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Wirtschaft: Notenbank dämpft Hoffnung auf weitere Zinssenkungen

EZB-Chef Duisenberg: Auf absehbare Zeit kein Bedarf / EU-Kommission präsentiert trübe Konjunkturprognosen

Frankfurt (Main) (ddp/hej/elr/HB). Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen für die Eurozone nicht verändert. Der Hauptrefinanzierungssatz bleibe bei zwei Prozent, teilte die Notenbank am Donnerstag nach der Ratssitzung in Frankfurt (Main) mit. Vor dem Hintergrund eines insgesamt günstigen Inflationsausblicks habe die Notenbank entschieden, die Leitzinsen unverändert zu lassen, sagte EZBPräsident Wim Duisenberg. Er verwies darauf, dass die Leitzinsen sowohl nominal als auch real auf historischen Tiefständen seien.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die Zinsen stabil zu halten, kritisiert. „Ich hätte mir eine weitere Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt gewünscht“, sagte der Konjunkturchef des Berliner Instituts, Gustav Horn, dem Tagesspiegel. In Deutschland sieht Horn trotz der leicht steigenden Preise die Gefahr einer Deflation (siehe Bericht unten). Um diese zu bekämpfen, müssten die Zinsen weiter sinken. Da Zinssenkungen erst nach einem Vorlauf von einem Jahr bei Unternehmen und Verbrauchern ankommen, müsste die Europäische Zentralbank jetzt handeln, forderte Horn: „Wir hatten mit einem zweiten Schritt gerechnet.“ Die meisten Volkswirte hatten jedoch keine Zinsänderung erwartet, da die EZB zuletzt im Juni den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf zwei Prozent gesenkt hatte.

Duisenberg machte am Donnerstag auch wenig Hoffnungen auf weitere Zinsschritte. Die EZB geht weiter von einer langsamen Konjunkturerholung in der Euro-Zone aus und sieht daher auf absehbare Zeit keinen Bedarf für neuerliche Zinssenkungen. Die Geldpolitik sei derzeit mit Blick auf die Aussichten für die Preisstabilität angemessen, sagte Duisenberg. „Ich kann nicht vorhersagen, wie lange wir auf diesem Kurs bleiben, aber ich würde erwarten, dass es für einen beträchtlichen Zeitraum gilt“, sagte er. Zudem teilte er mit, dass sein Nachfolger Jean-Claude Trichet frühestens am 1. November das Amt des EZB-Chefs übernehmen werde. Das sei der „erste mögliche Termin“.

0,7 Prozent Wachstum in Euro-Zone

Mit seiner Konkunkturprognose liegt Duisenberg auf einer Linie mit der EU-Kommission. Auch Brüssel sieht die Wachstumsaussichten trübe – auch wenn das erste Quartal etwas besser gelaufen ist als bisher geschätzt. Nach neuen Berechnungen der Statistikbehörde Eurostat ist das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen und hat nicht, wie bisher vermutet, nur stagniert. Schon vom dritten auf das vierte Quartal 2002 hatte die Wachstumsrate in der EU bei 0,1 Prozent gelegen.

Mit einer kräftigen Belebung ist auch in Zukunft nicht zu rechnen, warnt die EU-Kommission. Im zweiten und dritten Quartal dieses Jahres rechnet Brüssel bestenfalls mit einem BIP-Anstieg von jeweils 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Damit bestätigte die Kommission ihre Juni-Prognose. Die Kommission ließ durchblicken, dass sie im November ihre Wachstumsprognose für das Gesamtjahr nach unten revidieren wird – voraussichtlich auf 0,7 Prozent von bisher einem Prozent.

Der Hemmschuh für eine stärkere Dynamik ist Deutschland, dessen BIP 30 Prozent der Wirtschaftsleistung der Euro-Zone ausmacht. Das Schrumpfen des deutschen BIP um 0,2 Prozent im ersten Quartal wiegt deshalb schwerer als das Minus von 1,3 Prozent in Finnland , das nicht einmal einmal zwei Prozent zum BIP der Euro-Zone beiträgt.

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