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Neuer Eigner Magna: Harte Kritik an Opel-Verkauf

Die Vertreter der deutschen Politik in der Treuhand trugen die Entscheidung für Magna nicht mit. Beteiligte sagen: Opel ist noch nicht gerettet. Kritik gibt es auch von der Opposition.

Ausgerechnet zwei Vertreter Deutschlands trugen im Beirat der Opel-Treuhandgesellschaft einen Verkauf an Magna - den Favoriten der Bundesregierung - nicht mit. Der bei Conti als Sanierer bekannt gewordene Manager Manfred Wennemer stimmte dagegen, der Insolvenzexperte und FDP-Politiker Dirk Pfeil als Vertreter der Länder mit Opel-Standorten enthielt sich. Die Treuhandgesellschaft, bei der die Mehrheit der Opel-Anteile bis zur Unterzeichnung der Verträge mit dem Opel-Konsortium vorerst weiter liegt, billigte die Entscheidung letztlich nur dank der Zustimmung der zwei GM-Vertreter.

In seiner Begründung ließ es Wennemer an Deutlichkeit und scharfer Kritik nicht fehlen. Er bezweifelte, dass sich Opel am Markt durchsetzen und wettbewerbsfähig sein werde, sagte er. Mit 1,5 Millionen Autos produziere das neue Unternehmen im Jahr 2012/13 "viel zu wenig, um effizient zu sein". Die jetzt gefundene Lösung sei nicht tragfähig. Dirk Pfeil erklärte, er hätte einen Verkauf an den Finanzinvestor RHJ bevorzugt.

Auch die Opposition kritisierte den Verkauf von Opel. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle forderte die Bundesregierung zur Offenlegung sämtlicher Vorverhandlungsunterlagen auf. Die Arbeitsplätze seien überhaupt nicht gerettet. "Das ist in Wahrheit nichts anderes als eine Maßnahme zur Stärkung der eigenen Regierungsparteien bei der Bundestagswahl", sagte er im ZDF.

Renate Künast von den Grünen sprach von einer "angeblichen Rettung". Auch Gregor Gysi, der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, äußerte sich zurückhaltend. "Wir wissen nicht, ob das Ganze denn auch stattfindet." Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hingegen bezeichnete den Verkauf als "erfreuliches Signal".

Nach monatelangem Gezerre zwischen Deutschland und den USA hatte sich General Motors zum Verkauf von Opel an den kanadischen Zulieferer Magna bereit erklärt. Die Bundesregierung hatte sich für diese Lösung stark gemacht. Der österreichisch-kanadische Zulieferer und dessen russischer Partner Sberbank übernehmen 55 Prozent an Opel, GM behält 35 Prozent. Zehn Prozent soll die Belegschaft übernehmen. Magna und die Sberbank teilen sich die 55 Prozent je zur Hälfte.

In einigen Details sind sich die Parteien jedoch noch nicht einig. "Wir arbeiten mit Magna und Sberbank zusammen, um bis Ende November zu einem Abschluss zu kommen", sagte GM-Verhandlungsführer John Smith. Aus Regierungskreisen verlautete, dass die Bundesregierung keine neuen Zugeständnisse an GM machte, um den Verkauf an Magna zu erleichtern.

Opel sei noch nicht gerettet, sagte Fred Irwin, Vorsitzender des Treuhand-Beirats und Chef der amerikanischen Handelskammer in Deutschland. "Alle wissen, dass viel Arbeit vor uns liegt." Ähnlich äußerte sich Magna-Eigner Frank Stronach. In einem Interview mit der Boulevardzeitung Österreich dämpfte er die Erwartungen: "Opel hat schon lange keinen Profit mehr gemacht und die Wirtschaft ist zurzeit auch nicht so blühend. Es wird für alle Beteiligten ein harter Weg werden. Wir sind sicher erst am Anfang."

Der Autoexperte Wolfgang Meinig hält sogar eine Insolvenz von Opel in den nächsten Jahren für möglich. Meinig sagte im Bayerischen Rundfunk: "Das Thema Insolvenz wird uns in den nächsten Jahren jeden Tag, jede Woche begleiten."

Die IG Metall erwartet derweil harte Verhandlungen mit dem künftigen Mehrheitseigner. "Magna ist ein harter, kantiger Arbeitgeber angelsächsischer Prägung", sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksvorsitzende und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild. "Die holen jetzt sofort die Motorsäge raus." Die Verhandlungen sollten voraussichtlich bereits in der kommenden Woche aufgenommen werden. "Unsere Untergrenze ist der Flächentarifvertrag. Wir machen uns schließlich nicht selber Konkurrenz", sagte Schild.

Früheren Informationen zufolge will Magna rund 3000 der mehr als 25.000 Opel-Arbeitsplätze in Deutschland streichen, aber alle vier deutschen Standorte erhalten. Die Bundesregierung hatte in dem zehn Monate langen Poker zuletzt Unterstützung von 4,5 Milliarden Euro von einer Entscheidung für Magna abhängig gemacht. Magna will europaweit rund 10.500 Stellen bei Opel und der britischen Schwester Vauxhall streichen - das wäre jeder fünfte Arbeitsplatz.

Angaben aus Regierungskreisen zufolge entschied sich GM letztlich aus finanziellen Gründen für die Trennung von Opel. Eine Sanierung des deutschen Herstellers habe GM nicht stemmen können. Die US-Regierung habe nicht erlaubt, dass Geld aus den 50 Milliarden Dollar Staatshilfen in Europa verwendet würde.

Unterdessen hat Magna angekündigt, nach dem Kauf von Opel Interessenskonflikte mit seinen Kunden vermeiden zu wollen. "Sobald die Übernahme erfolgreich abgeschlossen ist, wird Magna angemessene 'Firewalls' errichten, um eine vollständige Trennung zwischen dem laufenden Autozuliefergeschäft und Opel zu garantieren, so dass vertrauliche Kundeninformationen umfassend geschützt bleiben", teilte Magna-Chef Frank Stronach am Freitag mit.

Der Magna-Kunde Volkswagen hatte vor kurzem angekündigt, bei der Vergabe von neuen Aufträgen genau zu prüfen, ob mit dem Zusammenschluss des Rüsselsheimer Autobauers und Magna Wettbewerbsnachteile für VW entstünden.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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