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Wirtschaft: Noch immer nahe am Abgrund

Den Großbanken fehlt Kapital für den Krisenfall: Weltweit klafft eine Lücke von 115 Milliarden Euro.

Berlin/Frankfurt am Main - Die hundert weltgrößten Banken sind noch immer nicht ausreichend für eine mögliche neue Finanzkrise gerüstet. Fünf Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers liege die Kapitallücke der Institute noch bei 115 Milliarden Euro, ergab am Mittwoch eine Untersuchung des sogenannten Baseler Ausschusses, in dem die internationalen Banken-Regulierungsbehörden zusammengeschlossen sind. Die Lücke werde allerdings kleiner, hieß es.

Um die Banken widerstandsfähiger zu machen, beschloss der Ausschuss unter anderem eine Kernkapitalquote von sieben Prozent für die Institute, die spätestens bis 2019 umgesetzt sein soll. Diese Quote bezeichnet das Verhältnis der Rücklagen einer Bank zu ihren ausgereichten Krediten. Dahinter steht das Ziel, dass gerade die international relevanten Banken bei Krisen nicht sofort auf die Hilfe der Steuerzahler angewiesen sein sollen. Stärkere Puffer sollen im Krisenfall Verluste absorbieren und den Kollaps eines Bankhauses mit möglicherweise globalen Folgen, also einen zweiten Fall Lehman, verhindern. Die Behörden fordern von den Instituten in Zukunft etwa dreimal so viel Eigenkapital wie bislang, von global agierenden und für die Stabilität des Weltfinanzsystems wichtigen Instituten noch mehr.

Die Banken arbeiten derzeit daran, ihre Kernkapitalquoten zu erhöhen, etwa indem sie mit Gewinnen ihr Eigenkapital stärken und Risiken aus ihren Bilanzen tilgen. Damit sind sie offenbar erfolgreich: Die Finanzlücke der Banken sei Ende 2012 bereits um 83 Milliarden Euro niedriger gewesen als sechs Monate zuvor, erklärten die Experten weiter. Sie überwachen halbjährlich den Fortschritt der Kreditbranche. Die rechnerische Kapitallücke der 42 größten Banken in der Europäischen Union betrug Ende 2012 nach Angaben der Londoner Bankenaufsichtsbehörde EBA etwas mehr als 70 Milliarden Euro – das ist der größere Teil der globalen Finanzlücke von 115 Milliarden Euro. Bei der Berechnung des Kapitalbedarfs gehen die Aufseher davon aus, dass die neuen Regeln bereits gelten würden.

Die deutschen Banken stehen dabei recht gut da. Die Institute hätten ihr Kernkapital gestärkt und erfüllten bereits Ende vergangenen Jahres die Eigenkapitalregeln „Basel III“, teilte die Bundesbank mit. Das heißt allerdings nicht, dass alle Großbanken die Vorgaben bereits erfüllen. Die größten international tätigen deutschen Institute haben noch einen Kapitalbedarf von 14 Milliarden Euro. Das sind immerhin 16 Milliarden Euro weniger als sechs Monate zuvor. Die Namen der Institute nannte die Bundesbank nicht. Die größten deutschen Geschäftsbanken sind die Deutsche Bank und die Commerzbank.

Die 35 übrigen kleineren deutschen Banken lagen den Aufsehern zufolge mit 8,9 Prozent im Mittel bereits deutlich über den Zielvorgaben. Um den künftig geltenden Regeln für die Liquiditätsausstattung zu genügen, benötigen alle überprüften deutschen Banken zusammen noch zusätzlich liquide Mittel in Höhe von 35 Milliarden Euro. mit rtr/dpa

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