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Wirtschaft: Neuer Markt stürzt nach Mobilcom-Pleite ab

Die wachsende Kriegsgefahr belastet die Börsen /Positive US-Konjunkturzahlen helfen kaum

Berlin (hop/mot). Vor dem Wochenende gab es für viele Anleger kein Halten mehr. Die Kriegsangst und negative Unternehmensmeldungen drückten am Freitag die Stimmung an den Börsen zeitweise auf einen Tiefpunkt. Außerdem wirkten die Reden des US-Notenbankchefs Alan Greenspan und des US-Präsidenten vom Vortag nach. Greenspan hatte die amerikanische Regierung zu größerer Haushaltsdisziplin aufgefordert, während George W. Bush vor den Vereinten Nationen sein Ultimatum an den Irak verteidigte.

Erst am Freitagnachmittag hellte sich die Stimmung etwas auf, dank positiver US-Konjunkturzahlen. Die Einzelhandelsumsätze waren im August im Vergleich zum Vormonat um 0,8 Prozent gestiegen. Analysten hatten im Schnitt 0,3 Prozent erwartet. Die Erzeugerpreise waren in der gleichen Zeit unverändert geblieben. Prognostiziert worden war ein Anstieg um 0,2 Prozent.

Während sich der Dax bis zum Handelsschluss bei minus 1,8 Prozent oder 3361,28 Punkten einpendelte, kam es bei den Werten des Neuen Marktes zu einer scharfen Kurskorrektur. Der Nemax50 fiel zeitweise um mehr als fünf Prozent auf ein Allzeittief knapp über 400 Punkten. Am Schluss stand der Index bei 425,43 Punkten (minus 3,3 Prozent). Vor allem die Mobilcom-Aktie sorgte für Schlagzeilen. Nach dem Rückzug von France Télécom steht das Büdelsdorfer Unternehmen, ein Pionier des Neuen Marktes, vor dem Aus. Der Kurs rutschte um 37,8 Prozent auf nur noch 1,12 Euro ab. An der Pariser Börse brach die France Télécom-Aktie zeitweilig um mehr als zehn Prozent ein.

„Mobilcom war ein Flaggschiff des Neuen Marktes, eines der am höchsten kapitalisierten Unternehmen“, sagte Norbert Kretlow, Analyst bei Independent Research. Doch der Absturz des einstigen Schwergewichts sei abzusehen gewesen. Die Vertrauenskrise, die das Marktsegment seit mehr als zwei Jahren belaste, habe auch ohne Mobilcom eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt. „Je weiter die Kurse abrutschen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die großen Investoren zurückziehen.“ Fondsmanager stünden unter Rechtfertigungsdruck, wenn sie noch am Neuen Markt investierten.

Für die Börsen insgesamt ist Kretlow eher pessimistisch. Im negativsten Szenario hätten vor allem die US-Märkte – Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 – im Vergleich zu Dax und Nemax noch „Abwärtspotenzial“. „Nach einer 20-jährigen Mega-Hausse, wie wir sie bis Anfang 2000 erlebt haben, ist eine langjährige Abwärtsbewegung denkbar“, sagt der Analyst. Eine Kurskorrektur von 40 oder 50 Prozent nach unten bei den US-Indizes sei im Krisen-Szenario noch nicht das Ende.

Auch Volker Nitsch, Konjunkturanalyst der Bankgesellschaft Berlin, ist eher skeptisch. Die Börse spiegele zwar seit Monaten nicht mehr die konjunkturelle Lage wider. Die sei „weitgehend auskömmlich“. Kein Indikator deute darauf hin, dass die Wirtschaft wieder in eine Rezession steuere – weder in den USA noch in Europa. Vielmehr sei in den USA sogar ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent durchaus möglich. Also dürften auch die Börsen nicht so schwach sein wie zurzeit. Unter normalen Umständen würden sich die Märkte nach einiger Zeit auch wieder an die konjunkturelle Situation anpassen. Doch der große Unsicherheitsfaktor sei ein möglicher Angriff auf den Irak. „Wenn der Krieg kommt, dann geht es weiter nach unten“, sagt Nitsch. Das Problem sei, dass sich die Folgewirkungen noch nicht abschätzen lassen. Vor allem vor einem wesentlich höheren Ölpreis, der sogar auf 40 Euro steigen könne, gebe es Angst. „Das wäre ein großes konjunkturelles Problem“, sagt Nitsch.

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