zum Hauptinhalt
Schaukeln für Alt und Jung. Die Zielgruppe der Bus-Anbieter sind Menschen mit viel Zeit und wenig Geld – in erster Linie Studenten und Rentner.

© picture alliance / dpa

Neue Anbieter, neue Strecken: Für wen sich der Umstieg auf den Fernbus lohnt

Der Markt für Fernbus-Strecken wächst rasant. Die Bahn hat meist das Nachsehen – aber sie ist schneller.

Eine Reise zu planen war früher ein Leichtes. Auto oder Zug – darin erschöpften sich für die meisten Menschen die Alternativen. Heute ist es anders: Neben den Billigfliegern gibt es nun auch noch Fernbusse. Seit Jahresbeginn dürfen sie deutschlandweit fahren. „Im Markt ist eine Menge los“, sagt Heidi Tischmann vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD). „Es kommen immer neue Anbieter hinzu – für die Verbraucher ist es schwierig, sich zu orientieren.“

Jahrelang erlaubte das Gesetz fast nur Busverbindungen von und nach Berlin, um die Bahn vor Konkurrenz zu schützen. Seit der Liberalisierung zu Jahresbeginn brauchen Anbieter neben einem Fahrzeug nur noch ein paar behördliche Genehmigungen, dann können sie loslegen. Rund 60 Unternehmen betreiben bereits Linienverkehr, Tendenz steigend: „Der Markt hat sich bereits verdoppelt, und bis zum Jahresende wird er sich noch einmal verdoppeln“, sagt Martin Rammensee vom Internetportal busliniensuche.de. Perspektivisch könnten es einmal bis zu zwölf Millionen Nutzer werden, schätzt die Bundesregierung.

BREITES ANGEBOT

Die meisten der größeren Anbieter sind Newcomer, zu ihnen zählen MeinFernbus.de, Deinbus.de und Flixbus. Der Marktführer Berlin Linienbus, hinter dem die Deutsche Bahn steht, und die Deutsche Touring fahren dagegen schon seit Jahren. Aldi ist mit dem Partner Univers kürzlich eingestiegen und plant republikweit sieben Routen. Daneben gibt es viele Firmen, die nur auf einer oder zwei Strecken unterwegs sind. Die Deutsche Post will zusammen mit dem Autoklub ADAC noch in diesem Jahr mit einigen Linien an den Start gehen und mittelfristig ein flächendeckendes Netz mit mehreren Dutzend Bussen aufbauen. Mitte Mai, heißt es in Unternehmenskreisen, werden Details präsentiert.

Interessant ist der Bus meistens dort, wo die Bahn ihr Angebot reduziert hat, also zwischen mittelgroßen Städten. Eine Übersicht können sich Reisende am besten per Internet verschaffen. Neben busliniensuche.de steht das Portal fahrtenfuchs.de zur Wahl. Daneben liefert verkehrsmittelvergleich.de brauchbare Ergebnisse, arbeitet aber langsam. Auch beim Ticketkauf ist das Netz die erste Wahl, bei einigen Firmen – etwa Berlin Linienbus – ist auch die Buchung per Telefon oder im Reisebüro möglich. Oft kann man auch direkt beim Fahrer bezahlen – doch nicht immer sind noch Plätze frei.

ZWEI DRITTEL BILLIGER ALS DER ZUG

Eines haben die Busfirmen gemeinsam: Fast immer sind sie billiger als die Eisenbahn, oft bis zu zwei Drittel. Dafür dauert die Fahrt deutlich länger. Es gilt das Windhundprinzip: Wer früh bucht, bekommt die günstigsten Tickets. Noch immer tobt ein heftiger Preiskampf – bei dem Aldi längst nicht der aggressivste Anbieter ist. Einige werden das auf Dauer nicht aushalten, befürchtet Juliane Steinbrück vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen. Firmen wie MeinFernbus.de etwa besitzen kaum eigene Busse, sondern kooperieren mit Mittelständlern – und nehmen sie ins Risiko. „Einige Verträge sind jenseits von Gut und Böse“, sagt Steinbrück. Schon im Laufe dieses Jahres müssten vermutlich einige Anbieter aufgeben. Eine Auslastung von 50 Prozent, heißt es bei Fachleuten, sei langfristig nötig – das dürften viele nicht schaffen.

NICHT ALLES INKLUSIVE

Der Komfort in den Bussen variiert stark. Mitunter können Kunden das Fahrrad mitnehmen, drahtloses Internet und Steckdosen an Bord nutzen, Snacks und Getränke kaufen, kostenlos Zeitungen lesen, mehr als einen Koffer mitnehmen, Beinfreiheit genießen – mitunter aber alles das auch nicht. „Einige verlangen für Extra-Leistungen Aufpreise, so wie die Billigflieger“, sagte VCD-Expertin Tischmann. Entscheidend dürfte für viele Reisende auch sein, wie zentral die Haltestellen gelegen sind. In Berlin steuern die meisten Fahrer den Zentralen Omnibusbahnhof nahe der Messe an.

Beschwerden über die Qualität der Reisen gibt es bislang kaum. Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) hat seit 2009 „nicht mehr als 20 Fälle“ aus diesem Bereich bearbeitet. Das dürfte auch in Zukunft kaum mehr werden, vermutet SÖP-Leiter Heinz Klewe. „Ruppiges Auftreten kann sich heutzutage kein Unternehmen mehr leisten, schon gar nicht angesichts der Konkurrenz in diesem Markt.“ Auch die Stiftung Warentest war bei einer stichprobenartigen Überprüfung der wichtigsten Anbieter kürzlich angetan. „Der erste Eindruck war positiv“, urteilten die Tester. Anders als im Regionalverkehr, wo oft recht betagte Fahrzeuge zum Einsatz kommen, sind viele Fernbusse noch recht neu – das steigert den Komfort.

DER UMWELT ZULIEBE

Die Bus-Branche nimmt für sich in Anspruch, der umweltfreundlichste Verkehrsträger zu sein. Eine Studie des Umweltbundesamtes von 2010 bestätigt das. Allerdings plant die Bahn, ihren Ökostromanteil mittelfristig weiter auszubauen – damit könnte sie wieder aufholen. Ob der Bus oder die Bahn sicherer sind, ist umstritten – Lobbyverbände beider Lager reklamieren jeweils das geringste Verletzungsrisiko der Passagiere für sich.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false