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Wirtschaft: Personalausweis: Unbritischer Freiheitsentzug

Jeder hat sie: Geburtsurkunde, Führerschein, Reisepass, Bank- oder Kreditkarten, Versicherungskarte - jede Menge Papier und Plastik, das unsere Identität bescheinigt. Ganz selbstverständlich händigen wir solche Identifikationsobjekte Fremden aus, um zum Beispiel die Supermarktrechnung zu bezahlen.

Jeder hat sie: Geburtsurkunde, Führerschein, Reisepass, Bank- oder Kreditkarten, Versicherungskarte - jede Menge Papier und Plastik, das unsere Identität bescheinigt. Ganz selbstverständlich händigen wir solche Identifikationsobjekte Fremden aus, um zum Beispiel die Supermarktrechnung zu bezahlen. Sie vereinfachen die täglichen Aufgaben, die das Leben in einer komplexen Gesellschaft begleiten.

Insofern ist die Aufregung um den Vorschlag des britischen Innenministers David Blunkett, Personalausweise in Großbritannien einzuführen, nicht nachzuvollziehen. Die Vorbehalte gegen Personalausweise beruhen jedoch nicht darauf, dass es sie möglicherweise geben wird (denn in der einen oder anderen Form gibt es sie bereits). Was widerstrebt ist, den Personalausweis immer zur Hand zu haben und jeden Wohnungswechsel umgehend bei den Behörden zu melden und ihn auf dem "Perso" verzeichnen zu lassen.

Die Engländer können sich durch ihre Versicherungskarte eindeutig ausweisen. Aber es gibt keine Bestimmung, sie immer parat haben zu müssen, oder sie bei Aufforderung der Polizei vorzuzeigen. Nun wird argumentiert, dass ehrliche und unschuldige Bürger eine solche Vorschrift nicht zu fürchten hätten. Aber das stimmt nicht. Innenminister Blunkett will mit der Einführung von Personalausweisen "die grundlegendsten Freiheiten des Menschen" schützen.

Doch ist es neben der Unschuldsvermutung nicht die fundamentalste aller Freiheiten, diese nicht zu beschneiden, solange kein hinreichender Verdacht oder rechtswidriges Verhalten vorliegt? Beide wären Opfer der Personalausweise. Während die Meldepflicht und die Adressenerfassung auf dem Personalausweis weniger lästig erscheint als die "Tragepflicht", ist es dennoch ein Schritt in Richtung Polizeistaat und untergräbt das Recht eines Jeden auf Privatsphäre. Es ist durchaus vertretbar, dass für Menschen, die nachweislich ein Risiko für die Gesellschaft sind, eine Meldepflicht bei der Polizei vorgeschrieben wird. Aber ein solch äußerster Fall wirft die Frage auf, ob gesetzestreue Bürger gleichermaßen behandelt werden sollten.

Nach einer Tragödie wie der am 11. September ist der Anreiz sich für schwere Zeiten zu rüsten verständlich. Aber jeder Freiheitsverlust ist nur dann gerechtfertigt, wenn die gewonnenen Vorteile diesen Verlust aufwiegen. Eine Verbesserung der existierenden gesetzlichen Vorschriften und die Erhöhung der Sicherheit auf Flughäfen scheinen gerechtfertigt zu sein, nicht aber die maßlose Forderung, sein Recht verteidigen zu müssen, von der Polizei unbelästigt durch die Straßen gehen zu können.

Es wird nicht klar, was Länder wie Frankreich und Belgien, in denen Personalausweise schon lange Pflicht sind, im Kampf gegen den Terrorismus gewonnen haben und Großbritannien und die USA verloren. Personalangaben lassen sich fälschen und sowohl legale als auch illegale Bürger können Terroristen sein. Ob durch diese Beschneidung der privaten Freiheit viel gewonnen wird, bleibt zweifelhaft.

Blunkett zitierte als grundlegendste Freiheiten "die Freiheit für mehr Sicherheit und weniger Angst", eingeschlossen die Angst vor dem Tod. Es ist ein altes Spiel, den Menschen zu verunsichern, um ans Ziel zu kommen. Wir hoffen inständig, dass die Briten - und die Amerikaner - Blunketts Vorhaben als das schlechte Angebot erkennen, das es ist, und sich nicht um den Preis einer illusorischen Sicherheit zur Aufgabe ihrer Freiheit treiben lassen.

Aus dem Wall Street Journal. Übersetzt, ge

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