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Wirtschaft: Mit zweierlei Maß

Glaubt man den Europäern, würde die Lösung des israelischpalästinensischen Konflikts alle Probleme der Region mit einem Streich verschwinden lassen. Da sollte es selbstverständlich sein, die Hisbollah als Terrorvereinigung einzustufen.

Glaubt man den Europäern, würde die Lösung des israelischpalästinensischen Konflikts alle Probleme der Region mit einem Streich verschwinden lassen.

Da sollte es selbstverständlich sein, die Hisbollah als Terrorvereinigung einzustufen. Die vom Libanon aus operierende Organisation ist entschlossen, Israel und den Friedensprozess im Nahen Osten zu zerstören. Sie ist der wichtigste Geldgeber palästinensischer Terroristen. Dennoch kann sich die EU nicht zu einem Verbot durchringen. Zusammen mit Spanien, Belgien und anderen will Frankreich die Hisbollah nicht auf die Liste der terroristischen Organisationen setzen. Sie sei schließlich auch eine „politische Kraft“.

Ironisch dabei ist nur, dass Europas eigenen Terroristen dieser Freibrief verwehrt wird. Ganz überwiegend hat man ihre „politischen Parteien“ entlarvt und verboten. Erst vergangene Woche verhängte ein spanisches Gericht ein Verbot für die Bewegung Aukera Guztiak wegen ihrer Verbindungen zur baskischen Terrorgruppe ETA. Einen Bann traf auch den belgischen Vlaams Blok, die populärste Partei Flanderns, nachdem ihr Rassismus vorgeworfen wurde. Und der französische Innenminister Dominique Villepin kündigte im letzten Monat Schritte zur Auflösung gewalttätiger Neonazi-Gruppen an. Diese seien „eine Gefahr und eine Bedrohung“.

Offensichtlich ist die Hisbollah ungefährlich – jedenfalls für die französischen Interessen. Glaubt man etwa, den Libanesen fällt es leichter, Hisbollah-Terroristen zu integrieren, als es den Franzosen gelingt, mit Neonazi-Schlägern zu leben? Wohl kaum. Mit zweierlei Maß hält man die Hisbollah vielmehr für eine notwendige Macht in Libanon.

Dabei hätte ein Bann mehr als nur Symbolwert. Selbst Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah warnte, dass bei einem Verbot der Verlust der Finanzierung und moralischer wie politischer Unterstützung drohe. Wenn das stimmt, liegt ein Schlüssel zur Demokratie in Libanon und zum Frieden im Nahen Osten nur in einem Federstrich. Sollte die Hisbollah aber die Macht in Beirut übernehmen, würde das Land im Chaos versinken. Und freie Wahlen sind undenkbar, solange die Hisbollah große Teile des Landes kontrolliert.

Genau wie sie Jassir Arafat immer als „rechtmäßigen“ Vertreter der Palästinenser bezeichnet hatten, nennen die Europäer die Hisbollah jetzt eine „rechtmäßige“ politische Kraft. US-Präsident Bush hatte die Organisation vor die Wahl gestellt: Terrorismus oder Demokratie. Geht es nach den Europäern, braucht sich die Hisbollah nicht zu entscheiden.

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