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Eigentlich gibt es nichts, was man inzwischen nicht über das Internet kaufen kann. Allein das Bezahlen ist für viele noch immer eine Hürde.

© dpa

Online bezahlen: Mehr Auswahl beim Überweisen

Das Kartellamt will für mehr Konkurrenz bei Zahlungen im Internet sorgen. Die Kreditwirtschaft kämpft verbissen gegen neue Bezahlsysteme.

Suli02 hat ein Problem. „Mir wurde Sofortüberweisung.de für schnelle Zahlungen empfohlen“, schreibt der Nutzer eines Ratgeberforums im Internet. „Aber kann ich das wirklich unbedenklich nutzen?“

Eine Frage, die viele umtreibt. Denn wer im Netz Waren bestellt oder Flüge bucht, muss sich entscheiden, wie er bezahlen will. Neben der Kreditkarte, der Lastschrift oder dem Paypal-Verfahren taucht immer häufiger eine vierte Variante auf, die Online-Überweisung. Die hat für Händler und Kunden einen Vorteil: Der Verkäufer erfährt in Sekundenschnelle, ob der Käufer wirklich zahlt und kann seine Ware daher bereits unmittelbar nach der Bestellung abschicken.

Inzwischen ist ein heftiger Kampf unter den verschiedenen Anbietern entbrannt. Denn das offizielle Bezahlsystem der deutschen Kreditwirtschaft, Giropay, hat Konkurrenz bekommen: Sofortüberweisung heißt der Dienst, der der Kreditwirtschaft zunehmend Kunden abjagt. Mit mehr als 26 000 E-Commerce-Unternehmen arbeitet die Sofort AG, die hinter dem Dienst steht, bereits zusammen, darunter Media-Markt, C & A, Siemens und Rossmann. Bei den Online-Direktüberweisungen ist die Sofort AG nach eigenen Angaben inzwischen Marktführer – vor Giropay und dem Bezahldienst der Telekom (Telekom Online Überweisung).

Das mag zum einen an den vergleichsweise günstigen Gebühren liegen, die der Händler zu tragen hat, zum anderen ist die Online-Überweisung auch für Kunden oft die billigste Zahlmethode. Wer etwa Inlandsflüge bei der Lufthansa bucht, kommt so um den Fünf-Euro-Aufschlag herum, der für die Zahlung per Kreditkarte oder Paypal erhoben wird. Und: „Bei vielen Händlern wird das Bestellen der Ware, die mit Sofortüberweisung bezahlt wird, für den Endkunden versandkostenfrei angeboten“, sagte Sofort-Chef Gerrit Seidel dem Tagesspiegel.

Dennoch scheuen viele Verbraucher davor zurück, im Internet die Sofortüberweisung als Zahlmethode anzuklicken. Der Grund: Beim Bezahlen muss man wie beim Online-Banking seine PIN- und TAN-Nummern eingeben. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute verbieten aber den Bankkunden, die Geheimzahlen außerhalb der offiziellen Online-Banking-Seiten zu verwenden. Verstößt ein Kunde dagegen, verletzt er seine Sorgfaltspflicht. „Wenn es später irgendwelche Unregelmäßigkeiten mit dem Konto gibt, bleibt der Kunde auf dem Schaden sitzen“, warnt Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern. Die Deutsche Kreditwirtschaft rechtfertigt ihre Linie: „Grund ist, dass mit dem Schlüssel (PIN) die sensiblen Kontoführungsdaten eingesehen und mit dem Unterschriftenersatz (TAN) Überweisungen an beliebige Empfängerkonten im In- und Ausland getätigt werden können“, teilte Sprecherin Michaela Roth mit.

Die Sofort AG verweist auf ihre hohen Sicherheitsstandards, bei denen PIN und TAN doppelt verschlüsselt würden. Zudem seien die Geheimzahlen zu keinem Zeitpunkt für Händler, Mitarbeiter oder Dritte sichtbar und würden auch nicht gespeichert. „Seit der Einführung von Sofortüberweisung im Jahr 2005 ist es bei mehr als 50 Millionen Transaktionen bislang zu keinem einzigen PIN/TAN-Betrugsfall gegenüber Endverbrauchern, die ihre Online-Banking-Zugangsdaten in die Systeme der Sofort AG eingegeben haben, gekommen“, betont Seidel. Trotzdem gibt das Unternehmen den Verbrauchern eine Haftungsgarantie für den Fall des Missbrauchs – in unbegrenzter Höhe.

Das Bundeskartellamt stärkt dem Unternehmen den Rücken. „Die Banken versuchen, Überweisungen im Internet komplett auf ihre Banksysteme zu ziehen“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt dem Tagesspiegel. Das Sicherheitsargument der Banken lässt der Chef der Wettbewerbsbehörde nicht gelten. „Warum soll ein Unternehmen, wenn es die Sicherheit gewährleisten kann, nicht von der PIN Gebrauch machen dürfen?“, meint Mundt. „Es besteht die Gefahr, dass die PIN nicht zur Sicherheit genutzt wird, sondern um Wettbewerb auszuschalten“, befürchtet der Kartellamtspräsident. „Dieser Fall hat für uns derzeit höchste Priorität“, betont Mundt. Auch die EU-Kommission habe ein großes Interesse an diesem Thema.

In Brüssel wird derzeit an einer Regulierung von Direktüberweisungsverfahren gearbeitet, dabei soll es auch um den diskriminierungsfreien Marktzugang gehen. Auch Straub würde das begrüßen. „Der Zahlungsverkehr ist kein Bankenprivileg“, meint der Verbraucherschützer. Dass es eine einfache und günstige Konkurrenz gebe, sei für den Verbraucher von Vorteil.

Die Deutsche Kreditwirtschaft hat nach eigenen Angaben dem Bundeskartellamt inzwischen einen Vorschlag für die Errichtung eines Zahlungsverfahrens mit „transparenten und in der Praxis bewährten Anforderungen“ unterbreitet. Die Behörde will sich dazu nicht äußern. Sofort-Chef Seidel ist skeptisch: Man gehe zwar aufeinander zu, aber: „Eine Einigung mit allen Banken ist unrealistisch, zumal die Bankenbranche eigene kommerzielle Ziele verfolgt.“

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