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Das Brennelemente-Lagerbecken des Atomkraftwerkes Krümmel.

© dpa

Nach Pannenserie: Vattenfall will offenbar zwei Problem-AKW´s abgeben

Der Energieriese Vattenfall erwägt offenbar, die Führung der derzeit abgeschalteten Atommeiler Krümmel und Brunsbüttel an Miteigentümer Eon abzugeben. Dies bedeute jedoch keinen generellen Rückzug aus dem AKW-Geschäft.

Optimierung. Dieser Begriff stand am Mittwoch im Mittelpunkt der Neuigkeiten rund um die beiden Problem-Akw Brunsbüttel und Krümmel. Vattenfall und Eon, denen die Anlagen gehören, kündigten eine „weitere betriebliche Optimierung der Kernkraftwerke“ an. Und Schleswig-Holsteins Justizminister Emil Schmalfuß, der für die Atomaufsicht und damit für beide Akw zuständig ist, fand „jede Überlegung zur Optimierung des Betriebs von Kernkraftwerken positiv“. Was wirklich mit Optimierung gemeint ist, machte der Minister im nächsten Satz deutlich: Eine „Änderung der operativen Führung“ der Akw.

In einer gemeinsamen Mitteilung von Eon und Vattenfall, Nummer eins und Nummer drei auf dem deutschen Energiemarkt, heißt es dazu eher vage, man werde in den nächsten Monaten überprüfen, „ob Eon die Betriebsführung beider Anlagen übernimmt“. Die zwei Partner ziehen damit die Konsequenzen aus einer jahrelangen Pannenserie, die Vattenfall als Betreiber der Anlagen zu verantworten hat. Und sie erhoffen sich offenkundig das Wohlwollen des Ministers Schmalfuß für die angestrebte Wiederinbetriebnahme im kommenden Jahr.

Für Bärbel Höhn, ehemals Umweltministerin in NRW und nun für die Grünen im Bundestag, „wirft Vattenfall das Handtuch beim Betreiben der Akw’s“. Nach den Pleiten der vergangenen Jahre sei offenbar die Erkenntnis gereift, „dass hier Know-how im Konzern fehlt“. Im Übrigen sei der schwedische Staatskonzern Vattenfall AB mit seiner in Berlin ansässigen Tochter Vattenfall Europe nach der milliardenteuren Übernahme der holländischen Nuon in finanziellen Schwierigkeiten. „Deswegen würde es mich wundern, wenn es nur um einen operativen Betreiberwechsel in den Akw’s geht“, stellte Höhn Mutmaßungen über den vollständigen Rückzug Vattenfalls aus der Kernkraft an. Der Konzern dementierte solche Erwägungen energisch. Auch der Aufsichtsrat habe sich auf seiner jüngsten Sitzung am vergangenen Dienstag nicht mit einem möglichen Ende des Akw-Geschäfts befasst.

Das Kraftwerk Krümmel gehört Eon und Vattenfall zu gleichen Teilen, Brunsbüttel dagegen mehrheitlich zu Vattenfall, hier ist Eon zu einem Drittel beteiligt. Beide Akw werden von Vattenfall betrieben – sofern sie denn in Betrieb sind. Seit bald anderthalb Jahren stehen die Anlagen fast ununterbrochen still. Tag für Tag entgehen allein Vattenfall dadurch rund eine Million Euro.

Das Desaster begann im Sommer 2007, als Kurzschlüsse und Brände zur Abschaltung der Kernkraftwerke führten. Anschließend steckte Vattenfall mehr als 100 Millionen Euro in die Akw, sanierte Armaturen und wechselte Dübel aus. Im Sommer 2009 ging es wieder ans Netz – bis drei Wochen später erneut ein Trafo durchknallte. Es war der Kieler Ministerpräsident Peter Harry Carstensen selbst, der Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka über den Störfall informierte.

Seitdem wurde weiter restauriert und investiert und Vorsorge getroffen. „Wir sind technisch auf einem guten Stand und haben fast alle Auflagen der Behörden abgearbeitet“, heißt es bei Vattenfall. Doch dann patzte Ulrike Welte. Die designierte Leiterin des Kraftwerks Krümmel fiel vergangene Woche sozusagen bei der Fahrprüfung durch, sie konnte die Anlage nicht in der vorgesehenen Zeit abschalten. Mit Welte, so Minister Schmalfuß, bekomme Krümmel keine Genehmigung.

Wenige Tage später nun die „Vereinbarung über den gemeinsamen Optimierungsprozess“ von Vattenfall und Eon. „Vattenfalls Ruf ist derart ruiniert“, meint jemand aus der Energiebranche, dass man nun Eon den Vortritt lasse. „Es geht darum, wer die Kraftwerke wieder ans Netz bringt.“

Nach den bisherigen Planungen sollte Krümmel Anfang 2011 und Brunsbüttel in der zweiten Jahreshälfte an den Start gehen. Zumindest die Planung für Krümmel ist nun obsolet. Vielmehr wird jetzt, auch mit Blick auf gesetzliche Änderungen wegen der Akw-Laufzeitverlängerung, alles Mögliche geprüft. „Eon und Vattenfall verfolgen das Ziel, die anstehenden Analysen, Bewertungen und Konzeptentwicklungen in der ersten Jahreshälfte abzuschließen.“ Optimierung braucht eben Zeit.

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