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Wirtschaft: Mit großem Geschütz

Die Militärausgaben steigen weltweit. Davon profitiert auch Deutschland – und ist schon jetzt drittgrößter Waffenlieferant der Welt

Weltweit herrscht ein „Kalter Frieden“ – und die Staaten dieser Erde rüsten auf. Selbst dann, wenn kein Krieg nahe, keine Bedrohung in Sicht sei, wie Hans Blix, Vorsitzender der internationalen Kommission zu Massenvernichtungswaffen in Stockholm, kürzlich moniert. Die weltweiten Militärausgaben stiegen zwischen 2001 und 2006 um 30 Prozent auf etwa 1,18 Billionen Dollar (rund 760 Milliarden Euro). Dies berichtet das Internationale Konversionsforschungszentrum BICC in Bonn. Auch Deutschland liegt beim globalen Geschäft mit Waffen und Rüstungskomponenten weit vorn, genauer gesagt, an dritter Stelle hinter den USA und Russland – mit einem Umsatz von 7,7 Milliarden Euro im Jahr 2006.

Was Deutschland ausführt, ist nicht immer großes Geschütz, U-Boote oder Panzer. Viele deutsche Unternehmen, die sich auch bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) präsentieren, stellen kleinere Rüstungskomponenten her, die – meist im Ausland – in große Waffensysteme eingebaut werden, etwa Motoren oder Getriebe.

Die Münchner Firma MTU, in diesem Jahr zweitgrößter Aussteller bei der ILA, produziert Triebwerke – auch für Militärflugzeuge. Etwa 20 Prozent des Jahresumsatzes von 2,6 Milliarden Euro entfallen laut Unternehmensangaben auf das Rüstungsgeschäft, rund 1500 Mitarbeiter sind in dieser Sparte beschäftigt. Wobei, so sagt Sprecher Eckhard Zanger, nur ein kleiner Teil der Rüstungsgüter exportiert werde. Größtenteils produziere sein Unternehmen für die Bundeswehr. Allerdings werkelt MTU auch am Triebwerk für den Eurofighter – gemeinsam mit anderen europäischen Firmen. Doch generell lohne sich das Geschäft mit Triebwerken für zivile Flieger mehr, sagt Zanger.

Das Kölner Rüstungsunternehmen Rheinmetall, das ebenfalls bei der ILA ausstellt, berichtet von Umsatzsteigerungen im Bereich „Defence“. Der Umsatz im ersten Quartal 2008 habe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18 Millionen Euro auf 346 Millionen Euro zugelegt. „Rheinmetall ist auf Wachstumskurs“, sagt Sprecher Oliver Hoffmann. Ein Grund sei die Internationalisierung der Märkte. Rund 7200 Mitarbeiter sind bei Rheinmetall für Rüstungs- und Sicherheitsgüter zuständig, die sowohl an Nato-Partner als auch an sogenannte befreundete Staaten geliefert werden. Zu Letzteren zählen auch die Vereinigten Arabischen Emirate. Der Jahresumsatz der Verteidigungssparte von Rheinmetall liegt bei 1,8 Milliarden Euro.

Nur wenige Unternehmen sprechen offen über ihre Exporte von Rüstungsgütern. Besonders schweigsam werden viele, wenn es sich nicht um große Waffensysteme, sondern um kleine Komponenten handelt. Laut einer Studie des Berliner Informationszentrums für transatlantische Sicherheit (BITS) aus dem Jahr 2005 machen solche Güter – Motoren, Ketten oder auch Radartechnologie – einen Großteil der deutschen Exporte aus. Die Wissenschaftler des Instituts fanden heraus, dass sich deutsche Rüstungstechnologien und -komponenten in den meisten Krisenregionen der Welt finden – und zwar in den Arsenalen aller Konfliktparteien. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Oxfam werfen der Bundesregierung vor, die Waffenexporte nicht ausreichend zu kontrollieren. Ein Grundsatz bei Waffenexporten lautet nämlich, dass Länder, in denen Menschenrechte verletzt werden, nicht beliefert werden dürfen.

Kritisiert wird auch der Rüstungsexportbericht des Bundeswirtschaftsministeriums. Denn darin sind zwar die Genehmigungen für Waffenexporte aufgelistet, aber nicht die tatsächlichen Ausfuhren oder die exportierenden Firmen. „Wir können das nicht genau aufschlüsseln, da es sich um Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen handelt“, sagt Ministeriumssprecherin Charlotte Lauer.

Problematisch erscheint auch der Handel mit „Dual-use-Gütern“. Diese sind zwar für den zivilen Gebrauch gedacht, können aber militärisch eingesetzt werden. Natriumfluorid zum Beispiel, ein wichtiger Bestandteil von Zahncremes, kann auch ein Vorprodukt für Chemiewaffen sein. Katja Reimann

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