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Wirtschaft: Oetker denkt über Abwanderung nach

Der Chef des Mischkonzerns, August Oetker, kritisiert die Haltung der Bundesregierung zu Familienunternehmen

Düsseldorf (beu/bz/dih/ire/HB) Die OetkerGruppe denkt darüber nach, ihren Firmensitz ins Ausland zu verlegen. Der Eigentümer und persönlich haftende Gesellschafter der Oetker-Gruppe, August Oetker, sagte dem Düsseldorfer Handelsblatt: „Darüber denken wir in jedem Geschäftsjahr nach.“ Die Strategie des Unternehmens laute zwar, dass man in Deutschland bleiben wolle und sich nicht von kurzfristigen Standortvor- oder -nachteilen leiten lassen werde. „Dennoch tut es weh, wenn man darüber nachdenkt, dass es - vielleicht eines nicht allzu fernen Tages - heißen muss: Wir ziehen weg aus Deutschland.“

Oetker kritisierte die Haltung der Bundesregierung zu Familienunternehmen scharf: Im Bundesfinanzministerium behandle man Familienunternehmer so, als seien die ausschließlich damit beschäftigt, ihr Unternehmen für sich arbeiten zu lassen und das Geld zu verprassen. Familienunternehmer genössen in der Politik weder Wertschätzung noch Interesse: „Zur Zielgruppe der deutschen Politik zählt nur, wer viele Wählerstimmen auf sich vereinigt,“ sagte Oetker.

Oetker, der beim Bielefelder Markenartikelkonzern 1981 die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte, sagte, dass das Unternehmen zurzeit „nicht über zusätzliche Geschäftsfelder nachdenkt“. Allerdings sei das Unternehmen daran interessiert, die bestehenden Geschäftsfelder auszuweiten.

Das Unternehmen ist neben dem Nahrungsmittelgeschäft, in dem es beispielsweise mit den Marken Dr. Oetker oder der Tiefkühllinie Ristorante präsent ist, sehr breit aufgestellt: Es betreibt Luxushotels, eine Bank und eine Versicherungsgruppe, eine Schifffahrtslinie, Brauereien, Wein- und Sektkellereien.

„Im Inland tun wir nicht mehr als notwendig. Wir sind aber ständig auf der Pirsch und können uns in der Schifffahrt Zukäufe auf dem Weltmarkt vorstellen. Bei Lebensmitteln wollen wir unsere Marktposition in Zentraleuropa ausbauen.“ Auf dem deutschen Biermarkt, den Oetker (Binding, Clausthaler, Radeberger) immer noch für regional geprägt hält, „ denken wir an den Aufbau eines nationalen Markenbuketts unter dem Dach unserer neu formierten Radeberger- Gruppe.“ Hier könne sich das Unternehmen auch vorstellen, noch dazuzukaufen. Die geplanten Firmenkäufe beruhten allerdings auf einer langfristigen Planung. Auch wenn derzeit die Preise für Unternehmen im Keller seien, sei Oetker deshalb noch lange nicht in Schnäppchenstimmung: „Wir haben seit vielen Jahren ein Liste von Unternehmen, die wir gern übernehmen würden. Diese Unternehmen würden wir unabhängig davon kaufen, ob sie besonders teuer sind oder nicht. Mondpreise würden wir selbstverständlich nicht bezahlen. “

Oetker betonte, dass das Unternehmen weiter an seinem eigenen Bankhaus festhalten werde. „Warum sollten wir profitable Geschäftsfelder aufgeben? Außerdem misst sich unser Bankhaus Lampe nicht mit einer Universalbank oder einer Investmentbank wie Goldman Sachs.“

Oetker sagte, dass das Unternehmen auch in der kommenden Generation in der Familie bleiben und von einem Familienmitglied geführt werden solle, allerdings nicht um jeden Preis: „Wir haben in der Unternehmensverfassung die Nachfolge geregelt in dem Bewusstsein, dass alles, was wir heute denken, auch falsch sein kann. So muss die nächste Generation die Möglichkeit erhalten, es ganz anders zu machen. Dabei gibt es keine Tabufragen. Das schließt auch die Frage nach dem Bestand als Familienunternehmen ein.“ Oetker sagte, dass er es auch für denkbar halte, dass ein Familienfremder das Unternehmen führte: „Vorstellbar wäre es, aber es ist unwahrscheinlich. Wir haben eine breite Generation von Nachfolgern.“

Er halte es für richtig und natürlich, dass es bei der Übergabe von Familienunternehmen an die nächste Generation zu Spannungen komme: „Einen Generationskonflikt kann man nicht vermeiden. Der richtige Nachfolger muss sich halt durchsetzen.“ Bei Oetker werde dieser Konflikt aber entschärft, weil die Unternehmensverfassung dafür klare Spielregeln formuliere: „Unter anderem haben wir Altersgrenzen: 65 Jahre für das operative Geschäft, im Beirat kann man bis zum 70sten Lebensjahr tätig sein. Und diese Unternehmensverfassung sieht rigide Strafen für denjenigen vor, der sich nicht an die Regeln hält.“

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