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Ökostrom: Deutsche Flaute auf dem Windradmarkt

Der heimische Markt für Windräder stagniert. Jetzt hofft die Branche wieder auf die Politik. Vor allem Angela Merkel hat ihr politisches Schicksal eng an den Erfolg der Ökostrombranche geknüpft.

Bisher hat die Wirtschaftskrise die Vertreter der Ökostrombranchen nicht davon abgehalten, oft und laut zu feiern – meist sich selbst, aber auch Politiker, denen dieser staatlich gepäppelte Wirtschaftszweig sein Wachstum verdankt. Ausgesprochen herzlich dürfte es auch am heutigen Mittwoch zugehen, wenn der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) seine Bilanz 2008 vorstellt und am Abend in ein großes Hotel an der Berliner Friedrichstraße zum Neujahrsempfang lädt. Gastrednerin diesmal: Angela Merkel.

Die Kanzlerin hat quasi ihr politisches Schicksal an den Erfolg dieser Branchen und das Erreichen ihrer Klimaschutzziele geknüpft, indem sie die Novelle des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) im vergangenen Sommer gegen starke Widerstände aus ihrer Partei durchsetzte. Doch jetzt erlebt zumindest die Windindustrie, die Etablierteste unter den Erneuerbaren, eine Flaute – ausgerechnet auf dem Heimatmarkt.

Während deutsche Hersteller von Windkraftanlagen im Ausland 2008 Zuwachsraten von bis zu 30 Prozent erzielten, stagnierte das Deutschland-Geschäft. Hier wurden im vergangenen Jahr Windräder mit einer Gesamtleitung von 1665 Megawatt neu installiert, was fast exakt auf dem Niveau des Vorjahres lag. Mit 866 sank die Zahl der neu aufgestellten Windräder um 17. Die Branche ist beim Wachstum auf dem Niveau der späten 90er-Jahre angelangt, wie aus neuesten Zahlen des Deutschen Windenergie-Instituts hervorgeht. Insgesamt drehten sich in Deutschland Ende Dezember 20.301 Windräder mit einer Gesamtleistung von 23.902 Megawatt.

Die Zahlen sind ernüchternd

Hermann Albers, Präsident des Windenergieverbandes BWE, sprach bei der Vorstellung dieser Daten am Dienstag von „soliden Werten in einem schwierigen Umfeld“. Was für die meisten Branchen in Krisenzeiten beruhigend klingt, scheint gemessen an den eigenen Ansprüchen der Branche und den Auslandszahlen eher ernüchternd. Allein der US-Markt wuchs 2008 zum vierten Mal in Folge. Die endgültigen Zahlen für die Staaten liegen noch nicht vor, aber die Amerikaner sollen 2008, also während der Amtszeit des klimapolitisch anspruchslosen Präsidenten George W. Bush, Windräder mit 8000 bis 9000 Megawatt Gesamtleistung installiert haben, nach 5244 Megawatt im Vorjahr.

In Deutschland müssten jedes Jahr neue Windräder mit einer Leistung von 3500 Megawatt aufgestellt werden, damit Merkels Regierung ihre selbstgesteckten Klimaschutzziele bis zum Jahr 2020 erfüllen kann. Dieser Wert wurde selbst im Rekordjahr 2002 nicht erreicht (siehe Grafik). Und nun sind es also noch nicht mal halb so viele.

Vielleicht findet sich doch wieder ein guter Grund zu feiern

Im vergangenen Jahr hörte man vom Windenergieverband immer wieder zwei magische Worte, die der Branche auch in Deutschland neuen Schwung geben sollen: „Repowering“, also das Ersetzen alter Windräder durch stärkere Anlagen, und „Offshore-Windparks“ vor der Küste. Tatsächlich wurden 2008 nur 1,5 Prozent der Anlagen erneuert. Und Windräder auf See trugen nur 0,3 Prozent zum gesamten Windstrom bei. Sogar das verhältnismäßig kleine Prestigeprojekt der Industrie, der Windpark „Alpha Ventus“ vor der Insel Borkum, wurde immer wieder verschoben. Das Wetter war zu schlecht, die technischen Probleme seien groß, hieß es am Dienstag.

Im Dezember sprachen Windbranchenvertreter bei den zuständigen Bundesministerien für Wirtschaft und für Umwelt vor. Sie erreichten, dass die staatliche KfW-Bankengruppe ihre Kriterien für die Projektfinanzierung deutlich lockert. Bei Gesprächen in der kommenden Woche soll es nun darum gehen, dass der Staat auch Auslandsprojekte besser mit Hermes-Bürgschaften absichert und Bonitätsprüfungen erleichtert. Wenn auch das gelingt, hat die Ökostrombranche wieder einen sehr guten Grund zu feiern. 

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