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Wirtschaft: Mobilcom startet die Sanierung

2100 Mitarbeiter des Mobilfunkanbieters aus Büdelsdorf müssen gehen/Banken stunden fällige Kredite für eine weitere Woche

Berlin (vis). Aufatmen in Büdelsdorf: Nachdem MobilcomGründer und Großaktionär Gerhard Schmid am Donnerstagabend den Treuhandvertrag unterschrieben hat, kann jetzt mit der Sanierung von Mobilcom begonnen werden. Die kreditgebenden Banken haben fällige Kredite von Mobilcom über 4,7 Milliarden Euro für eine weitere Woche gestundet und verzichten in dieser Zeit auch auf die fälligen Zinsen, teilte Mobilcom am Dienstag mit. Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift von France Télécom. Die Franzosen müssen den von der Bundesregierung und Schmid ausgewählten Treuhänder Helmut Thoma akzeptieren und – wie bereits zugesagt – Mobilcom die Schulden erlassen. Dann kann Mobilcom damit rechnen, frisches Geld aus dem vom ehemaligen Wirtschaftsminister Werner Müller ausgehandelten Rettungspaket zu erhalten.

Die Bundesregierung hatte den früheren Thyssen-Chef Dieter Vogel als Vermittler zwischen Mobilcom, France Télécom und den Banken eingesetzt. Nach Vogels Worten sind die Franzosen bereit, die Lasten des UMTS-Engagements von Mobilcom zu tragen. Dazu wollen sie Mobilcom von Kreditverpflichtungen gegenüber Banken, den Lieferanten Nokia und Ericsson sowie von einem Gesellschafterdarlehen in Höhe von sieben Milliarden Euro freistellen. Zusätzlich übernimmt France Télécom auch die Kosten für das „Einfrieren“ der UMTS-Aktivitäten.

France Télécom hatte im Jahr 2000 28,5 Prozent der Mobilcom-Anteile übernommen und wollte dafür den Aufbau der neuen Mobilfunktechnik UMTS bezahlen. Im September diesen Jahres stellte France Télécom die Zahlungen an Mobilcom ein, weil das Unternehmen die ehrgeizigen Pläne von Schmid nicht mehr finanzieren wollte. Das brachte Mobilcom an den Rand der Insolvenz. Schmid musste seinen Posten als Vorstandschef bei Mobilcom räumen. Er hält zusammen mit seiner Ehefrau aber noch rund 40 Prozent der Mobilcom-Anteile.

France Télécom und die Banken wollten sich nur an der Rettung von Mobilcom beteiligen, wenn Schmid seine Anteile auf einen Treuhänder überträgt. Doch Schmid und die Bundesregierung konnten sich wochenlang nicht über die Person des Treuhänders einigen. Auf der Aufsichtsratssitzung am Dienstagabend hat man sich dann auf den Kompromisskandidaten Helmut Thoma als Treuhänder verständigt, hieß es aus Aufsichtsratskreisen.

„Zunächst habe ich gesagt: ,No way‘. Ich habe mich nicht darum gerissen, Treuhänder zu werden“, sagte Thoma, der frühere Chef des Fernsehsenders RTL, dem Tagesspiegel. „Aber wenn das die einzige Lösung ist, um 3000 Arbeitsplätze zu retten, dann soll es an mir nicht scheitern.“ Immerhin begleite er das Unternehmen als Mitglied des Aufsichtsrates bereits seit vier Jahren. Das Verhältnis zu Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid nannte er gut.

Der Sanierungsplan für Mobilcom steht bereits im Wesentlichen fest. 1850 von 5000 Arbeitsplätzen sollen gestrichen werden. Da bei Mobilcom viele Teilzeitkräfte arbeiten, seien insgesamt etwa 2100 Menschen betroffen, sagte Betriebsrat Thomas Schrader. Zwar hätten sich die Mitarbeiter gefreut, dass Schmid nun endlich unterschrieben habe, „aber das Schlimmste kommt jetzt noch. Jetzt werden die 1850 wegfallenden Arbeitsplätze mit Namen gefüllt“. Die Standorte Hallbergmoos bei München und Karlstein bei Frankfurt werden geschlossen, auch im Callcenter in Kiel wird Personal abgebaut. Betroffen sind ebenso Mitarbeiter in der Zentrale in Büdelsdorf.

Künftig wird sich Mobilcom auf das ehemalige Kerngeschäft, den Vertrieb von Mobilfunkverträgen, konzentrieren. Auch das Festnetz- und Internetgeschäft soll weitergeführt werden. Das UMTS-Abenteuer ist aber zu Ende. Um die Sanierung zu finanzieren, braucht Mobilcom aber noch frisches Geld. Mehr als 100 Millionen Euro sollen dazu aus dem vom Wirtschaftsministerium ausgehandelten Rettungspaket fließen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die den Kredit an Mobilcom auszahlen soll, prüft aber derzeit noch den Sanierungsplan. Wann die Prüfung abgeschlossen sein wird, wollte die KfW am Freitag noch nicht sagen.

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