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Wer bekommt wie viel? Mit 308 Milliarden Euro fördert die EU die Regionen. Foto: dpa

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Wirtschaft: Nach Geldern forschen

Die Regionen bekommen Jahr für Jahr Milliarden aus den Fördertöpfen der EU. Auch Berlin kämpft in Brüssel um Mittel

Brüssel - Sie kommt bescheiden daher, die Berliner EU-Vertretung in Brüssel. In einem schmalen Wohnhaus mit zwei Etagen in der Avenue Michel-Ange 71 sitzt die Interessenvertretung der deutschen Hauptstadt. Neben dem Konferenzraum gibt es noch einen kleinen Garten. Wie alle Bundesländer buhlt auch die finanzschwache Hauptstadt in Brüssel um Fördergelder der EU. Dabei geht es um mehr als eine Milliarde Euro, auf die das Land aus verschiedenen Fördertöpfen hofft.

Damit das Geld fließt, muss Berlin Kommissionsmitglieder und andere EU-Beamte von seinen Projekten überzeugen. Zehn Mitarbeiter unter Leitung von Volker Löwe organisieren die Arbeit in Brüssel, veranstalten Empfänge, Fachtreffen und Kulturabende. Zum Beispiel ein Expertengespräch zum Thema Optik und Photonik. Die Firmen in dieser Branche stellen etwa Produkte für die Datenübertragung oder Komponenten für die Medizintechnik her. Berlin will diese Unternehmen besonders fördern und braucht dafür auch in Zukunft Geld von der EU.

Zu dem Treffen in Brüssel sind die Leiter der wichtigen Berliner Forschungsinstitute angereist, Experten aus Unternehmensnetzwerken, Firmenchefs, Mitarbeiter des Technologieparks Adlershof und der Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner. Sie sollen die Entwicklung der Photonik-Branche im Rahmen der Berlin-Brandenburger Innovationsstrategie vorstellen. „Wir fliegen die Leute ein zu diesen Veranstaltungen, weil sie hier sein müssen, um die Brüsseler Denke zu verstehen“, sagt Löwe. Seit viereinhalb Jahren leitet der Politikwissenschaftler die Berliner  Vertretung. Der 45-Jährige kann auf langjährige Erfahrung zurückgreifen. Vor Brüssel war Löwe EU-Referent in der Berliner Senatskanzlei, davor arbeitete er bei der Berlinvertretung in Bonn.

Besonders wichtig sind die EU-Beamten, die gekommen sind, um sich die Vorträge zur Photonik anzuhören. Sie sollen überzeugt werden. „Photonik ist ein Innovationstreiber“, sagt Günther Tränkle, Chef des Unternehmensnetzwerks OptecBB bei seinem Vortrag über die Entwicklung der Branche in der Region. Das strahle auf andere Cluster ab. „Die mittleren und kleinen Firmen sind der Innovationsmotor“, sagt auch Thomas Skordas, Mitarbeiter einer der Generaldirektionen, die der Kommission zuarbeiten, in der Diskussion nach dem Vortrag. Und schließlich kommt Tränkle auf das Berliner Anliegen zu sprechen: Besonders die kleinen Unternehmen der Branche bräuchten Unterstützung, weil sie nicht so gut vernetzt seien wie die großen, sagt er.

Die Adlershof-Vertreter erzählen bei diesem Treffen auch die Erfolgsgeschichte des Berliner Technologieparks, als „Musterbeispiel für die Nutzung europäischer Mittel“. Das Gebiet im Osten der Stadt, das zu DDR-Zeiten schon Forschungsstandort war, beherbergt heute fast 900 Firmen und 14 000 Mitarbeiter. 270 Millionen Euro flossen in den vergangenen 20 Jahren aus EU-Fördertöpfen in das Entwicklungsgebiet.

Um schwache Regionen in Europa zu fördern und mehr Arbeitsplätze zu schaffen, gibt die EU zwischen 2007 und 2013 308 Milliarden Euro aus, über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Sozialfonds (ESF) und den Kohäsionsfonds. Für Berlin sind 1,2 Milliarden Euro zwischen 2007 und 2013 aus EFRE und ESF vorgesehen. Das Geld geht direkt an die Mitgliedstaaten und Regionen, die in Abstimmung mit der Kommission ihre Programme umsetzen. Berlin wirbt in Brüssel auch um Mittel aus dem Forschungsrahmenprogramm, das 2013 neu aufgelegt wird. Bisher hat die Hauptstadt rund 260 Millionen Euro bekommen und hofft auf eine Fortsetzung. Anders als bei den Strukturfonds werden diese Gelder zentral durch die Komission vergeben.

Derzeit arbeitet die EU auch an einer Reform der Regionalförderung. Die verschiedenen Fonds sollen besser aufeinander abgestimmt werden. Berlin will, dass die Regionen auch nach der Reform ihren Entscheidungsspielraum behalten. „Zudem wünschen wir uns Erleichterung für regionenübergreifende Projekte“, sagt Löwe. Denn derzeit gibt es zwei verschiedene Fördertöpfe für Berlin und Brandenburg – trotz gemeinsamer Innovationsstrategie.

Auch das Forschungsrahmenprogramm wird überarbeitet.Die Kommission hat eine Erhöhung der Mittel ab 2013 von 53 auf 80 Milliarden Euro vorgeschlagen. Ende des Jahres sollen auch die Schlüsseltechnologien festgelegt sein, die besonders gefördert werden. „Es ist wichtig, dass die Berliner Schlüsseltechnologien im Forschungsrahmenprogramm vorkommen“, sagt Löwe. Für die Hauptstadt geht es vor allem darum, Arbeitsplätze zu schaffen. „Die Reindustrialisierung ist unser Mantra“, sagt Löwe. Im Kampf ums Geld habe Berlin in Brüssel einen Vorteil: Die Stadt gelte als kreativ, sympathisch und aufstrebend, sagt Löwe. „Wenn ich von Berlin spreche, kriegen die Leute glänzende Augen.“ Jahel Mielke

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