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Opel-Verhandlungen: Stunden der Entscheidung im Kanzleramt

Der zweite Opel-Gipfel findet statt – ohne Magna, GM und die US-Regierung. Die deutsche Politik will zunächst separat verhandeln, welche Optionen überhaupt noch bestehen.

Das Ringen um Opel geht in eine neue Runde: Um 18 Uhr wollen Kanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, Finanzminister Peer Steinbrück und die Ministerpräsidenten der vier Bundesländer mit Opel-Standorten im Kanzleramt zu einem zweiten Gipfeltreffen zusammenkommen, um mit dem potenziellen Investor Magna sowie Vertretern des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) und der US-Regierung über die Zukunft des Rüsselsheimer Autoherstellers zu beraten. Grundlage für die weiteren Verhandlungen ist ein neues Übernahme-Konzept des österreichisch-kanadischen Autozulieferers Magna.

Der einzig noch verbliebene Interessent im Bieterwettstreit hatte sich zuvor mit GM auf einen neuen Kompromiss verständigt. Achteinhalb Stunden hatten die Emissäre um Magna-Boss Frank Stronach und GM-Europe-Chef Carl-Peter Forster im Berliner Hotel Adlon verhandelt. Am Ende formulierten beide Seiten wie von der Bundesregierung gefordert tatsächlich eine Absichtserklärung ("letter of intent").

Nun prüfen Fachleute von Bund und Länder die neuen Pläne, weshalb das Gipfeltreffen im Kanzleramt auch kurzfristig um zwei Stunden von 16 auf 18 Uhr verschoben worden war. Nach Angaben von Wirtschaftsminister Guttenberg ist der Ausgang der Gespräche nach wie vor offen. Er sei nicht sicher, ob tatsächlich eine Einigung erzielt werden könne.

Der Bundesregierung geht es vor allem um die Bürgschaften für die nötige Brückenfinanzierung. Sie pocht dabei auf klare Zusagen der US-Seite und Magnas, welche Finanzierungsrisiken sie zu tragen bereit sind. Eine Opel-Rettung um jeden Preis kommt daher nicht infrage, zusätzliche Risiken seien dem Steuerzahler nicht zu vermitteln. Das bereits vorgelegte Treuhandmodell stünde nicht zur Disposition, nur durch eine diese staatliche Zwischenfinanzierung von 1,5 Milliarden Euro könne die nahe Zukunft von Opel bis zur Übernahme durch einen Investor gesichert werden.

Insolvenz möglich – Fiats Absage

Im Ringen um das Überleben von Opel ist auch eine Insolvenz möglich. "Wir setzen alles daran, eine andere Lösung zu finden", sagte Kanzlerin Merkel in einem Interview mit dem Spiegel, aber ein Insolvenzverfahren könne sie im Gegensatz zu einer Übernahme Opels durch den Staat "nicht ausschließen". Damit stärkte die Regierungschefin ihrem Wirtschaftsminister Guttenberg den Rücken, der in den vergangenen Tagen mehrfach eine Opel-Pleite ins Spiel gebracht hatte – wohl auch, um den Druck auf die Übernahmeinteressenten zu erhöhen.

Auch Opel selbst bereitet sich auf alle Eventualitäten vor: Die Rechtsanwaltskanzlei Clifford Chance arbeitet laut Nachrichtenagentur Reuters bereits an einem Plan für eine geordnete Insolvenz. Von wem die Wirtschaftskanzlei beauftragt wurde, ist nicht bekannt. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus Unternehmenskreisen erfuhr, lässt sich der Opel-Vorstand vom renommierten Insolvenzverwalter Jobst Wellensiek beraten.

Bereits am Freitagmorgen war Bewegung in den Übernahme-Poker gekommen, als der italienische Autobauer Fiat seine Teilnahme für die zweite Spitzenrunde abgesagt hatte. Grund seien die neuen Geldforderungen aus Detroit. Sie "würden Fiat dazu zwingen, Opel finanziell zu unterstützen und sich damit unnötigen und irrationalen Risiken auszusetzen", begründete Vorstandschef Sergio Marchionne seinen Rückzug. Er zeigte sich "überrascht und enttäuscht von der letzten Phase der Verhandlungen". Sein Unternehmen habe "keinen vollständigen Zugang zu finanziellen Schlüsselinformationen gehabt".

Diese Absage kommt für die Regierung indes nicht überraschend und bedeutet laut dem stellvertretenden Regierungssprecher Thomas Steg auch nicht, dass der Konzern aus Turin für alle Zeit als Interessent ausgeschieden sei und nicht mehr in Betracht komme. Auch Fiat selbst erklärte, für ein mögliches Übereinkommen mit GM und der Bundesregierung offen zu bleiben.

Notwendig wurde das zweite Spitzentreffen, nachdem ein erster Gipfel zur Rettung Opels in der Nacht zum Donnerstag gescheitert war. Völlig überraschend hatte GM neue finanzielle Forderungen von zusätzlichen 300 Millionen Euro gestellt. Kritik gab es auch an dem Vertreter des US-Finanzministeriums, der selbst nicht entscheidungsbefugt war und deshalb immer wieder mit seinen Vorgesetzten im Finanzministerium in Washington Rücksprache halten musste.

ZEIT ONLINE

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