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Alexis Schirren, Inhaber vom Deko-Lager in Kreuzberg, hat gut zu tun in diesen Tagen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Perücke und mehr: Das Karnevalsgeschäft boomt in Berlin

Hier ist der Teufel los: Immer mehr Berliner begeistern sich für Faschingsparties und Umzüge – zur Freude der Kostümhändler.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Marge Simpson in XL? „Muss ich nachsehen“, sagt der Verkäufer. Schon ist er wieder verschwunden zwischen zahlreichen Regalen und Kleiderständern, Cleopatra und drei weiße Hasen verdecken die Sicht. Bei Deko-Behrendt in der Schöneberger Hauptstraße herrscht Hochbetrieb in diesen Tagen. Bis auf die Straße stehen die Menschen Schlange, um sich mit Verkleidungsutensilien von der Pappnase bis zum Ganzkörperkostüm einzudecken. Hin und wieder müssen die Sicherheitsleute den Eingang blockieren, wenn es allzu voll wird. Mitten im preußischen Berlin.

Denn auch, wenn die Karnevalshochburgen nach wie vor weiter westlich zu finden sind: Die Nachfrage nach Faschingsartikeln steigt stetig. Gestern kamen tausende Menschen zum Karnevalsumzug in Cottbus, vorige Woche zum Fest in Berlin. Rund 300 Millionen setzt die deutsche Spielwarenbranche jährlich damit um, einen immer größeren Beitrag leisten die Berliner. „Wir haben jedes Jahr einen zweistelligen Zuwachs“, sagt Torsten Kruse, Geschäftsführer der Galeria Kaufhof am Alex. Sobald dort das Weihnachtssortiment weggeräumt ist, werden in der Spielzeugabteilung Kostüme und Accessoires aufgefahren. Dabei sind es längst nicht mehr nur Kindergrößen, die verlangt werden. „Wir verkaufen mindestens so viel für Erwachsene.“

Ein gutes Geschäft

Seit zehn Jahren bestehen nebeneinander immerhin drei Spezialisten auf dem Berliner Markt. Die Institution ist Deko-Behrendt, das Geschäft mit dem bieder dekorierten Schaufenster, hinter dem sich immer weitere Verkaufsräume auftun. 2001 ist Maskworld.com in der Oranienburger Straße in Mitte dazugekommen. Das Unternehmen hat sich auf hochwertige Kostüme spezialisiert und beschäftigt 90 Angestellte. „Einen Großteil unseres Umsatzes machen wir über das Internet“, sagt eine Mitarbeiterin. „In Berlin konnten wir zuletzt aber 20 Prozent zulegen.“

Nicht nur klassische Kostüme sind gefragt: Mancher bastelt sich eine ganze BER-Baustelle.

© dpa

Diesen Spaß lassen sich die Berliner etwas kosten - in Eduarda mit den Scherenhänden (der weiblichen Variante von Edward) verwandelt sich Frau für 69,90 Euro; für den Drachenkrieger muss Mann 199 Euro hinlegen. Ein klassisches Schneewitchen-Dress kostet 89 Euro. Im Dekolager in der Yorckstraße in Kreuzberg gibt es das etwas weniger aufwendig schon für 27 Euro. Seit zwei Wochen ist auch für Inhaber Alexis Schirren Hochkampfphase, er hat die Zahl seiner Mitarbeiter von vier auf acht verdoppelt und bis 22 Uhr geöffnet. „Einiges war diesmal sehr früh ausverkauft“, bedauert er. „Zwanzigerjahre-Outfits laufen stark, bei Frauen alles, was sexy ist.“ Galeria-Geschäftsführer Kruse hat auch mit Siebzigerjahre-Styles gute Erfolge erzielt und beobachtet einen Trend hin zu Familiensets. „Der Sohn geht als Ritter, die Mutter als Burgfräulein, der Vater ist Knappe.“ Beliebt bei Paaren ist die Kombination aus Rotkäppchen und Wolf. Ansonsten stehe Star-Wars hoch im Kurs, und ein paar Klassiker gehen immer: „Bei Männern Pilot, Arzt, Kapitän und Mönch“, sagt Schirren.

Monster ist Kult
Für die Firma Maskworld hat sich derweil unerwartet ein Plüschdress zum Verkaufshit entwickelt, von dem 2012 lediglich 30 Stück verkauft worden waren. Mitte Januar verschwand vom Firmensitz des Keksherstellers Bahlsen in Hannover ein goldener Keks, kurz darauf verlangte der Dieb in einem Bekennerschreiben eine Spende von 52 000 Kekspakungen an Kinderkrankenhäuser für dessen Herausgabe. Beigelegt war ein Foto des Erpressers in Krümelmonster-Maskerade. „Exakt dieses Kostüm gibt es bei uns“, sagt die Maskworld-Mitarbeiterin. „Jetzt besitzen es schon mehr als 160 Leute.“ Teilweise hätten sie Lieferschwierigkeiten gehabt. Der Keks ist längst zurück, der Dieb untergetaucht in den Massen von Krümelmonstern (Kostenpunkt 69.90 Euro).

Von einer Wirtschaftskrise jedenfalls ist im Geschäft mit der guten Laune nichts zu merken. Und dass das Geschäft gut läuft, kann „nicht nur an einer wachsenden Zahl von Exil-Rheinländern liegen“, sagt Inhaber Schirren. Torsten Kruse hält die Privatparties für ausschlaggebend. Und wo sich immer mehr Menschen im Kostüm begegnen, ist eine immer größere Auswahl gefragt. Allein Maskworld.com, das mit 100 Masken startete, führt inzwischen mehr als 10 000 Artikel.

Dennoch müssen manchmal sogar die Spezialisten passen. „Marge haben wir nur bis Größe L“, sagt der Verkäufer zu seiner Kundin, als er sich wieder zu ihr durchgekämpft hat. „Aber wenn Sie auf Homer ausweichen wollen?“

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