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Wirtschaft: Mr. Vodafone tritt ab

Mit der Mannesmann-Übernahme hat Chris Gent sich ein Denkmal gesetzt

Berlin (vis). Der Mann an der Spitze des weltgrößten Mobilfunkkonzerns tritt ab. VodafoneChef Chris Gent will sein Amt im Juli 2003 aufgeben. Gent habe bereits vor einiger Zeit den Wunsch geäußert zurückzutreten, teilte Vodafone mit, doch die Märkte waren am Mittwoch von der Nachricht überrascht. Man habe nicht mit dem Rücktritt des Managers gerechnet, sagten die Händler. Noch im November hatte das Unternehmen die Börse mit einer unerwartet positiven Halbjahresbilanz erstaunt. Von einer exzellenten Performance sprach Gent damals und von dem weiterhin großen Wachstumspotenzial. Jetzt sind die Beobachter verunsichert. Weiß Gent etwas, was der Markt noch nicht weiß? Die Fragen muss künftig sein Nachfolger beantworten, der Telekommunikations-Manager Arun Sarin.

Schwer vorstellbar, dass sich der energische und ehrgeizige Gent bereits mit 54 Jahren aus dem Mobilfunkgeschäft verabschiedet, das er – auf globaler Ebene – entscheidend mitgeprägt hat. Er steht seit der Gründung im Jahr 1985 an der Spitze von Vodafone, seit 1997 als Vorstandschef. Damals lag Vodafones Börsenwert bei 7,5 Milliarden Pfund (rund elf Milliarden Euro). Heute sind es mehr als 75 Milliarden Pfund.

Dazwischen liegt eine aggressive Expansionsstrategie von den USA über Europa bis nach Japan: 100 Millionen Kunden in 28 Ländern. Und dabei ging Gent nicht zimperlich vor. Erst setzte er sich 1999 bei der Übernahme des US-Mobilfunkunternehmens Airtouch gegen den Konkurrenten Bell Atlantic durch. Dann gelang ihm in Deutschland nach monatelangem zähen Ringen und einer beispiellosen Werbeschlacht die bis dato teuerste Übernahme der deutschen Wirtschaftsgeschichte: 2000 war der Kauf von Mannesmann dann perfekt. Danach folgten Übernahmen in Japan und Irland. Weniger erfolgreich waren Gents jüngste Bemühungen, den französischen Mobilfunkanbieter Cegetel zu übernehmen.

Doch bereits Mitte 2001 zeigte sich die Kehrseite der weltweiten Einkaufstour. Die Bilanz für das Jahr 2000 wies erstmals einen Verlust vor Steuern von mehr als acht Milliarden Pfund (zwölf Milliarden Euro) aus. 2001 wuchs der Verlust vor Steuern sogar auf 22 Milliarden Euro. Grund waren Abschreibungen auf die teuer eingekauften Mobilfunkunternehmen. Dabei war Gent bei seinen Zukäufen immer sehr geschickt vorgegangen: Er bezahlte mit eigenen Aktien, zerlegte die Neuerwerbungen und verkaufte die nicht gebrauchten Unternehmensteile gegen Bares.

Die hohen Verluste und der dramatische Absturz der Aktie (von 391 Pence im Frühjahr 2000 auf aktuell etwa 110 Pence) haben die Vodafone-Aktionäre immer unzufriedener gemacht. Nicht zuletzt, weil Gent im Gegensatz zu ihnen gut verdiente: 2,4 Millionen Pfund im vergangenen Jahr. Auch für die Mannesmann-Übernahme hat er eine saftige Prämie bekommen.

Mit Gents Nachfolger Arun Sarin kehrt ein alter Bekannter in die Vodafone-Führung zurück: Sarin leitete bis April 2000 bereits den US-Ableger Vodafone Airtouch und war als Vorstand auch bei heiklen Missionen wie der Mannesmann-Übernahme in Deutschland mit im Einsatz. Der 48-jährige Amerikaner indischer Abstammung hatte Vodafone verlassen, als das US-Geschäft mit Bell Atlantic im neuen Unternehmen Verizon Wireless zusammengelegt wurde. Auf dem Höhepunkt der Telekom-Euphorie wurde er erst Chef von Infospace, eines Entwicklers von Internet-Infrastruktur. Im Juli 2001 wechselte er zu Accel-KKR Telecom in San Francisco. Bevor er Vodafone verließ, war er bereits als möglicher Gent-Nachfolger gehandelt worden. Nun wird er es.

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