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Wirtschaft: „Monster Homes“ im Sonderangebot

Villen, Yachten, Sportflitzer – Nach Bilanzskandalen und Aktiencrash verscherbeln US-Manager ihre Statussymbole

Von Kris Maher Bridgeport

Es sollte das größte Segelboot werden, das jemals in den USA gebaut wurde. Doch nun liegt der Schiffsrumpf verlassen auf einer einst belebten Werft herum. Ohne Anstrich. Wind und Wetter schutzlos ausgesetzt. Und das luxuriöse Interieur ist mit Plastikfolien abgedeckt und liegt mehrere Kilometer entfernt in einer Konstruktionshalle einer anderen Schiffswerft. Ebenso wie das Bootsgehäuse ist es halbfertig. Das 46 Meter lange Boot sollte einem der gefeiertsten Manager der 80er Jahre zum Ruhm gereichen: L. Dennis Kozlowski, Chef des amerikanischen Mischkonzerns Tyco International. Doch der Schiffsbau lief im Juni auf Grund, nachdem die amerikanische Staatsanwaltschaft gegen Kozlowski Anklage erhob. Er soll eine Million Dollar an Mehrwertsteuer hinterzogen und mit dem Geld Kunstgegenstände erworben haben.

Kurz nach der Anklage stieg Kozlowski aus dem Vertrag mit der Werft Derecktor Shipyards aus. Er hatte etwa 7,3 Millionen Dollar für den Segelboot-Bau gezahlt. Für die Schiffswerft war der Rückzug von Kozlowski ärgerlich. „Es ist sehr enttäuschend", sagt Andy McNab, der bei Derecktor Shipyards den Bereich Yacht-Bau leitet. „Wir wissen nicht, wie lange wir brauchen werden, bis wir einen Käufer finden." Die Werft will für die komplette Yacht immerhin einen Preis von 17,8 Millionen Dollar verlangen.

Wegen des schwächelnden Aktienmarktes, der Bilanzskandale und anderen Konflikten mit der Justiz verscherbelt so mancher amerikanische Spitzenmanager Yacht, Villa, Jet und andere teure Prestigeobjekte. Und Schiffsbauer, Makler und Rechtsanwälte müssen zusehen, wie sie die Luxusobjekte trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten loswerden können. „Die goldenen Zeiten sind für uns längst vorbei“, heißt es beim Auktionshaus National Auction Group aus Alabama, das auf Luxusgüter spezialisiert ist. Der Präsident des Unternehmens, William Bone: „In diesen Tagen ist es sehr schwer, große Objekte loszuwerden.“

Notverkäufe unter Marktpreis

Das merken auch der frühere Enron-Chef Kenneth Lay und seine Frau. Zwar haben die Lays in den vergangenen Monaten schon acht ihrer Anwesen verkaufen können, wie ihre Pressesprecherin Kelly Kimberly sagt. Im Februar brachten sie zum Beispiel ihr luxuriöses „Cottage" im beliebten Wintersportort Aspen (Colorado) an den Mann. Der Produzent und Autor des Musicals „Die Schöne und das Biest" legte dafür zehn Millionen Dollar auf den Tisch. Doch für zwei andere Immobilien in Aspen sucht Lay vergeblich einen Käufer. Und das schon seit vergangenem November.

Der Verkauf solcher „monster homes“ sei wegen der Bekanntheit des Eigentümers ein schwieriges Unterfangen, sagt Jon Barnes, der für Immobilienmakler in Aspen Häuser fotografiert. Die Menschen hüteten sich davor, gerade jetzt in die Schlagzeilen zu geraten, sagt er. Die Lays wollen bis auf ihren Hauptwohnsitz im texanischen Houston alle Immobilien abstoßen.

Auch der frühere Worldcom-Chef Bernard J. Ebbers hat Mühe, seine Luxusobjekte wieder loszuwerden. Ihm gelang es zwar, für sein Ferienhaus im traumhaften Skigebiet Beaver Creek in Colorado einen Käufer zu finden. Doch der Verkaufspreis von 1,1 Millionen Dollar lag 40 Prozent unter dem Marktwert. Überhaupt ist der früher so kauffreudige Ebbers auf einem Verkaufstrip. Im Januar 2001 verkaufte er seine 40 Meter lange Luxus-Motoryacht „Aquasition“ für rund zehn Millionen Dollar. Da betuchte Manager wie der frühere Worldcom-Chef ausfielen, ging Ebbers Motoryacht-Hersteller Intermarine das Geld aus. Das Unternehmen soll nun versteigert werden.

Zurück zu Kozlowski. Er hat nicht nur von der noblen Segelyacht Abstand genommen, sondern trennt sich auch von seinen Häusern. Seit Juli stehen verschiedene Immobilien in Colorado zum Verkauf. Eines der Kozlowski-Anwesen, die noch auf dem Immobilienmarkt zu haben sind, ist ein gigantisches Holz-Chalet im Wintersportort Beaver Creek mit acht Schlafzimmern. Das Haus liegt in einem Espenhain mit Blick auf das Dorf und Berge. Das Haus hat ein „Wohnzimmer“ mit einem großen Kamin, einem Flügel und einem Kronleuchter aus Geweihen. „Es ist sicher eines der schönsten Häuser, das ich je gesehen habe“, sagt der Makler. Der stolze Preis: 11,5 Millionen Dollar.

Wenn Kozlowski sich von solch einem Anwesen trennt, hat das einen Grund: Er braucht dringend Geld. Vor einer Woche hinterlegte seine Ex-Frau für ihn eine Kaution von zehn Millionen Dollar. Ihm und dem früheren Tyco-Finanzvorstand Mark H. Swartz wird vorgeworfen, mehr als 170 Millionen Dollar aus der Unternehmenskasse gestohlen zu haben. Kozlowski hat auf unschuldig plädiert. Doch an seine Konten kommt er erstmal nicht heran. „Sein Vermögen wurde eingefroren. Es war eine ausweglose Situation“, sagt Kozlowskis Anwalt Stephen Kaufman. Kozlowski habe beträchtliches Vermögen, aber das meiste sei wegen richterlicher Erlässe nicht verfügbar.

Vor zwei Wochen gab Tyco einen Bericht heraus. Darin wird in Einzelheiten beschrieben, wie Kozlowski Unternehmenskredite – die für Umzugskosten und Steuerzahlungen gedacht waren – veruntreut hat. Ein Teil des Geldes floss dem Bericht zufolge in die neue Yacht von Kozlowski. Kozlowski war für keine Stellungnahme erreichbar. Sein Rechtsanwalt Kaufman sagt lediglich: „Er lässt sich keine Yacht bauen und verkauft keine Immobilien.“

Wer bald Immobilien verkaufen dürfte, ist Tyco. Und zwar jene Wohnungen und Häuser, die das Unternehmen für die Nutzung durch Kozlowski gekauft hat. Das Unternehmen hat bereits eine 464 Quadratmeter große Eigentumswohnung in New Castle zum Verkauf angeboten, wie der Tyco-Sprecher Gary Holmes bestätigt. Und Tyco sei auch dabei, ein großes Apartment an der Fifth Avenue in Manhattan zu verkaufen, das Kozlowski für 16,8 Millionen Dollar mit Tyco-Mitteln erworben hat, heißt es in eingeweihten Kreisen. „Wir sind dabei, alle Immobilien zu sondieren, die Herr Kozlowski und Herr Swartz genutzt haben“, sagt Holmes.

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