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Wirtschaft: Mitsubishi überprüft Projekte mit Daimler-Chrysler

Japaner überdenken Zusammenarbeit bei Mittelklasse-Modellen /Werk in Holland soll verkauft werden

Frankfurt am Main/Tokio Yoichiro Okazaki macht Druck. Der Chef des angeschlagenen japanischen Konzerns Mitsubishi Motors will die geplanten Projekte mit dem deutsch-amerikanischen Partner Daimler-Chrysler überprüfen. Zwar versucht man in Stuttgart, die Wogen zu glätten. Alle aktuellen Projekte würden weitergeführt, heißt es dort. Doch ob die Partnerschaften etwa im Kleinwagenbau (Smart und Colt) sowie in der Mittelklasse (Chrysler-Modelle Neon und Lancer) langfristig weitergehen werden, scheint offen.

Die neue Devise in der Mitsubishi-Zentrale steht fest: Nur noch die Kooperationsprojekte werden mit Daimler-Chrysler fortgeführt, die für Mitsubishi Sinn machen. Längst werden die Listen in Tokio durchgearbeitet. Die gemeinsame Motorenentwicklung mit Daimler-Chrysler und der koreanischen Hyundai scheint weitergeführt zu werden. Auch an der Zusammenarbeit bei dem bereits auf den Markt gebrachten neuen Colt-Modell, das auf der gleichen Plattform wie der Smart-Viersitzer steht, soll wohl nicht gerüttelt werden.

Doch wie es mit der kommenden Modellgeneration von Smart und Colt aussieht, ist offen. So will sich Mitsubishi offenbar am liebsten komplett aus Nedcar zurückziehen, dem niederländischen Werk, in dem der Smart und der Colt gefertigt werden. Zwar können die Japaner auch nach einem Verkauf weiter in Holland fertigen lassen. Ein Verkauf würde es aber einfacher machen, sollten die nächsten Generationen wieder getrennt erscheinen. Über die Anteilsverhältnisse an Nedcar wird derzeit verhandelt. Das Werk gehört der Mitsubishi Motors Corporation (MMC) allein. Nach bisherigen Plänen sollte Daimler-Chrysler im laufenden Jahr 50 Prozent an Nedcar übernehmen. Eine Entscheidung sei für die zweiten Jahreshälfte geplant, sagte ein Smart-Sprecher. Die endgültigen Anteilsverhältnisse seien noch offen.

Die verschuldeten Japaner können das Geld aus dem Nedcar-Verkauf gut gebrauchen. Mitsubishi steht schwer unter Druck. Das Unternehmen hatte jahrelang Qualitätsmängel vertuscht und im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2004/05 einen Nettoverlust von umgerechnet 380 Millionen Euro eingefahren. Das Management will nun offensichtlich alle Kooperationen hinsichtlich ihrer Profitabilität untersuchen. So stehen auch die gemeinsamen Plattformen mit Chrysler für die Mittelklasse-Wagen auf dem Prüfstand. „Wir erwägen mehrere Optionen“, heißt es in Tokio. Die japanische Zeitung „Nihon Keizai“ hatte berichtet, es sei bereits entschieden, die Modelle doch wieder auf den alten, eigenen Plattformen zu produzieren.

Wie leicht und lohnend jedoch für MMC ein Ausstieg aus Projekten ist, die nicht mehr weit von der Produktionsreife entfernt sind, ist jedoch fraglich. „Ich glaube nicht, dass Daimler sie so schnell aus den Verträgen entlassen würde“, sagt Georg Stürzer, Analyst von HVB Equity Research. Auch einen möglichen Alleingang beim Colt sieht er skeptisch. „Es ist aus meiner Sicht nicht sinnvoll beim Colt – dem einzigen Modell, das in Europa halbwegs gut läuft – auszusteigen.“ Beobachter vermuten deshalb, dass die Japaner nur Druck auf die Gegenseite ausüben wollten – oder sich tatsächlich für einen neuen strategischen Partner von jeglichen Kooperationen mit dem früheren Anteilseigner befreien wollen.

Daimler-Chrysler hatte sich im Frühjahr nicht an einem milliardenschweren Rettungspaket beteiligt, das Mitsubishi zum Überleben brauchte. Der Anteil von Daimler-Chrysler an Mitsubishi sank danach von 37 auf 25 Prozent. Der neue Haupteigner, der Investmentfonds Phoenix Capital, drängt die Japaner zum Sparen, weil er seinen Anteil wieder gewinnbringend veräußern will. Allerdings ist der Vertrauensverlust der Autokäufer dramatisch. Im Juli sank der Verkauf auf dem Heimatmarkt Japan um 52 Prozent. Mit einem Marktanteil von nur noch 3,1 Prozent ist Mitsubishi dort hinter Mazda auf Platz fünf abgerutscht. bas/jkn/HB

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