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Am 17. Dezember bekamen die ersten Deutschen das neue Geld zu fassen. Offizielles Barzahlungsmittel ist der Euro seit 1. Januar 2002.

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Euro-Geburtstag: Party für ein Problemkind

Zehn Jahre ist es her, dass die Deutschen die Probetütchen mit der neuen Währung in die Hände bekamen. Der Politik ist das Euro-Jubiläum zwar eine Feier wert. Besonders lustig fällt sie aber nicht aus.

Eigentlich gehört es sich nicht, über einen Jubilar schlecht zu reden. Dem Bundesfinanzminister war das aber egal. „Er ist ein schwieriges Ding heute“, sagte Wolfgang Schäuble unumwunden über den, der an diesem Tag im Mittelpunkt stand. Überhaupt habe man sich mit der Entscheidung für ihn schwer getan damals. Auch der Bundesbankpräsident haderte mit ihm. „Ein Symbol der Krise“ sei er geworden, sagte Jens Weidmann, viele vertrauten ihm nun nicht mehr: dem Euro. Dass der auf den Plakaten im Partyraum nur verschwommen auftauchte, passte zur verdrucksten Stimmung auf dieser Feier.

Des zehnten Jahrestages der Euro-Bargeld-Einführung galt es am Mittwoch im Bundesfinanzministerium zu gedenken – doch von ausgelassener Stimmung war angesichts der schwelenden Krise nicht viel zu spüren. Es war eine Feier im kleinen Kreis – die Protagonisten von damals, etwa den damaligen Finanzminister Hans Eichel, hatte Schäuble nicht einladen lassen. Am 17. Dezember 2001 hatten die ersten Deutschen die Probetütchen mit der neuen Währung in die Hände bekommen, die Starter-Kits. Zum Jahreswechsel löste dann der Euro die D-Mark als Zahlungsmittel endgültig ab.

Damals wurden die neuen Münzen und Scheine mit Neugier, aber auch mit einem gewissen Befremden betrachtet. Das ist heute nicht anders – vor allem wegen der Schuldenkrise. Dabei sei die Politik auf einem guten Weg, lobte Weidmann. „Durchaus ermutigend“ sei das, was Europas Regierungschefs vergangene Woche auf dem Gipfel beschlossen haben – die automatischen Strafen für Haushaltssünder und die nationalen Schuldenbremsen. Entscheidend sei nun, dass diese Ziele „nicht wieder verwässert werden“. Und auch in Zukunft müsse schlechte Haushaltspolitik durch hohe Zinsen bestraft, gute durch günstige Kredite belohnt werden.

Kritische Gäste. Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesbankpräsident Jens Weidmann feierten den Euro – ein bisschen. Foto: dpa

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Lob für den Euro fand Weidmann dann doch noch – aber nur das, was man zur gemeinsamen Währung eben so sagt: dass er das Reisen und den Handel innerhalb Europas erleichtere, sich Preise leichter vergleichen ließen und das Risiko schwankender Wechselkurse wegfalle. Und dass er eben kein „Teuro“ sei, dass Händler und Dienstleister in „Einzelfällen“ zwar versucht hätten, im Windschatten der neuen Währung ihre Preise zu erhöhen. Doch „sie wurden durch Kaufzurückhaltung bestraft und auf den Weg der Tugend zurückgeführt“.

Viele Verbraucher hatten eine andere Wahrnehmung – und glaubten sich durch das neue Geld mit deutlichen Preissteigerungen konfrontiert. Gesetzlich verbieten, wie es Frankreich und die Niederlande taten, mochte die Bundesregierung solche nicht, sie setzte auf eine Selbstverpflichtung des Handels. Vergeblich – der „Teuro“ war rasch in aller Munde und wurde 2002 sogleich zum „Wort des Jahres“ gewählt. Die Statistiker waren zunächst ratlos, zeigten ihre Zahlen mit einer Inflationsrate von nur 1,9 Prozent doch zunächst keinen rapiden Anstieg des Preisniveaus.

Allerdings hatten findige Händler bereits Monate vor der Bargeld-Einführung begonnen, mehr für ihre Waren zu verlangen. Zur Geld-Umstellung konnten sie dann groß mit konstanten oder sinkenden Preisen werben – und machten immer noch ein gutes Geschäft.

Das Statistische Bundesamt schaute noch einmal genau nach – heute kann es das Misstrauen gegenüber dem neuen Geld erklären. „Preiserhöhungen werden vom Verbraucher stärker wahrgenommen als Preissenkungen oder stabile Preise“, heißt es in einer Studie zum Teuro. Bei Gütern, die man oft kaufe, etwa Brötchen oder Bier, würden Preisänderungen zudem stärker beachtet als etwa bei Möbeln. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse entwickelte der Schweizer Ökonom Hans Wolfgang Brachinger einen Index der gefühlten Inflation. Ergebnis: Zwischen Januar 2001 und Juni 2002 lag die von den Bürgern wahrgenommene Preisentwicklung bei rund sieben Prozent – das war knapp viermal so viel wie in der amtlichen Statistik.

Jens Weidmann weiß um die gebremste Leidenschaft der Deutschen für den Euro. Von einer Rückkehr zur D-Mark will er aber nichts wissen. An einem solchen Szenario arbeite man nicht, sagte er kürzlich. „Absurd“ sei ein solcher Gedanke. Nettere Worte als der Euro bekommt die Mark also auch nicht. Immerhin.

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