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Wirtschaft: Neue Jobs gibt es nur auf Zeit

Die Zeitarbeitsfirmen machen gute Geschäfte. Denn viele ihrer Kunden leihen sich Personal, bevor sie eigene Leute einstellen

Berlin – Die großen Zeitarbeitsfirmen profitieren von der leichten wirtschaftlichen Erholung in Deutschland. So verzeichnete Marktführer Randstad im ersten Quartal 2004 ein Umsatzplus von 15 Prozent. Auch Hauptkonkurrent Adecco erzielte ein „zweistelliges Wachstum“, wie ein Sprecher auf Anfrage sagte. Zwar liegt die Arbeitslosenquote in Deutschland trotz der langsam anziehenden Konjunktur mit 10,3 Prozent fast so hoch wie vor einem Jahr. Zeitarbeitsfirmen sind aber in der Regel die ersten, die eine Belebung des Arbeitsmarktes spüren, da viele Unternehmen zunächst Personal entleihen, bevor sie selbst anstellen.

Im ersten Quartal stieg der Rand-

stad- Umsatz in Deutschland stärker als in den anderen Hauptstandorten der Gruppe in Europa und den USA. Das Unternehmen hat seinen Sitz in den Niederlanden. Seit Jahresbeginn gelten für Zeitarbeitsfirmen in Deutschland neue Bedingungen. Grundsätzlich müssen sie ihre Mitarbeiter so entlohnen, wie die Angestellten der Firma, an die sie entliehen sind. Nur Tarifverträge entbinden sie von dieser Pflicht. Deswegen haben die Zeitarbeitsfirmen erstmals mit den Gewerkschaften Flächentarifverträge ausgehandelt, die seit Januar gelten. Gleichzeitig wurden Einschränkungen beseitigt. So können Personaldienstleister Arbeitsverhältnisse jetzt auf die Dauer befristen, für die sie auch einen Einsatzbetrieb für den Beschäftigten haben. Und sie können Arbeitnehmer unbefristet an ein und den selben Betrieb ausleihen, bisher ging das maximal zwei Jahre.

Die Personaldienstleister nutzen die neue Freiheit für neue Deals: Sie bieten verstärkt komplette Outsourcing-Pakete an, wie in anderen Ländern längst üblich. Ganze Abteilungen werden von Angestellten zu Dauerleiharbeitern. Der Chiphersteller Infineon hat unlängst angekündigt, bis zu 30 Prozent der Mitarbeiter im Werk Dresden an Personaldienstleister ausgliedern zu wollen. Bis 2007 könnte das 1500 der 5000 Mitarbeiter betreffen. Für das Unternehmen ist das ein Gewinn an Flexibilität, für die Gewerkschaft jedoch ein Horrorszenario. „Die Firma will mehr von ihrem Risiko auf die Mitarbeiter abwälzen“, klagte die IG-Metall. Randstad-Chef Ben Noteboom fordert eine weiter gehende Deregulierung des Arbeitsmarktes in Deutschland, wo seine Firma rund 23000 Beschäftigte hat. „Wird der Arbeitsmarkt weiter liberalisiert, können wir noch viel mehr Menschen einen Job geben.“ In den Niederlanden arbeiteten bereits über drei Prozent der Beschäftigten in der Zeitarbeit, in Deutschland weniger als ein Prozent.

Während einige Reformen der Branche nutzen, erachten die meisten Zeitarbeitsfirmen die neuen Personal-Service-Agenturen (PSA) als Flop. Sie sollen Langzeitarbeitslose fit für den Arbeitsmarkt machen und an Unternehmen ausleihen. Wer sich bewährt, so die Idee, wird übernommen. Die PSA werden von Zeitarbeitsfirmen und Bildungsträgern betrieben. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) zahlt den PSA anfangs 900 bis 1300 Euro für jeden Arbeitslosen, der Zuschuss wird dann schrittweise reduziert. Statt der Arbeitslosen profitieren aber offenbar vor allem die Arbeitgeber von den Lohnsubventionen.

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