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Wirtschaft: Mit Aktienfonds sorgloser in den Ruhestand

Wer bei der privaten Altersvorsorge langfristig auf Aktien setzt, kann gute Gewinne einstecken und seinen Lebensstandard haltenVon EGON WACHTENDORF (DM)Schlechte Nachrichten zu überbringen gehört für Rolf Passow zum Geschäft."Den normalen Bürger haben die Warnsignale aus der Renten-Diskussion noch nicht in gebührender Deutlichkeit erreicht", fürchtet der Chef der drittgrößten deutschen Fondsgesellschaft DIT.

Wer bei der privaten Altersvorsorge langfristig auf Aktien setzt, kann gute Gewinne einstecken und seinen Lebensstandard haltenVon EGON WACHTENDORF (DM)

Schlechte Nachrichten zu überbringen gehört für Rolf Passow zum Geschäft."Den normalen Bürger haben die Warnsignale aus der Renten-Diskussion noch nicht in gebührender Deutlichkeit erreicht", fürchtet der Chef der drittgrößten deutschen Fondsgesellschaft DIT.Unter dem Motto "Einsteigen, bevor der Zug abgefahren ist" tourt deshalb seit Mitte September eine DIT-Lok durch Deutschland, um Bahn-Reisende von der Notwendigkeit privater Altersvorsorge zu überzeugen.Die Kampagne kommt an."Gerade jüngere Leute zeigen sich unserem Modell gegenüber sehr aufgeschlossen", sagt DIT-Sprecher Thomas Kalich über die noch bis Mitte März 1998 rollende Aktion.In einer Zeit, in der Millionen Deutsche gebannt die Aktienkurse verfolgen, fällt Passows Botschaft, daß sich die drohende Versorgungslücke im Alter nur mit Dividendenpapieren schließen lasse, auf fruchtbaren Boden ­ trotz der aktuellen Börsen-Turbulenzen. Unterstützung für seine Thesen bekommt der DIT-Chef aus der Wissenschaft."Aktien eignen sich besser als andere Anlageformen zum langfristigen Vermögensaufbau", bestätigt Richard Stehle von der Berliner Humboldt-Universität.Der Professor für Ökonomie hat mit seinen Studenten nachgerechnet: Zwischen August 1948 und Juli 1997 brachten deutsche Aktien ­ Baissen inklusive ­ eine durchschnittliche jährliche Rendite von 14,5 Prozent, während festverzinsliche Wertpapiere nur auf 6,7 Prozent kamen. Zwar verzeichneten Aktien in diesem Zeitraum in insgesamt 16 Ein-Jahres-Perioden Verluste von bis zu 36,9 Prozent.Bei einer Anlagedauer von fünf Jahren sank allerdings die Zahl der Verlustperioden auf fünf, und zwischen 1948 und 1997 gab es nur eine einzige Zehn-Jahres-Periode mit einem negativen Ergebnis.Auf Sicht von 25 Jahren konnten Aktienkäufer im Durchschnitt jährliche Renditen von 6,7 bis 17,4 Prozent erzielen.Dabei lag die Wahrscheinlichkeit, eine um mindestens zwei Prozentpunkte höhere Rendite als mit Anleihen zu erzielen, immerhin bei 73 Prozent.Welche Bedeutung diesem auf den ersten Blick geringen Vorsprung zukommt, zeigt folgendes Beispiel: Wer 25 Jahre lang monatlich 500 DM spart, sammelt bei einer jährlichen Rendite von sieben Prozent ein Vermögen von 393 733 DM an.Schafft die gewählte Anlage neun Prozent, sind es 532 652 DM. Seit immer mehr Bundesbürger diese Zusammenhänge erkennen, registriert die Investment-Branche enormen Zulauf.So vertrauten deutsche Anleger den im BVI Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften zusammengeschlossenen Anbietern im laufenden Jahr bereits 31,6 Mrd.DM an.Rund 24,5 Mrd.DM davon flossen in Aktienfonds.Zum Vergleich: Zwischen 1950 und 1996 sammelten sich dort 48,2 Mrd.DM. Der Vorteil der Fonds gegenüber einer Direktanlage in Aktien liegt auf der Hand: Da deren Manager das Geld ihrer Kunden breit an der Börse streuen, entfällt das Risiko, durch die Pleite eines einzelnen Unternehmens den gesamten Einsatz zu verlieren.Zudem fallen extreme Kursschwankungen einzelner Titel weniger ins Gewicht. Damit bahnt sich in Deutschland eine ähnliche Entwicklung an wie in den USA: Zwischen Boston und Santa Barbara spielt die Investment-Industrie seit Jahrzehnten eine dominierende Rolle bei der privaten Altersvorsorge.Staatliche Fördermaßnahmen verstärkten diesen Trend noch.So wird Arbeitnehmern gesetzlich erlaubt, steuerfrei eine bestimmte Summe ­ aktuell 9500 Dollar pro Jahr ­ in Fonds zu investieren. Weiteren Auftrieb dürfte es hierzulande durch die geplante Pensions-Sondervermögen geben.Dieser von BVI-Geschäftsführer Manfred Laux entwickelte neue Fonds-Typ setzt überwiegend auf Substanzwerte wie Aktien, Immobilien und stille Beteiligungen.Er soll sowohl in der betrieblichen als auch in der privaten Altersvorsorge zum Einsatz kommen ­ vorausgesetzt, nach dem Bundestag stimmt auch der Bundesrat der dafür notwendigen Änderung des deutschen Investmentrechts zu.Dort bestehen noch Bedenken gegen die Verwendung des Begriffs "Pension", die BVI-Lobbyist Laux aber auszuräumen hofft.Vergleichbare Steuer-Geschenke wie in den USA, die die leeren Staatskassen weiter belasten, sind ohnehin nicht vorgesehen. Allein unter Steuergesichtspunkten sollte jedoch keiner seine Altersvorsorge planen.Kapital-Lebensversicherungen, fondsgebundene Lebensversicherungen oder Angebote des Grauen Kapitalmarkts genießen zwar Steuervorteile.Wer aber staatlich kontrollierte Produkte mit möglichst hoher Rendite und einer klaren Kosten-Struktur haben möchte, kommt künftig an Aktienfonds kaum noch vorbei.Ob dabei die Wahl auf die neuen Pensions-Sondervermögen fällt, ist reine Geschmackssache.Zwar dürften die Anteilspreise dank der Beimischung von Immobilien etwas weniger hektisch ausschlagen als bei klassischen Aktienfonds.Zudem sollen spezielle Absicherungen verhindern, daß das angesammelte Vermögen kurz vor dem Ruhestand einer Börsen-Baisse zum Opfer fällt.Aber: Dieses Netz bieten speziell für die Altersvorsorge entwickelte Fonds-Konzepte wie der DIT-Vorsorgeplan schon heute.Dort investieren die Manager kurz vor dem Laufzeitende nicht mehr in den Aktienfonds Industria, sondern im DIT-Eurozins.Gleichzeitig schichten sie die Industria-Anteile in den weniger schwankungsanfälligen Rentenfonds um. Die Vorsorgepläne der Konkurrenten DWS, Union Investment und Deka arbeiten nach ähnlichem Prinzip, so daß das Vermögen bei Rentenbeginn in der Regel ausschließlich in festverzinslichen Wertpapieren angelegt ist.Anschließend können die Anleger mit der Gesellschaft einen Auszahlplan vereinbaren, der ihnen aus dem Fonds-Topf eine monatliche Zusatzrente sichert. Diese im Ausland bewährte Strategie läßt sich auch mit herkömmlichen Aktienfonds verwirklichen.In Frage kommen möglichst breit streuende Fonds, die bereits in der Vergangenheit überdurchschnittliche Ergebnisse erzielten und deren Anbieter außer Einmalanlagen auch monatliche Sparraten akzeptieren.In diesem Fall profitieren die Anleger während der Sparphase automatisch vom sogenannen Cost-Average-Effekt: Bei niedrigen Börsenkursen werden ihnen mehr, bei hohen Kursen entsprechend weniger Anteile gutgeschrieben.Rückt der Ruhestand näher, können sie die Umschichtungen selbst oder in Zusammenarbeit mit einem Investment-Berater vornehmen. Aktien-Fans wie Hans-J.Wisser warnen jedoch vor übertriebenem Sicherheitsdenken.Der Deutschland-Geschäftsführer der amerikanischen Templeton-Gruppe hält nichts davon, den Ruhestand mit einem 100prozentigen Renten-Anteil zu beginnen: "Warum sollte ein Anleger im Alter völlig auf die höheren Renditechancen von Aktien verzichten?" Auch die Furcht vor einem Börsen-Crash hält Wisser für übertrieben: "Niemand benötigt das über viele Jahre aufgebaute Vermögen auf einen Schlag." Um seine Ansicht zu untermauern, präsentiert Wisser Modellrechnungen für den international ausgerichteten Templeton Growth, mit einem in D-Mark gerechneten durchschnittlichen jährlichen Plus von zwölf Prozent seit seiner Auflage 1954 einer der erfolgreichsten Aktienfonds überhaupt.Die Rechnungen zeigen, wie sich ein im Templeton Growth investiertes Vermögen in sämtlichen Zwölf-Jahres-Perioden von 1970 bis 1997 entwickelt hätte, wenn pro Jahr acht Prozent des am Jahresanfang vorhandenen Kapitals entnommen worden wären.Das Ergebnis am Beispiel eines Startkapitals von 100 000 DM: Obwohl insgesamt 96 000 DM ­ das entspricht über zwölf Jahre einer monatlichen Zusatzrente von 667 DM ­ entnommen wurden, betrug das durchschnittliche Endkapital aller Zwölf-Jahres-Perioden 246 961 DM.Wer über keine weiteren festverzinslichen Reserven verfügt, sollte aus Sicherheitsgründen auf jeden Fall einige Jahre vor dem geplanten Ruhestand damit beginnen, Teile des Aktienvermögens umzuschichten.Faustregel dabei: Aktienanteil gleich 100 minus Lebensalter. Für die meisten Bundesbürger besteht das Problem bei der privaten Altersvorsorge weniger in der exakten Mischung für das Alter als vielmehr darin, rechtzeitig ein Vermögen für den Ruhestand aufzubauen.Wie wichtig allerdings ein früher Start sein kann, zeigt folgendes Beispiel: 390 DM pro Monat über 35 Jahre lang zu neun Prozent angelegt ergeben ein Schlußkapital von etwas über einer Mill.DM.Wer dagegen auf die ersten 24 Monatsraten ­ insgesamt 9360 DM ­ verzichtet, kommt am Ende nur auf 840 000 Mark. Entspannt kann zumindest der Schweizer Harald Pridgar die Renten-Diskussion verfolgen.Für seinen Vorschlag zur künstlerischen Gestaltung der DIT-Werbe-Lok erhielt der Student der Frankfurter Städtel-Schule 10 000 Mark überreicht.Investiert Prisgar sein Preisgeld in einen Akienfonds, der pro Jahr eine durchschnittliche Rendite von neun Prozent erwirtschaftet, reicht schon eine zusätzliche Monatsrate von 250 DM, um mit 65 Jahren als Millionär in Rente zu gehen.

EGON WACHTENDORF (DM)

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