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Wirtschaft: Neuemissionen: Schwemme von neuen Titeln überfordern Analysten und Käufer

Sie ist ideenreich und aktiv, hat eine große Zukunft vor sich und das nötige Kleingeld schon in der Tasche. Immer mehr Unternehmen müssen ihre Aktie so vollmundig anpreisen, um sie unter die Haube zu bringen.

Sie ist ideenreich und aktiv, hat eine große Zukunft vor sich und das nötige Kleingeld schon in der Tasche. Immer mehr Unternehmen müssen ihre Aktie so vollmundig anpreisen, um sie unter die Haube zu bringen. Oder genauer: Für sie einen Platz in den Coverage-Listen der Banken und Wertpapierhäuser zu bekommen. Denn Analysten haben inzwischen bei den Werten, die sie verfolgen und für die sie Empfehlungen herausgeben, die Qual der Wahl. Die vielen Neuemissionen haben den Markt unübersichtlich gemacht; die Kapazitäten reichen nicht mehr aus, um alle Werte zu covern.

Ohne News-Flow sinkt der Kurs. Doch von Analysten beobachtet zu werden, ist für die Entwicklung des Aktienkurses immens wichtig: "Sonst herrscht tote Hose. Die Aktie wird beiseite gelegt, weil der News-Flow fehlt. Der Kurs sinkt schließlich", erklärt Gerhard Grebe, Chef-Stratege beim Bankhaus Julius Bär. Die Privatbank reagiert auf die Schwemme von neuen Titeln mit einer Umstrukturierung. Bisher werden rund 20 Werte am Neuen Markt verfolgt. "Ende des Sommers sollen es 50 bis 60 sein", lautet Grebes Ziel. Im Gegenzug würden dafür die Hälfte der gelisteten M-Dax-Werte fallen gelassen, vor allem aus dem Textil- und Konsumbereich.

Bereits rausgefallen sind beim Bankhaus Julius Bär der Haushaltswarenhersteller WMF und Alno-Küchen. WMF-Pressesprecher Jürgen Vogler nimmt die Nachricht gelassen hin: "Der Neue Markt steht nun mal im Vordergrund, aber wenn die ersten Unternehmen wieder ausscheiden, wird sich die Lage normalisieren."

Dabei erwirtschaftete die WMF AG im vergangenen Jahr einen Gewinn von 13,6 Millionen Euro, der Umsatz belief sich auf knap 410 Millionen Euro - Zahlen von denen viele Wachstumswerte noch weit entfernt sind. Vom Potenzial des Unternehmens will Vogler nun abtrünnige Analysten bei zusätzlich geplanten Konferenzen überzeugen: "Wir müssen unsere Stärken mehr herausstellen. Schließlich wird es immer schwieriger bei der Vielzahl von Meldungen, Aufmerksamkeit zu bekommen." Der Analyst Roland Zänder sieht bei soliden Titeln, die nicht gecovert werden, sogar eine Gelegenheit zum günstigen Einstieg: "Diese Werte sind meist günstiger bewertet." Doch auf Entscheidungshilfen von Analysten muss der Anleger dabei verzichten, als Preis für die Unterbewertung. "Solche Aktien werden daher von den Investoren gemieden." Auswahlkriterien sind für Banken vor allem die Höhe der Marktkapitalisierung und das Geschäftsmodell eines Unternehmens, zu letzterem gehören beispielsweise die Wachstumserwartungen und die Qualität des Managements. "Wir überprüfen auch, was zum Wissen der Analysten passt", erklärt Zänder von der BHF-Bank. Aus verwandten Werten würden dann Pools gebildet. Das Bankhaus HSBC Trinkaus hat eigens ein Strategiepapier mit dem Titel "Wege durch den Dschungel" entwickelt. In ihm wird erklärt, wie das Anlage-Universum eingegrenzt wird. "Bei der Branchenauswahl konzentrieren wir uns auf das zentrale Thema Wachstum", heißt es. Dazu gehören unter anderem der IT-Bereich, Maschinenbau, Medien, Finanzdienstleistungen und Pharma.

Svenja Wilke

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