zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Ostdeutsche Firmen holen auf: Jenoptik und Intershop haben sich etabliert

Sachsen und Thüringen sind mit den Standorten Leipzig und Jena ein Tummelplatz für junge Unternehmen aus der IT-Branche. Im Schatten von Schwergewichten wie Jenoptik oder Intershop sind hier zahlreiche junge Existenzen entstanden, die nun an den Neuen Markt streben.

Sachsen und Thüringen sind mit den Standorten Leipzig und Jena ein Tummelplatz für junge Unternehmen aus der IT-Branche. Im Schatten von Schwergewichten wie Jenoptik oder Intershop sind hier zahlreiche junge Existenzen entstanden, die nun an den Neuen Markt streben. "Es ist bereits eine Menge getan worden. Jetzt muss man warten, dass die Pflanzen wachsen, die man gegossen hat", sagt Martin Braun, verantwortlich für das Aktienemissionsgeschäft bei der Sachsen LB, die rund 30 Beteiligungen hält. In diesem Jahr rechnet Braun mit etwa zehn Neuemissionen aus Ostdeutschland.

Michael Saß, Referent beim Ostdeutschen Bankenverband: "Erst die Spitze des Eisbergs ist am Neuen Markt." Dem Verband zufolge haben derzeit 26 Unternehmen, die an der Wachstumsbörse gehandelt werden, ihren Sitz in den neuen Bundesländern und Berlin. In den kommenden beiden Jahren soll sich diese Zahl laut Saß verdoppeln oder sogar verdreifachen. Andreas John, Teamleiter mittelständische Aktienemissionen bei der DG Bank, ist vorsichtiger: "Die Zahl ostdeutscher Firmen an der Börse wird wachsen, aber nicht explosionsartig." Das Potenzial sei zwar vorhanden, aber viele junge Unternehmen seien vorerst mit einer Finanzierung durch Venture Capital zufrieden.

Die ersten Erfahrungen mit der Börse waren nicht gerade positiv. Sachsenmilch, Anfang 1992 an die Börse gegangen, musste im Sommer 1993 Antrag auf Gesamtvollstreckung stellen. Erst 1998 folgte mit Jenoptik, Intershop und Lintec die nächste große Emissionsreihe aus Ostdeutschland. "Es gab einen time-lag in den neuen Ländern", sagt Saß. Die Forschungslandschaft sei nach 1990 komplett umgewälzt worden, dadurch verzögerte sich die Gründung neuer Unternehmen im Umfeld der Universitäten. Auch die großen, volkseigenen Betriebe wurden, von der Sachsenmilch abgesehen, nach der Wende nicht an die Börse gebracht, sondern an westliche Investoren verkauft. "Das war die richtige Entscheidung, denn es gab damals im Osten weder Management noch Marktkenntnisse", sagt Franz-Josef Leven, Volkswirt beim Deutschen Aktienistitut. Inzwischen stellt er eine immer größere Angleichung bei den Wirtschaftsverhältnissen und im Finanzierungsverhalten fest.

Im IT-Bereich besonders stark

Analysten zufolge spielt es bei der Bewertung eines Unternehmens inzwischen keine Rolle mehr, ob es aus West- oder Ostdeutschland stammt. "Vielmehr geht es um die Strategie, um Management und um Produkte", sagt Lars Slomka von ABN Amro. Besonders stark vertreten sind ostdeutsche Unternehmen im IT-Bereich. Der Nemax-Wert Intershop Communications AG gilt als Shooting-Star der Branche. "Intershop ist das bekannteste Unternehmen aus Ostdeutschland und gleichzeitig auch ein gesamtdeutsches Vorzeigeunternehmen", sagt Analyst Slomka, der soeben seine Kaufempfehlung für die Aktie bestätigt hat. Gegründet wurde Intershop 1992 von dem Physik-Studenten Stephan Schambach. Angefangen hatte er in einem Keller in Jena, heute lebt er in San Francisco, dem zweiten Sitz des Unternehmens. Intershop gehört inzwischen zu den weltweit führenden Anbietern von E-Commerce Softwarelösungen mit Kunden wie France Telecom, Bosch und Deutsche Bank.

"Lintec hat die Planzahlen immer mindestens erreicht und sie in 99 Prozent der Fälle sogar übertroffen", lobt Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe die Lintec Computer AG aus Taucha in Sachsen, die seit zwei Jahren am Neuen Markt gehandelt wird. So hatte das Unternehmen im ersten Halbjahr 2000 mit einem Umsatz von 290 Millionen Mark gerechnet und ihn dann um fast ein Drittel übertroffen. Schlienkamp hält die Aktie für unterbewertet und empfiehlt sie zum Kauf. Besonders gute Kontakte hat Lintec zu Osteuropa.

Bisher wenig beachtet wurde die PC-Ware AG mit Sitz in Leipzig, die seit Mai am Neuen Markt gehandelt wird. "Das Unternehmen ist noch relativ unbekannt bei Anlegern", sagt Tim Schuldt von der DG Bank. Er empfiehlt die Aktie, die bei rund 27 Euro notiert, zum Kauf und nennt ein Kursziel von 35 Euro. Hauptstandbein des Unternehmens ist das Lizenzierungsgeschäft, so gehört die PC-Ware zu den führenden Lizenzierern von Microsoft im Großvolumengeschäft. Anfang August hat es die europäischen Niederlassungen eines US-Softwarelizenzierers übernommen, um weiter zu wachsen.

Die Thüringer Jenoptik AG profitiert von der auf Hochtouren laufenden Chip-Konjunktur. Noch im vergangenen Jahr heftig von Kleinaktionären als "unübersichtlicher Gemischtwarenladen" kritisiert, zeigt sie sich jetzt in guter Form. Zwar hat die Aktie seit ihrem Höhenflug Anfang Juni auf 35,50 Euro wieder leicht verloren, doch vor einem Jahr kam der einzige im M-Dax notierte ostdeutsche Wert nicht über 20 Euro hinaus.

Vom DDR-Moloch zum High-tech-Wert

Vorstandschef Lothar Späth hat es, vorerst jedenfalls, geschafft, die Analysten vom Umbau eines am Boden liegenden DDR-Molochs zu einem Erfolg versprechenden High-tech-Wert zu überzeugen: Abgesehen davon, dass Jenoptik noch "hier und da" eine strategische Ergänzung brauche, sei der Umbau des Konzerns abgeschlossen, urteilt Jürgen Wagner vom Bankhaus Sal. Oppenheim. "Das Unternehmen ist sehr gut positioniert. Beide operativen Bereiche wachsen sehr dynamisch." Doch nachdem sich das Management zuletzt sehr mit dem Umbau des Konzerns beschäftigt habe, sei es jetzt an der Zeit, sich auf die Erweiterung der beiden Sparten Reinraumtechnik und optische Systeme zu konzentrieren. Der Analyst hält einen Kurs von 42 Euro innerhalb der nächsten sechs bis neun Monate für realistisch. An diesem Mittwoch will das Unternehmen in Jena seine Halbjahreszahlen vorlegen.

swi, sk

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false