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Pharmaindustrie: Berlin rettet Bayer

Schering macht sich für Bayer bezahlt. Das in Berlin gebündelte Pharmageschäft des Konzerns läuft blendend – doch die globale Wirtschaftskrise setzt der Kunststoffsparte immer stärker zu.

Berlin - Schering macht sich für Bayer bezahlt. Das in Berlin gebündelte Pharmageschäft des Konzerns läuft blendend – doch die globale Wirtschaftskrise setzt der Kunststoffsparte immer stärker zu. Das ergibt sich aus der Bilanz für 2008, die Bayer am Dienstag vorgelegt hat. 2009 verstärkt sich der Trend offenbar: Die Kunststoffsparte sei noch schwächer als erwartet ins neue Jahr gestartet, sagte Bayer-Chef Werner Wenning, ohne jedoch Zahlen zu nennen. Den Aktienkurs ließ die fehlende Zuversicht zeitweise um mehr als drei Prozent einbrechen.

Dabei liest sich der Geschäftsbericht für 2008 nicht schlecht. Der Umsatz stieg um 1,6 Prozent auf 32,9 Milliarden Euro, und das operative Ergebnis – vor Steuern, Zinsen und Sondereinflüssen – nahm um 1,3 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich verdiente Bayer zwar deutlich weniger als im Vorjahr, doch hatten der Verkauf von Geschäftsfeldern und Steuereffekte den Gewinn damals kräftig in die Höhe getrieben. So sank der Konzerngewinn nun um fast zwei Drittel auf 1,7 Milliarden Euro. Trotzdem griff Wenning zum Superlativ: „2008 war das operativ erfolgreichste Jahr in der langen Geschichte von Bayer.“

Bayer-Kunststoffe stecken vor allem in Autos, Elektrogeräten und Möbeln, also Produkten, die in der Rezession weniger gefragt werden. Das weltweit düstere vierte Quartal 2008 verhagelte Bayer die Bilanz. „Etwas Vergleichbares haben wir noch nie gesehen“, sagte Wenning. In der Kunststoffsparte sank der Umsatz in diesem Zeitraum um ein Fünftel auf 2,1 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis rutschte um 327 Millionen Euro auf minus 86 Millionen Euro ab.

Dagegen steigerte die Gesundheitssparte den operativen Gewinn im vierten Quartal um 30 Prozent auf 759 Millionen Euro und den Umsatz auf 4,1 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr steuerte die Sparte mit 15,4 Milliarden Euro fast die Hälfte des Konzernumsatzes bei und legte um 4,1 Prozent zu. Davon machte das Pharmageschäft – also die Bayer Schering Pharma AG – 10,7 Milliarden Euro aus. Nahezu jeder dritte Euro des Konzernumsatzes kam also aus Berlin. Dabei haben die noch zu Schering-Zeiten entwickelten Produkte den größten Erfolg: Ganz vorn liegen die Antibabypillen aus der Yaz-Familie, die mit 1,2 Milliarden Euro Umsatz auf ein Plus von 22,2 Prozent kommen. Auch das Multiple-Sklerose-Mittel Betaferon, noch bei Schering entwickelt, erzielt 1,1 Milliarden Euro Umsatz.

Doch gibt es Produkte, die diese Marken übertreffen sollen. So verspricht sich Bayer von seinem neuen Thrombosemittel Xarelto Spitzenumsätze von mehr als zwei Milliarden Euro im Jahr. Ohnehin trennt der Konzern offiziell längst nicht mehr zwischen Bayer und Schering. „Die Schering-Integration wurde erfolgreich abgeschlossen“, schreibt Wenning im Geschäftsbericht. Knapp 110 000 Beschäftigte zählt der Konzern weltweit, davon 37 400 in Deutschland und mehr als 5000 in Berlin. Im Inland sind betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2009 laut Betriebsvereinbarung ausgeschlossen.

Neben dem Pharmageschäft lief auch die – allerdings viel kleinere – Pflanzenschutzsparte 2008 besonders gut. Der Umsatz legte um 9,5 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro zu, das operative Ergebnis stieg um 37,9 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro.

Im laufenden Jahr soll der Rückgang des operativen Konzernergebnisses auf etwa fünf Prozent begrenzt werden, stellte Bayer in Aussicht. Der Jahresumsatz werde dann auf rund 32 Milliarden Euro sinken. Sollte sich das Kunststoffgeschäft aber erholen, könne Bayer das Vorjahresniveau bei Umsatz und Ertrag möglicherweise halten oder sogar leicht steigern. „2009 überwiegen die Unsicherheiten, und es wird ohne Zweifel ein schwieriges Jahr“, warnte Wenning. Trotzdem will das Unternehmen im laufenden Jahr mehr als jemals zuvor für Forschung und Entwicklung ausgeben: 2,9 Milliarden Euro. Außerdem sollen die Schulden abgebaut werden, die vor allem aus der Schering- Übernahme stammen.

An der Börse fielen die Reaktionen gemischt aus. „Die Ergebnisse und die gesenkten Unternehmensziele sind eine Enttäuschung“, urteilte Analyst Peter Spengler von der DZ Bank. Der Aktienkurs erholte sich trotzdem von seinem Absturz und schloss mit 36,41 Euro nur noch mit 0,8 Prozent im Minus. Die Dividende steigt um fünf Cent auf 1,40 Euro.

Moritz Döbler

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