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Online-Spiele für Facebook & Co.: Freundliche Monster aus Berlin

Die Berliner Firma Wooga entwickelt Spiele für soziale Netzwerke – und ist damit weltweit erfolgreich. Millionen Menschen spielen die Games täglich.

Berlin - Schrippen, Erbsensuppe und andere Lebensmittel – das waren die Produkte, die Anfang des vorigen Jahrhunderts in dem alten Backsteingebäude in Prenzlauer Berg hergestellt wurden. Heute entstehen in der Backfabrik keine Leckereien mehr, sondern ganze Welten. Zumindest in den Büros der Firma Wooga. Diese Welten sind nicht real, sondern virtuell. Es sind Computerspiele, die in sozialen Netzwerken wie Facebook täglich von Millionen Menschen gespielt werden.

In diesen Spielen geht es bunt zu. Bei Monster World etwa können die Nutzer als kleine freundliche Monstergärtner ihre Felder bestellen, aussähen und zuschauen, wie dann Zuckerstangenbäume, Limonadenpflanzen und andere verrückte Dinge unter ihren pflegenden Händen wachsen und gedeihen. Wem das noch nicht verrückt genug ist, der kann im Happy Hospital seinen Hund vom Napoleonsyndrom heilen, bei Bubble Island bunte Bälle verschießen oder seine Intelligenz mit Geschicklichkeitsaufgaben bei Brain Buddies testen lassen. Und das tun nicht wenige.

„Mittlerweile erreichen wir mehr als 16 Millionen aktive Nutzer im Monat“, sagt Jens Begemann, einer der Gründer und Geschäftsführer von Wooga. Nicht ohne Stolz zeigt der 34-Jährige auf einen Bildschirm mit Statistiken. „Bezogen auf diese Nutzerzahlen sind wir die Nummer eins aus Europa“, sagt er. „Weltweit die Nummer sechs.“ Für ein Unternehmen, das noch keine drei Jahre alt ist, kein schlechtes Ergebnis.

Vor allem, wenn man sich die Konkurrenz anschaut. Neben Wooga kommen neun der zehn größten Entwicklerfirmen für Spiele in sozialen Netzwerken von der Westküste der Vereinigten Staaten. Marktführer ist momentan noch unangefochten Zynga. Die Amerikaner haben das weltweit beliebte Spiel Farmville entwickelt, das aktuell von rund 51 Millionen Nutzern im Monat gespielt wird.

Und die Branche wächst. Immer mehr Hersteller drängen in den boomenden Markt, der laut einer Studie des US- Marktforschungsunternehmens Screen Digest bis zum Jahr 2014 sein Volumen verdoppeln wird. 2009 betrug das Volumen etwa 639 Millionen Dollar. Bis 2014 soll es auf 1,5 Milliarden Dollar steigen.

Wooga will weiter ganz vorn mitspielen. Der Firmenname steht für „World of Gaming“, also Welt des Spielens – und das ist in den weitläufigen, hellen Räumen des Unternehmens auch nicht zu übersehen. Überall blicken die Protagonisten der Spiele – freundliche Monster, Wissenschaftler und andere Zeichentrickfiguren – von den Wänden, Tafeln und Monitoren auf die gut 60 Mitarbeiter, die hier arbeiten. Sie sind jung und international. Etwa zwei Drittel kommen aus dem Ausland. Mittlerweile sind bei Wooga 20 Nationen vertreten.

Berlin ist für Begemann die ideale Stadt, um die Grafiker, Programmierer und Konzeptioner zu bekommen, die er für Wooga braucht. „Berlin ist für sein kreatives Umfeld bekannt und im Vergleich immer noch bezahlbar. Das zieht natürlich kreative Menschen an“, sagt er. 50 Prozent der Leute, die bei ihm anfangen, ziehen extra für Wooga nach Berlin. Um ihnen den Anfang zu erleichtern, gibt es ein Mentorenprogramm, bei dem Kollegen in der ersten Zeit den Neuberlinern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das Unternehmen hat gerade die Räume einer Versicherung übernommen, die auf der gleichen Etage wie Wooga saß. Der Platz wird auch dringend benötigt. „Pro Woche stellen wir momentan einen neuen Mitarbeiter ein“, sagt Begemann. Ende des Jahres werde die Zahl der Mitarbeiter bei 150 liegen.

Gründen wollte Begemann eigentlich schon immer. Doch als 2000 die New- Economy-Blase platzte, stellte der Betriebswirt seinen Plan erst einmal zurück und fing bei der Klingeltonfirma Jamba an. 2008 stieg er dort jedoch aus, um seinen alten Plan wieder aufzunehmen. Bald stand sein Entschluss fest: Er wollte Spiele machen, und zwar nicht nur für die zehn Prozent, die sich eine Spielkonsole oder ein Computerspiel kaufen, sondern für jedermann. In sozialen Netzwerken sah er die ideale Plattform. Die Spiele dort leben vor allem von ihrem sozialen Charakter. In ihnen ist es möglich, sich beispielsweise den virtuellen Garten des Freundes anzuschauen oder sich gegenseitig zu helfen und den anderen von den Fortschritten zu berichten. Das macht ihren besonderen Reiz aus.

Am 5. Januar 2009 gründete Begemann dann zusammen mit Philipp Moeser und dem bereits erfahrenen Gründer Patrick Paulisch mit einem sechsstelligen Betrag aus Eigenmitteln das Unternehmen. Noch am Nachmittag stellten die drei den ersten Praktikanten ein. Die Erwartungen, in den ersten sechs Monaten nach Erscheinen des ersten Spiels eine Millionen Nutzer zu erreichen, wurden schnell übertroffen. Und auch das Kapital konnte aufgestockt werden. Mehr als fünf Millionen Euro investierten Balderton Capital und Holtzbrinck Ventures, so dass weitere Spiele schneller entwickelt werden konnten. Seit Mitte 2010 macht Wooga auch Umsatz. Denn obwohl die Spiele für die Spieler kostenfrei sind, haben diese die Möglichkeit, für kleine Beträge virtuelle Güter zu erwerben. Dies sind etwa Zauberstäbe, mit denen sie bei Monster World ihre Pflanzen schneller wachsen lassen können, falls sie nicht warten wollen. Drei Prozent der Spieler nutzen diese Funktion – und bescherten damit der Firma einen Umsatz im einstelligen Millionenbereich. Begemann geht aber davon aus, dass die Erlöse in diesem Jahr deutlich steigen werden. Neben den kurzfristigen Plänen hat er aber auch ein ehrgeiziges Ziel: „In zehn Jahren soll Wooga einer der größten Spieleentwickler der Welt werden.“

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