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Kinder müssen vielerorts auf der Welt harte körperliche Arbeit verrichten - wie dieser Junge in Indien.

© pa/dpa

Neuer Bericht der ILO: Millionen Kinder müssen arbeiten

Arbeit statt Schule: Die Kinderarbeit geht weltweit zurück – doch noch immer sind 168 Millionen Minderjährige betroffen. Teils leisten sie ihre Jobs unter schlimmen Bedingungen.

Von Maris Hubschmid

Berlin/Genf - Sie schuften im Bergwerk, in der Fabrik, auf Reisfeldern oder auf Müllhalden: Weltweit gibt es nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) etwa 168 Millionen Kinderarbeiter. Das bedeutet, dass mehr als elf Prozent aller Fünf- bis 17-Jährigen arbeiten. Mehr als die Hälfte von ihnen unter Bedingungen, die ihre Gesundheit und Sicherheit gefährden. Das geht aus einem am Montag veröffentlichten Bericht über das Jahr 2012 hervor.

Zu den besonders harten Jobs, die die Organisation auflistet, zählen Arbeiten mit gefährlichen Gerätschaften, in der Nacht, unter Wasser oder unter Tage. Derlei Belastungen beeinträchtigten sowohl die körperliche, als auch die geistige Entwicklung der Kinder, mahnt die ILO.

Kinderarbeit ist nach ihrer Definition jede Arbeit, „die ein Kind davon abhält, Kind zu sein, es seiner Entwicklungsmöglichkeiten und seiner Würde beraubt“. Als Kinderarbeiter gilt weiter, wer mehr als nur leichte oder auf wenige Stunden begrenzte Tätigkeiten ausübt. Häufig erhalten Kinder für ihre Dienste keinerlei Lohn. Hinzu kommt, dass überall auf der Welt Minderjährige sexuell ausgebeutet werden.

Insgesamt verzeichnet die Organisation im Kampf gegen Kinderarbeit aber Fortschritte. Seit Beginn der ILO-Statistiken im Jahr 2000 ist sie um ein Drittel zurückgegangen. Verglichen mit damals gab es 2012 knapp 78 Millionen Kinderarbeiter weniger. Vor allem bei den Mädchen war der Rückgang erheblich. Den Schätzungen zufolge müssen inzwischen 40 Prozent weniger von ihnen arbeiten als noch vor zwölf Jahren. Bei den Jungen ging die Zahl nur um 25 Prozent zurück.

In Asien wird jedes fünfte Kind zur Arbeit gezwungen

Immer mehr Staaten bekennen sich außerdem zu dem Ziel, Kinder besser zu schützen. Sie legen Mindestalter für Beschäftigte fest oder verbieten besonders schlimme Formen der Kinderarbeit per Gesetz. 2008 und 2009 hat die Kinderarbeit trotz der globalen Wirtschaftskrise abgenommen. Die Studienmacher werten das als doppelt positives Signal, weil sie voraussetzen, dass besonders in Zeiten großer wirtschaftlicher Unsicherheit Kinder ausgebeutet werden, um das Familieneinkommen aufzustocken. Die Zahlen zeigten also, dass schon der politische Wille Veränderungen bewirken könne. Allerdings stellen sich diese Erfolgegeht das nach dem Urteil der ILO nicht schnell genug. „Wir gehen in die richtige Richtung“, erklärte Generaldirektor Guy Ryder bei der Vorstellung der Studie – „aber das Tempo ist zu langsam“. Das Ziel, bis 2016 die prekärsten Formen von Kinderarbeit ganz zu beseitigen, werde definitiv nicht erreicht. „Wir müssen uns mehr anstrengen. Dafür gibt es 168 Millionen Gründe.“

Absolut leben die meisten Kinderarbeiter in Asien und im Pazifikraum – rund 78 Millionen Minderjährige werden dort Tag für Tag wie Erwachsene für Arbeit herangezogen. Prozentual ist ihr Anteil jedoch in Afrika südlich der Sahara am höchsten. Dort arbeitet sogar mehr als jedes fünfte Kind. Nach Angaben der ILO ist Kinderarbeit jedoch nicht nur ein Problem der ärmsten Länder oder der wirklich armen Haushalte innerhalb eines Landes. In absoluten Zahlen betrachtet leben sogar die meisten Kinderarbeiter in Ländern mit mittlerem Nationaleinkommen.

Neue Ansätze zur Bekämpfung des Problems sucht die internationale Gemeinschaft im kommenden Monat. Dann findet in Brasilien die Internationale Konferenz zu Kinderarbeit statt. mit dpa/AFP

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