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Wirtschaft: Pommes sind rot, Müsli ist grün

Frosta druckt als erster deutscher Lebensmittelhersteller Nährwert-Ampeln auf ihre Lebensmittel. Und bringt damit die eigene Branche gegen sich auf.

Berlin - Mit ihrem Verzicht auf Geschmacksverstärker hat die Firma schon einmal Maßstäbe gesetzt. Sechs Jahre später prescht der Tiefkühlkost-Anbieter Frosta erneut vor. Als erster deutscher Lebensmittelhersteller führt das Bremerhavener Unternehmen nun für seine vier meistverkauften Produkte freiwillig die umstrittene Ampel-Kennzeichnung ein. Ab August, so kündigte Frosta-Vorstand Felix Ahlers in Berlin an, werde der jeweilige Fett-, Zucker- und Salzgehalt der Erzeugnisse mit den Farben Grün, Gelb und Rot markiert.

„Wir tun das, was die Verbraucher möchten“, sagte Ahlers und betonte: „Es gibt keinen Grund, die Inhaltsstoffe nicht auf der Packungs-Vorderseite farblich gekennzeichnet zu zeigen.“ Damit orientiert sich der Vorstand nicht nur an einer Emnid-Umfrage, wonach sich zwei Drittel der Deutschen die Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln entsprechend deren Nährwert wünschen. Er wendet sich auch gegen die eigene Branchenlobby, die sich mit dem Argument der „Irreführung“ von Verbrauchern aufs Heftigste gegen die Farbmarkierung wehrt.

Diese Kennzeichnung sei „keine gute und hilfreiche Information“ und bedeute eine „willkürliche Bewertung“ von Produkten, legte der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) am Mittwoch nach. Der Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), die Verbraucherzentralen, die Verbraucherorganisation Foodwatch, SPD, Grüne und Linkspartei fordern dagegen die Pflichtkennzeichnung aller Lebensmittel mit Ampelfarben. Aus ihrer Sicht aus gutem Grund: Schätzungen zufolge verursachten ernährungsbedingte Krankheiten Kosten von bis zu 70 Milliarden Euro im Jahr, sagte AOK-Vizevorstand Jürgen Graalmann. Mit dem Drei-Farben-System habe der Verbraucher „eine erste Orientierung“ und könne ähnliche Produkte gut miteinander vergleichen. Allerdings dürfe die Kennzeichnung „kein Instrument sein, um Lebensmittel in gute und schlechte einzuteilen“.

Die Industrie sei dafür verantwortlich, was sie mit ihren Produkten bewirke, unterstrich Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Gerade Kinderlebensmittel bestünden oft zu mehr als 30 Prozent aus Zucker. Mit Ampelfarben ließen sich solche „Mogelpackungen schnell entzaubern“, sagte Bode. Allerdings müsse die Kennzeichnung für alle vorgeschrieben sein, sonst seien „die Ehrlichen die Dummen“. Das sieht auch Frosta-Chef Ahlers so. Wenn es im nächsten halben Jahr kein entsprechendes Gesetz gebe und „wir die Einzigen bleiben“, werde man prüfen, die Markierung wieder abzuschaffen, kündigte er an. Rainer Woratschka

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