststellen. „Auch wir bekommen solche Offerten“, sagt Andreas Mayer. Während die Polizei weiß, was dahintersteckt, vertrauen andere immer noch auf solche Schreiben. „Es fallen immer wieder Menschen darauf rein“, weiß Mayer. Die Täter seien bei Anrufen sehr redegewandt und agierten mit hoher krimineller Energie. „Die perfiden Betrügereien betreffen Männer und Frauen aus allen sozialen Schichten. Auch Akademiker sind dabei“, weiß Mayer. Längst nicht alle Fälle würden bekannt und angezeigt. „Die Dunkelziffer ist hoch. Viele schämen sich, dass sie auf die Masche reingefallen sind und erstatten keine Anzeige.“ Deshalb gibt es nur grobe Schätzungen zu möglichen Schäden. Insgesamt gehe es um mehrere Millionen Euro, pro Betroffenen könnten es hohe fünfstellige oder auch sechsstellige Beträge sein, sagt Mayer.

Kriminelles Liebes-Spiel: "Romance-Scamming"

Die Polizei ermuntert zwar alle Empfänger von dubiosen E-Mails, Briefen oder Anrufen, diese der Polizei zu melden. Aber selbst dann ist die Verfolgung solcher Straftaten extrem schwierig. Zwar könnten die Adressen von Computern ausfindig gemacht werden. „Aber die Täter sitzen in der Regel in Internet-Cafes im Ausland – und an die kommt man schwierig heran“, weiß Mayer. Sie agierten zumeist aus Staaten wie Nigeria, Ghana, aus Südost- und aus Osteuropa oder aus Spanien. Mails oder Anrufe mit Gewinnversprechen kommen derzeit nach Erkenntnissen der Polizei verstärkt aus der Türkei. Wie die Täter an die Mail-Adressen kommen, ist unklar. Vermutlich würden viele von Hackern weiterverkauft, sagt Mayer.

Die Täter sind innovativ. Seit einiger Zeit grassiert Mayer zufolge das „Romance-Scamming“. Vermeintliche Amerikaner, Briten oder auch Frauen aus Russland und aus afrikanischen Ländern geben sich auf entsprechenden Partner-Plattformen mit gefälschten Profilen als Singles aus. Reagiert jemand, entwickelt sich ein intensiver Austausch per E-Mail. Irgendwann wird ein Treffen vereinbart. Wegen eines angeblichen Unfalls oder einer Krankheit droht es dann jedoch zu platzen. Nur bei einer entsprechenden finanziellen Unterstützung könne sich der mögliche Partner ärztlich behandeln lassen und doch kommen. Tatsächlich transferieren dann die Opfer zum Teil stattliche Beträge. In den USA sollen so 2011 mehr als 50 Millionen Dollar an Täter in Afrika geflossen sein.

Auch in Deutschland sind aus jüngster Zeit Fälle bekannt, in denen ansehnliche fünfstellige Beträge an einen angeblichen US-General in Afghanistan gezahlt wurden. 2013 gab es Fälle, in denen deutsche Männer in den Senegal gereist sind, um die vermeintliche Partnerin zu treffen. Dort wurden sie erpresst und erst nach Zahlung einer fünfstelligen Summe wieder freigelassen, wie die Polizei in Brandenburg berichtet.

Die Masche mit der Immobilienanzeige

Eine neue Masche des illegalen Geldeintreibens betrifft nach Angaben von Mayer Immobilienanzeigen über Objekte, die es gar nicht gibt oder die längst vermietet sind. Auch hier gehen die Täter nach Erkenntnissen der Behörden äußerst geschickt vor. Reagieren Interessenten, entwickelt sich auch ein intensiver Austausch per Mail bis hin zum Angebot, die Wohnung zu besichtigen. Der Schlüssel werde gerne zugeschickt. Dafür müsse aber eine Sicherheit in Höhe von mehreren hundert oder auch 1000 Euro gezahlt werden. Wird tatsächlich über Zahlungsdienste wie Western Union angewiesen, passiert nichts. Der Schlüssel kommt nie an. Und das Geld ist natürlich verloren.

Auch hier ist, wie Mayer weiß, die Ermittlung der Täter sehr schwierig. Rechner können zwar ausfindig gemacht werden, aber um etwa in afrikanischen Ländern polizeilich zu ermitteln, sind Rechtshilfegesuche erforderlich, die selten Erfolg haben. Bei betrügerischen Telefonaten werden oft vorausbezahlte Telefonkarten benutzt, so dass die Identität des Anrufers unerkannt bleibt. Anzeigen von Verdachts- und Schadensfällen sind, so Mayer, aber für die Polizei trotzdem wichtig, damit sie vor weiteren Betrugsversuchen warnen kann. Erhalte man eine verdächtige Mail, solle sie vor dem Löschen ausgedruckt und der Polizei übergeben werden, empfiehlt Mayer.

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