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Wirtschaft: Nur ein kurzes Aufatmen an den Börsen

Entspannung im Irak-Konflikt löst keine Euphorie aus – neuer Konjunkturpessimismus drückt die Stimmung

Berlin (mot/dpa). Die Entspannung im Irak-Konflikt hat die Aktienkurse am Dienstag kurzfristig weltweit in die Höhe getrieben. Gleichzeitig gaben die Preise für Öl und Gold deutlich nach. An den Devisenmärkten baute der Dollar seine Gewinne zu Euro und Yen weiter aus.

Doch bereits gegen Mittag rutsche das deutsche Börsenbarometer Dax unter dem Druck unerwartet schwacher US-Konjunkturdaten wieder ins Minus. Der US-Notenbank zufolge sank die Industrieproduktion in den USA im August im Monatsvergleich um 0,3 Prozent. Experten hatten ein Plus von 0,2 Prozent erwartet. Gleichzeitig blieb die Kapazitätsauslastung mit 76,0 Prozent einen Basispunkt unter den Vorhersagen. Angesichts dieser Zahlen wachse die Sorge vor einem „Double Dip“, dem erneuten Abrutschen in eine Rezession, sagten Händler.

IWF sieht Risiken

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte am Abend. Der Aufschwung der Weltwirtschaft werde von Risiken und Unsicherheiten überschattet. IWF-Direktor Horst Köhler rief die Industrieländer im IWF-Jahresbericht auf, den Wirtschaft anzukurbeln und ihre Märkte für den Handel weiter zu öffnen. „Die globale Wirtschaft wächst, aber offensichtlich langsamer als zunächst angenommen“, sagte Köhlers Stellvertreterin Anne Krueger bei Vorstellung des IWF-Jahresberichts am Dienstag in Washington.

Der Dax notierte zum Börsenschluss bei 3289,13 – das waren 0,9 Prozent weniger als am Montag. Am Neuen Markt verpufften die anfänglichen Gewinne. Nach einem freundlichen Handelsauftakt schloss der Nemax50 um 0,6 Prozent niedriger bei 419 Zählern.

Auch der Handel an der Wall Street und der US-Technologiebörse Nasdaq stand unter keinen guten Vorzeichen. Zwar kletterte der Dow Jones Index kurz nach der Eröffnung zunächst um um 1,2 Prozent, der Nasdaq-Index legte um 1,7 Prozent. Dann aber belasteten schlechte Unternehmensnachrichten. McDonalds und die Supermarktkette Kroger hatten ihre Gewinnprognosen gesenkt. Die Aktien beider Firmen brachen um jeweils rund zehn Prozent ein. Aus Marktkreisen wurde zudem bekannt, dass die Investmentbank UBS Warburg ihre Gewinnprognosen für Oracle gesenkt habe. Gegen 21 Uhr 30 notierte der Dow Jones bei 8242,71 Punkten, ein Minus von 1,6 Prozent. Der Nasdaq Index kletterte um 0,27 Prozent auf1279,37 Punkte.

Am Öl-Markt entspannte sich die Lage am Dienstag. An den internationalen Märkten fiel der Preis je Barrel (159 Liter) um rund einen Dollar auf 27,50 Dollar. Doch von einer nachhaltigen Entwicklung wollten Beobachter auch hier nicht sprechen. „Es ist keineswegs ausgemacht, dass wir die höchsten Ölpreise schon gesehen haben“, sagte Klaus Matthies vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA). „Man kann sich auf Saddams Zusagen nicht verlassen“, sagte Matthies. Der HWWA-Experte hält es für möglich, dass der Rohöl-Preis im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Irak auf 40 Dollar je Barrel steigen könnte. Preistreibend könnte sich auch der bevorstehende Winter auswirken. Angesichts der zum Teil aufgebrauchten Vorräte in den Industrieländern könnte die steigende Nachfrage für einen Preisschub sorgen. Die zunächst erleichterten Anleger könnten sich also schon bald wieder der ökonomischen Realität zuwenden.

Die Risiken für die Konjunktur sind auch in Deutschland gewachsen. Nach der September-Umfrage des Mannheimer Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bei 300 Analysten und institutionellen Investoren ist der Pessimismus immer noch groß. „Von dem erhofften Konjunkturaufschwung im kommenden Jahr ist noch nichts zu sehen, vielmehr ist die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Konjunkturabschwächung gestiegen“, sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz. Das ZEW lieferte die erste Stimmungsumfrage für den September. Nachdem der ermittelte Index bereits im August massiv um 20 auf 43,4 Punkte eingebrochen war, rutschte das Barometer im laufenden Monat weiter auf 39,5 Punkte. Dies war zwar weniger als Analysten erwartet hatten. Von einer Trendwende kann aber nicht gesprochen werden.

Nachfrage nach Gold sinkt

Das in Krisenzeiten stets gesuchte Anlageobjekt Gold verbilligte sich am Dienstag zunächst deutlich. Im europäischen Edelmetall-Handel fiel der Preis für eine Feinunze zwischenzeitlich um vier Dollar auf 312,80 Dollar, und damit auf den niedrigsten Stand seit dem 4. September, schloss dann aber in London nahezu unverändert bei 316,40 Dollar. Insgesamt ist die Nachfrage nach Gold allerdings gesunken. Im zweiten Quartal 2002 sank sie um 14 Prozent auf 729 Tonnen. Das World Gold Council führt den Rückgang auf die sinkende Nachfrage nach Gold für industrielle Zwecke und nach Schmuck zurück.

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