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Wirtschaft: Müntefering sammelt Stimmen für Ausbildungsumlage

Abweichler in der SPD wollen sich Fraktionsdisziplin beugen/Koalitionspolitiker bevorzugen Ausbildungspakt

Berlin (alf/ce/höl). Die Unzufriedenheit mit der Ausbildungsumlage in der SPDFraktion ist groß. 20 Abgeordnete votierten am Dienstag in einer Probeabstimmung gegen das Gesetz, vier enthielten. Trotzdem ist die Zustimmung von Rot-Grün zur Ausbildungsplatzumlage im Bundestag offenbar sicher. Denn die meisten Abweichler kündigten bereits an, sich im Plenum der Fraktionsdisziplin zu beugen. Damit ist Parteichef Franz Müntefering der Umsetzung der von ihm initiierten Umlage ein Stück näher gekommen.

Politiker sowohl von SPD als auch den Grünen beteuerten aber gegenüber dem Tagesspiegel, dass sie auf den Ausbildungspakt mit der Wirtschaft setzen, der das Gesetz überflüssig machen würde. „Wir werden die Bundesregierung auffordern, einen Pakt zustande zu bringen“, sagt SPD-Fraktionsvize Nicolette Kressl. Der Grünen-Wirtschaftspolitiker Fritz Kuhn ergänzt: „Wenn die Wirtschaft genügend Lehrstellen schafft, können wir uns das bürokratische Verfahren sparen.“ Die Hauptgeschäftsführer der großen Wirtschaftsverbände wollten sich am Mittwoch in Berlin treffen, um die weitere Strategie zu beraten. In Wirtschaftskreisen wurde nicht ausgeschlossen, dass in der Nacht noch am Gesetz gefeilt wird. Gewerkschafter bekräftigten aber die Forderung nach einem Gesetz. DGB-Sprecher Hilmar Höhn sagte dem Tagesspiegel, „es geht nicht ohne Gesetz, weil sonst den Arbeitgebern der nötige Ernst fehlt“, um tatsächlich mehr Lehrstellen anzubieten. Ähnlich äußerten sich IG Metall und Verdi in einer gemeinsamen Erklärung.

Die Koalitionsfraktionen wollen die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag auffordern, eine verbindliche Vereinbarung mit den Spitzenverbänden von Wirtschaft, Gewerkschaften und Kommunen abzuschließen – den so genannten „Ausbildungspakt 2004“. Der Pakt soll Vorrang vor der gesetzlichen Ausbildungsplatzumlage haben und für mehrere Jahre abgeschlossen werden. In das Gesetz wird ein Passus eingefügt, der den Automatismus für das Inkrafttreten der Umlage aussetzt. Ursprünglich sollten die Betriebe dann zahlen, wenn zu einem Stichtag die Zahl der offenen Lehrstellen die Nachfrage nicht um mindestens 15 Prozent übersteigt. Jetzt soll das Kabinett entscheiden, ob der Pakt eingehalten ist. „Der Druck auf die Wirtschaft bleibt, aber das Gesetz wird nicht zur Anwendung kommen“, beschreibt Klaas Hübner, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD den Kompromiss. „Das Angebot an die Wirtschaft ist ernst gemeint“, sagt der SPD-Wirtschaftspolitiker Rainer Wend.

Nach heftiger Kritik aus der Wirtschaft, aber auch aus der Koalition, war es zu zahlreichen Änderungen am Gesetz gekommen. So werden die Kommunen stärker entlastet, die bestehenden Branchenlösungen im Bau und in der Chemie anerkannt, sowie Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser ausgenommen. Das Handwerk lehnt die Regierungspläne dennoch weiter ab. „Das Gesetz ist ein Bremsklotz, der die erfolgreiche Umsetzung des Paktes behindert“, sagte Handwerkspräsident Dieter Philipp.

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