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Neuer Unternehmenschef: Für Otto endet eine Ära

Führungswechsel sind beim Hamburger Weltkonzern Otto ein höchst seltenes Ereignis. Erst einmal führte bisher ein familienfremder Manager das Traditionsunternehmen - ab Oktober nimmt Hans-Otto Schrader auf dem Chefsessel Platz.

Hamburg - Hans-Otto Schrader ist erst der vierte Otto-Chef in der mehr als 50-jährigen Unternehmensgeschichte. Schon einmal hat ein familienfremder Manager das Unternehmen geführt: Zwischen dem Unternehmensgründer Werner Otto und seinem ältesten Sohn Michael stand von 1966 bis 1981 Günter Nawrath an der Spitze des Unternehmens. Werner Otto, der heute 97-jährig in Berlin lebt, hatte sich nach einem Herzinfarkt anderen unternehmerischen Aktivitäten zugewandt. In Nawraths Amtszeit schaffte der damalige Otto Versand die erste Umsatzmilliarde (in D-Mark).

Diese Geschichte wiederholt sich jetzt. Der Hauptgesellschafter Michael Otto hat zwei Kinder. Tochter Janina engagiert sich sozial und arbeitete eine Zeit lang als Entwicklungshelferin in Afrika; sie strebt nicht in die Firma. Sohn Benjamin ist 31 Jahre alt und hat in Berlin ein erfolgreiches Unternehmen gegründet. Seine Firma "Intelligent House Solutions" plant und gestaltet gewerbliche und private Räume und rüstet sie mit modernster Elektronik aus. Das Unternehmen des Otto-Sohnes floriert und beschäftigt bereits 28 Mitarbeiter.

"Ich werde ein aktiver Vorsitzender sein"

Benjamin Otto macht es ähnlich wie sein Vater Michael, der sich als Student selbstständig machte. Das "Unternehmer-Gen", das einst die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" bei der gesamten Familie feststellte, ist damit in die dritte Generation weitergegeben. "Benjamin möchte in unser Unternehmen kommen und das freut mich", sagt Michael Otto. Der Zeitpunkt ist jedoch völlig offen. Sollte Benjamin Otto in dem Konzern arbeiten, so würde er mehrere Jahre Erfahrungen in verschiedenen Bereichen sammeln, ehe er an die Konzernspitze rückte.

Somit können sich Schrader und sein Vize Rainer Hillebrand auf eine lange Amtszeit einrichten. Sie treten in große Fußstapfen, denn Michael Otto hat in den zweieinhalb Jahrzehnten an der Konzernspitze Otto in völlig neue Dimensionen geführt und von einem Mittelständler zu einem Weltkonzern geformt. Künftig will er als Vorsitzender des Aufsichtsrats weniger als die Hälfte seiner Arbeitszeit mit dem Unternehmen verbringen. "Ich werde ein aktiver Vorsitzender sein", sagt Otto. "Das bringt schon die Rolle des Hauptgesellschafters mit sich." Aus dem operativen Geschäft will er sich heraushalten, aber eine Schlüsselfigur für das Unternehmen bleibt er.

Ungewöhnliche Unternehmerfigur

Mit Michael Otto verlässt eine ungewöhnliche Unternehmerfigur die Kommandobrücke. Manche seiner Manager-Kollegen belächelten in den siebziger Jahren den jungen Erben aus Hamburg, der über unternehmerische Verantwortung dozierte und wenig später den Umweltschutz als Unternehmensziel festschrieb. "Ein Produkt ist nicht schon dann qualitativ hochwertig, wenn es besonders haltbar, gut verarbeitet und schön anzusehen ist", lautet sein Credo. "Die Qualität stimmt erst, wenn bei seiner Herstellung so wenig negative Auswirkungen wie nur möglich auf Mensch und Umwelt entstanden sind." Wer Otto beliefern will, muss soziale und ökologische Standards umsetzen. Heute ist "cr" - corporate responsibility - ein feststehender Begriff im Manager-Kauderwelsch und viele Großunternehmen geben sich ethische Richtlinien. (Von Eckart Gienke, dpa)

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