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Wohin? Eine Firmengründung kann der Ausweg aus der Arbeitslosigkeit sein oder die Verwirklichung einer lang gehegten Geschäftsidee. Doch der Schritt in die Existenzgründung ist nicht leicht. Wer sich informiert, findet inhaltliche und finanzielle Unterstützung. Foto: Imago

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Wirtschaft: Neue Wege gehen

Die Selbstständigkeit kann ein Neuanfang sein. Damit er gelingt, gibt es Existenzgründerseminare

Seit Anfang April ist Manuela Mollenauer Besitzerin ihres eigenen Ladens „Curve“. Sie hat sich selbstständig gemacht und verkauft in der Metropolpassage nahe des Kurfürstendamms Mode für große Größen. Der Weg bis hier her war nicht immer leicht. Nach einer Anstellung als Bürokauffrau wurde ihr aus betriebsbedingten Gründen gekündigt, sie wurde arbeitslos. „Bei der Agentur für Arbeit sagte man mir, dass ich mit Mitte 40 zum alten Eisen gehöre“, erzählt Manuela Mollenauer. Anstatt den von der Agentur für Arbeit angebotenen Job in einem Callcenter anzunehmen, entschied sie sich für den Weg in die Selbstständigkeit und nutze die Chance, sich noch einmal selbst zu verwirklichen.

Wie Manuela Mollenauer geht es derzeit 936 000 Menschen in Deutschland, so viele haben im vergangenen Jahr eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen. Das sind 8 Prozent mehr als im Vorjahr, wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau in ihrem Gründungsmonitor bekannt gab. Eine besonders hohe Gründerquote hat neben Bremen und Hamburg Berlin zu verzeichnen. Mit einer Selbstständigkeit sind jedoch auch erhebliche Risiken verbunden, ein Drittel aller Gründer gibt in den ersten drei Jahren auf. Fit für die Gründung machen Existenzgründungsseminare, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gefördert werden und schon ab einem Eigenanteil von 30 bis 40 Euro besucht werden können.

Wer Arbeitslosengeld I bezieht, kann den Gründungszuschuss beantragen und wird die ersten neun Monate vom Staat auf dem Weg in die Selbstständigkeit auch finanziell unterstützt. Die Förderung setzt sich zusammen aus dem Arbeitslosengeld I plus weiteren 300 Euro für Versicherung, die dem Gründer zusätzlich zum ALG I gezahlt werden. Voraussetzung dafür ist, dass man mindestens einen Tag Arbeitslosengeld bezogen haben muss. Außerdem muss das Existenzvorhaben auf mehreren Seiten in einem Businessplan vorgestellt werden.Bezieher von Arbeitslosengeld II haben die Möglichkeit, das so genannte Einstiegsgeld zu beantragen, auf das man jedoch, im Gegensatz zum Gründungszuschuss derzeit, kein Rechtsanspruch hat, sondern über dessen Vergabe von Fall zu Fall entschieden wird.

„Der Gründungszuschuss ist für viele der Weg aus der Arbeitslosigkeit“, sagt Margitta Heinecke. In ihrer Firma Existentia berät sie Existenzgründer wie Manuela Mollenauer und begleitet sie bei den ersten Schritten in die Selbstständigkeit. Besonders beim Thema Buchführung sieht sie Beratungsbedarf. Auch das Thema Verkaufen sei für viele ein harter Brocken. „Wenn man selbstständig ist, muss man auf die Leute zugehen können und sein Produkt verkaufen können“, sagt Margitta Heinecke von Existentia. „Wer das nicht kann, dem sage ich dann auch direkt: Sie sind nicht der Typ dafür.“ Wöchentlich bietet Margitta Heinecke ein viertägiges Existenzgründerseminar an, in dem Recht, Buchführung, Steuern und Marketing angesprochen werden. Der Businessplan, den die Agentur für Arbeit von den Existenzgründern verlangt, wird bei Existentia als dreiseitiges Kurzkonzept am letzten Seminartag zusammen geschrieben.

„Der Businessplan sollte einen Umfang von zehn bis zwanzig Seiten haben, denn er ist der Regieplan für die Gründung“, sagt dagegen Oliver Henschel von den Gründerlotsen und rät davon ab, den Plan nur für die Agentur für Arbeit zu schreiben. Bei den Gründerlotsen kann man zusätzlich zu einem Orientierungsseminar einen Workshop besuchen, in dem es ausschließlich um die Erarbeitung des Businessplans geht, einschließlich Hilfen für die Finanzierungs- und Umsatzplanung.

Nach der Gründung ist es möglich, ein umfassendes Einzelcoaching in Anspruch zu nehmen und sich professionell begleiten zu lassen. Das Gründercoaching Deutschland der KfW, der Kreditanstalt für Wiederaufbau, das aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert wird, unterstützt Existenzgründer durch Zuschüsse zu den Beratungskosten. Ist der Gründung eine Arbeitslosigkeit vorausgegangen, übernimmt die KfW bis zu 90 Prozent des Beraterhonorars. „Wichtig ist, dass das Datum der Gründung nicht länger als ein Jahr zurück liegt“, sagt Luise Thomas, Programmreferentin des Gründercoaching Deutschlands der KfW Bankengruppe. Auch müsse das Coaching nach der Zusage der KfW innerhalb eines Jahres abgewickelt werden.

„Statistiken zeigen, dass Gründungen, die von einem Gründungsberater begleitet werden, oft erfolgreicher sind“, sagt Gründercoach Marko Lasnia und betont, dass der Antrag mit geringem bürokratischen Aufwand verbunden sei. „Wir unterstützen die Interessenten bei der Antragsstellung und erstellen zusammen mit dem Gründer ein individuelles Coaching-Programm“. Da sich Gründer in einer besonderen beruflichen Situation befinden, die viel Beratung und Austausch mit anderen benötigt, hat Lasnia einen monatlich stattfindenden Gründertreff im Berliner Cafe Behring ins Leben gerufen. Das Ziel: Austausch und Vernetzung. Das Thema des nächsten Gründertreffs steht bereist fest. Am 16. Mai soll über Fördermittelkürzungen diskutiert werden.

In der Tat soll der Gründungszuschuss ab April 2012 gekürzt werden. Dies bestätigte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: „Der Gründungszuschuss bleibt erhalten, aber nicht mehr jeder kann ihn künftig verlangen.“ Stattdessen wird der Rechtsanspruch auf Gründungszuschuss in eine Ermessensleistung umgewandelt. Eine Selbständigkeit mit Einstiegsgeld sei generell schwieriger zu bewerkstelligen, sagt Unternehmensberaterin und Gründecoach Birgit Baum von Coaching Maximal. Es sei noch nicht bekannt, welche Auswirkungen die geplanten Kürzungen auf das Gründercoaching haben, sagt Luise Thomas, Programmreferentin des Gründercoaching Deutschlands der KfW Bankengruppe. Sollte es zu einer Kürzung kommen, könne von Existenzgründern eine Förderung der Beraterhonorare von 50 Prozent beziehungsweise 75 Prozent in Anspruch genommen werden.

Manuela Mollenauer hat den Gründungszuschuss noch voll ausgeschöpft und nimmt aktuell das Gründercoaching Deutschland der KfW in Anspruch. Zusammen mit Margitta Heinecke hat sie das Konzept für den neuen Laden entworfen. Die Einnahmen sind gestiegen und sie sieht ihrer Zukunft als Selbstständige positiv entgegen.

Viola Zech

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