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Wirtschaft: Mode auf Zeit

Die Leute sparen bei Uhren und Schmuck – nur Designermarken sind heiß begehrt

Von Sören Kittel und

Corinna Visser

Uhren im Schaufenster müssen lächeln: Entweder stehen die Zeiger auf zehn Minuten vor zwei oder auf zehn nach zehn. Die ausgebreiteten Zeiger sollen einen freundlichen Eindruck machen – wie die Arme eines Menschen, den man lange nicht gesehen hat. Viele Juweliere halten sich an die alte Regel, wenn sie Uhren präsentieren.

Doch auf das freundliche Locken reagieren die Kunden zunehmend zurückhaltend. 2001 verkaufte der Einzelhandel in Deutschland noch 17,1 Millionen Armbanduhren, im vergangenen Jahr waren es nur noch 16,3 Millionen Stück, berichtet die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg. Der Umsatz schrumpfte im gleichen Zeitraum von 1,51 Milliarden auf 1,47 Milliarden Euro. Der Zentralverband für Uhren, Schmuck und Zeitmesstechnik erwartet auch 2003 einen weiteren Rückgang. „Bevor der deutsche Verbraucher in wirtschaftlich unsicheren Zeiten auf eine Reise oder ein neues Auto verzichtet, spart er lieber bei Schmuck und Uhren“, sagt Bodo Jonda, Geschäftsführer des Verbands. „Das war schon immer so.“ Immerhin, das Weihnachtsgeschäft laufe gut an. Das muss es auch, schließlich arbeiten viele Juweliere elf Monate im Jahr nur für die Kosten. Ein Geschäft machen sie erst, wenn Weihnachten gut läuft.

Quarzuhren gibt es inzwischen schon für ein paar Euro. Im Schnitt gaben Kunden in Westdeutschland im vergangenen Jahr jedoch 120 Euro, im Osten 85 Euro für eine Uhr für den Alltagsgebrauch aus, sagt Jonda. Meist werden die Uhren laut GfK im Fachhandel gekauft (37 Prozent). Stärkster Konkurrent sind die Warenhäuser (26 Prozent) – noch. Denn sehr zum Ärger der Fachhändler werden immer mehr – preisgünstige – Uhren über Kaffeeröster, Discounter und TV- Shoppingkanäle abgesetzt. Gemessen am Wert steht der Fachhandel jedoch immer noch für 72 Prozent des Umsatzes auf dem deutschen Markt, denn die teuren Uhren der Luxushersteller – für die man problemlos den Gegenwert eines Mittelklasseautos bezahlen kann – werden nur dort verkauft.

Golduhren sind wieder gefragt

Die meisten Kunden beim Schmuck- und Uhrenhändler Christ (mit 200 Filialen in ganz Deutschland) geben zwischen 100 und 300 Euro für eine Uhr aus. „Im Trend liegt alles, was den Namen eines angesagten Designers trägt“, sagt Johann Kick, Vertriebsleiter Nord bei Christ. „Die Marken aus der Mode – Armani, Dolce&Gabbana, Tommy Hilfiger – verdrängen die Marken aus der klassischen Uhrenwelt.“ Das gelte jedenfalls für den Preisbereich bis 300 Euro. Und noch einen Trend haben Händler und Hersteller mit Freude zur Kenntnis genommen: Golduhren sind wieder gefragt. „Nach den Uhren zum Wegwerfen schauen die Kunden jetzt wieder auf Wertigkeit“, sagt Kick. Bereits zu Preisen um 2000 Euro gebe es vom spanischen Hersteller Festina „tolle Golduhren“, sagt er.

An Faszination verloren habe dagegen die Marke Swatch (ab 40 Euro). „Das ist nicht mehr die Trenduhr“, sagt Kick. Bei der jüngeren Kundschaft hätten Marken wie Fossil oder Esprit die ehemals so beliebte Plastikuhr aus der Schweiz verdrängt. Dabei habe Swatch immer noch eine attraktive und spannende Kollektion. Ganz neu ist die „Swatch Touch“ (55 Euro), die es in sechs Varianten gibt. Wer mit dem Finger das Uhrglas antippt, löst eine Zusatzfunktion aus: Beleuchtung, einen Wecker oder etwa den „Decisionmaker“. Der gibt zum Beispiel Antwort auf die Frage, „liebt er/sie mich oder nicht?“. Das soll genauso zuverlässig sein wie bisher das Zerrupfen von Gänseblümchen.

Selbst bei Swatch gibt man zu, dass die Boomzeit der Plastikuhr vorbei ist. Genaue Zahlen nennt der Schweizer Konzern nicht. Swatch ist jedoch nur eine von 18 Uhrenmarken, die der weltgrößte Uhrenkonzern, die Swatch-Group, unter einem Dach vereint. Zur Gruppe mit einem Jahresumsatz von mehr als vier Milliarden Schweizer Franken (rund 2,7 Milliarden Euro) gehören unter anderem die Marken Tissot, Calvin Klein Watches, Longines, Rado, Union, Omega, Glashütte Original und in der obersten Luxusklasse Breguet. Dennoch nannte Nicolas Hayek, Präsident der Swatch-Group, das vergangene Jahr „noch schrecklicher als 2001“. Der exportorientierte Schweizer Konzern litt unter dem vergleichsweise starken Franken und der allgemeinen Konsumzurückhaltung. Dieser Trend setzte sich auch 2003 fort. Die Swatch-Group dominiert dabei nicht nur den Uhrenmarkt, sie ist auch größter Lieferant von Uhrwerken.

Wenn es um Uhrwerke mit Funk- und Solartechnik geht, kaufen große Uhrenkonzerne dagegen beim deutschen Hersteller Junghans ein. Bei seinen eigenen Funk- und Solaruhren verlässt sich Junghans vom Uhrwerk bis zum Gehäuse komplett auf die eigene Fertigung. Beim Material setzt Geschäftsführer Harald Hepperle aktuell auf Titan oder Keramik: Beide bieten eine besondere Optik, sind sehr strapazierfähig und auch für Allergiker geeignet.

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