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Neuer Katalog: Bayern rettet Quelle vor der Pleite

Der Fürther Versandhändler Quelle vertraut auf seine Rettung in letzter Minute. Dafür sollen eine Bund-Länder-Garantie über 50 Millionen Euro und Bankenhilfen in dreistelliger Millionenhöhe sorgen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat bereits eine Beteiligung seines Landes an einer Bürgschaft in Höhe von rund 20 Millionen Euro zugesagt.

München - Der Fürther Versandhändler Quelle vertraut auf seine Rettung in letzter Minute. Dafür sollen eine Bund-Länder-Garantie über 50 Millionen Euro und Bankenhilfen in dreistelliger Millionenhöhe sorgen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat bereits eine Beteiligung seines Landes an einer Bürgschaft in Höhe von rund 20 Millionen Euro zugesagt. Vom Bund sollen weitere 25 Millionen Euro kommen, vom Land Sachsen fünf Millionen Euro. Das für den Bundesanteil zuständige Bundeswirtschaftsministerium zaudert noch.

Das Votum aus Bayern wertet der vorläufige Insolvenzverwalter der Quelle-Mutter Arcandor, Klaus Hubert Görg, allerdings als „politischen Durchbruch“, sagte dessen Sprecher. Mit der Staatsbürgschaft soll die Arcandor-eigene und für Quelle zuständige Finanzierungsbank Valovis wieder flott gemacht werden. Deren Geldstrom an den Versandhändler war im Zuge der Insolvenz versiegt. Weil Quelle-Kunden auf Raten kaufen, muss die Ware versandhandelsüblich vorfinanziert werden. Außerdem benötigt Quelle Geld, um den Druck des neuen Katalogs zu bezahlen.

Die Belegschaft ist optimistisch, obwohl die letzte Einigung der Politik noch aussteht. „Wir hatten Herzstillstand, jetzt hat der Pulsschlag wieder eingesetzt“, zeigte sich Quelle-Betriebsrätin Beate Ulonska erleichtert. „Super, es geht weiter“, meinte eine Beschäftigte, als sie beim Betreten der Fürther Firmenzentrale die Nachricht erfuhr. Nun gebe es wieder Hoffnung auf ein gutes Ende.

Dafür gebe es aber keine Garantie, warnte Seehofer. Quelle habe als insolvente Tochter des Pleitekonzerns Arcandor noch einen sehr schwierigen Weg vor sich. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium, das von CSU-Politiker Karl- Theodor zu Guttenberg geführt wird, seien hinsichtlich der Bundesbürgschaft „positive Signale“ gekommen, betonte ein Insider. Über die Staatshilfe hinaus seien aber zur Rettung von Quelle auch Banken gefragt, um die Quelle-Bank Valovis zu refinanzieren. Hier gehe es um eine Summe von 300 Millionen bis 350 Millionen Euro. Nur dann könne Quelle auch die Ware bestellen, die das Unternehmen im neuen Katalog anbietet. Der Katalog soll spätestens Anfang Juli ausgeliefert werden. Bislang laufe das Geschäft trotz Insolvenz „wie in Hochzeiten“, sagt Ulonska. Kunden würden unbeirrt bestellen. Mit der Auslieferung des Katalogs soll das auch so bleiben.

Am Unternehmenssitz in Fürth wiedersprechen zudem Management, Belegschaft und auch SPD-Oberbürgermeister Thomas Jung heftig Unkenrufen von Otto-Chef Hans-Otto Schrader, wonach Quelle nicht sanierungsfähig sei. Finanzkrise und Arcandor-Pleite hätten die laufende Sanierung zwar massiv gestört, räumen die Franken ein.

Diese sei ein Marathonlauf, bei dem der seit 80 Jahren existierende Traditionskonzern Quelle aber bei Kilometer 30 oder 40, also kurz vor dem Ziel steht, sagt Ulonska. Beim lange vernachlässigten Onlinehandel sei dem Versender hier zu Lande in Rekordzeit der Sprung von Rang sieben auf Rang drei der Branche gelungen. Konkurrent Otto wolle nur die Arcandor-Pleite für sich ausnutzen. Die Versandhandelsgruppe Primondo mit dem Flaggschiff Quelle sei aber funktionsfähig. Ohne Arcandor, im Falle einer insolvenzbedingten Zerschlagung des Gesamtkonzerns mit seinen Sparten Karstadt (Warenhäuser), Primondo (Versandhandel) und Touristik (Thomas Cook) wäre jedoch ein alternativer Investor nötig. Der könnte etwa die Post sein, sagte Oberbürgermeister Jung. „Ich würde mich sehr freuen, wenn sich die Post an Quelle beteiligt“, betonte er. Immerhin hingen dort 4000 Stellen vom Großkunden Quelle und dessen Paketen ab. Insgesamt stünden in der Region Nürnberg/Fürth rund 10 000 Stellen auf dem Spiel, je zur Hälfte bei Quelle und deren Zulieferern. Das Schlimmste wäre für Jung eine Zerschlagung der Arcandor-Versandhandelsgruppe Primondo, „wenn jemand nur die Quelle-Kundenkartei kauft und die Arbeitsplätze zurücklässt“. Für die Region wäre das schlimmer als die AEG-Pleite vor zwei Jahren und nur vergleichbar mit dem Aus von Grundig einige Jahre zuvor. Damals stieg die Arbeitslosenquote in Fürth auf knapp 15 Prozent. Heute liegt sie bei weniger als der Hälfte.

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