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Öffentlicher Dienst: Mindestens 200 Euro mehr

Die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst stellen sich auf eine harte Tarifrunde ein, nach Ostern könnte es Streiks geben. Sie fordern acht Prozent Lohnerhöhung. Innenminister Schäuble hat dafür kein Verständnis.

Berlin –  „Wir gehen auf eine komplexe, spannungsreiche und unterhaltsame Tarifrunde zu“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske am Mittwoch in Berlin. Bsirske erläuterte erstmals gemeinsam mit Peter Heesen, dem Präsidenten des Beamtenbundes, die Tarifforderung, die zuvor von den zuständigen Gremien der Gewerkschaften beschlossen worden war. Für die 2,1 Millionen Tarifbeschäftigten bei Bund und Kommunen wird eine Einkommenserhöhung um acht Prozent beziehungsweise mindestens 200 Euro gefordert. In der 111-köpfigen Bundestarifkommission von Verdi habe es „einen ausgeprägten Wunsch nach einer sozialen Komponente gegeben“, erläuterte Bsirske die 200-Euro-Forderung.

Im kommunalen Bereich würden rund drei Viertel der Beschäftigten so wenig verdienen, dass sie Anspruch auf die 200 Euro hätten. Wie viel eine achtprozentige Erhöhung respektive ein Zuschlag von 200 Euro genau kostet, konnten die Gewerkschaften nicht sagen. Allein für die Kommunen kostet aber ein Prozentpunkt nach Verdi-Berechnungen rund 410 Millionen Euro. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) wies denn auch prompt die Forderung als nicht umsetzbar zurück. Und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vermisste „Augenmaß“ bei den Gewerkschaften und sah die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gefährdet.

Am 10. Januar beginnen die Verhandlungen in Potsdam, bis Anfang März sind bislang Verhandlungstermine vereinbart. Wenn es bis Ostern (22. März) keine Einigung gibt, wird allgemein mit einem Arbeitskampf gerechnet.

„Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben Jahr um Jahr Kaufkraft verloren“, begründete Bsirske die Forderung. In den letzten acht Jahren sei der öffentliche Dienst sieben Mal unter der gesamtwirtschaftlichen Lohnsteigerung geblieben. In diversen Berufen gäbe es ein erhebliches Missverhältnis zwischen Bezahlung und Verantwortung, meinte der Verdi-Chef und führte einige Beispiele an: Das Anfangsgehalt eines Busfahrers liege bei 1725 Euro brutto; eine Erzieherin bekomme 1764 Euro und eine Krankenschwester 1850 Euro. Auch weil der Preisanstieg diese schlecht bezahlten Beschäftigtengruppen „besonders hart trifft“, fordern die Gewerkschaften eine Mindesterhöhung der Gehälter um 200 Euro im Monat.

Nach Einschätzung des Verdi-Vorsitzenden hat sich das Klima im Lande gewandelt. „Die Menschen haben die Nase voll davon, dass die Managergehälter explodieren und auf der anderen Seite für fünf Euro die Stunde gearbeitet wird“, sagte Bsirske und erhofft sich aus dem Stimmungswandel Rückenwind für die Tarifverhandlungen. Das Argument der Arbeitgeber, die öffentlichen Kassen seien noch immer leer, wiesen Bsirske und Heesen zurück. Der Beamtenpräsident wies auf einen ständigen Rückgang des Personalkostenanteils hin, beim Bund liege der inzwischen unter zehn Prozent, bei den Kommunen bei 25 Prozent. Bsirske warf der öffentlichen Hand ein „systematisch organisiertes Vollzugsdefizit bei der Besteuerung von Unternehmen“ vor: In den Finanzverwaltungen seien 6000 Stellen nicht besetzt. Da jeder Betriebsprüfer rund eine Million Euro im Jahr einbringe, verzichte der Staat so auf Einnahmen von bis zu sechs Milliarden Euro, meinte der Verdi-Chef.

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