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Porsche & VW: Mit Interesse

Porsche lehnt das Rettungsangebot von VW ab. Der Sportwagenhersteller hofft auf Hilfe aus Katar. Doch VW und Teile der Politik wollen das nicht. Sie haben anderes vor. Wer bestimmt über VW und Porsche?

Uwe Hück ist sauer. Christian Wulff, der brave Ministerpräsident Niedersachsens, schieße „wie ein Revolverheld aus der Hüfte“, empört sich der Porsche-Betriebsratsvorsitzende. Ziel von Wulffs Ballerei: Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking. VW-Aufsichtsratsmitglied Wulff also ein Handlanger von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, der Wiedeking schon lange abschießen will? Im Machtkampf zwischen VW und Porsche scheint nichts unmöglich. Ein womöglich vergiftetes VW-Angebot zu einer Übernahme von 49,9 Prozent an Porsche lehnten die Stuttgarter am Montag ab. Das Spektakel geht weiter. Auch weil zu viele Personen sind beteiligt sind.

Auf Stuttgarter Seite stehen neben Wiedeking und Hück noch Wolfgang Porsche und Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger; Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche ganz vorne, Oettinger etwas verdeckt, er sorgt sich um den Firmensitz in Zuffenhausen und bemüht sich in Berlin um Wohlwollen für Porsches Bitte um Staatshilfe.

In Wolfsburg kann sich Piëch auf VW- Chef Martin Winterkorn, den Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh und nun auch auf Wulff verlassen. Der lässt keine Gelegenheit aus, in Piëchs Sinne gegen Porsche/Wiedeking zu stänkern – wenn er einen KfW-Kredit für Porsche in Frage stellt, den Porsche-Schuldenstand thematisiert oder sich mit Vertretern Katars trifft, um eine Beteiligung an VW und/oder Porsche zu erörtern. So will er Wiedeking den Weg aus der Schuldenfalle verstellen.

Wiedeking und sein Finanzvorstand Holger Härter kauften sich in den vergangenen Jahren trickreich bei VW ein. Mit komplizierten Wertpapiergeschäften verschafften sie Porsche Milliardengewinne und übernahmen mit 51 Prozent die Mehrheit an VW. Die Sportwagenfirma kaufte sich den größten Autokonzern Europas, und Wiedeking trat in Wolfsburg auf wie ein Eroberer: alles besser wissend, die VWler belehrend. Er verlor das Augenmaß, kaufte Optionen für weitere VW-Aktien, um 75 Prozent des Konzerns zu übernehmen und dann einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag durchzusetzen. Dann wäre alles gut gegangen: Wiedeking hätte Zugriff auf die volle VW-Kasse und könnte mit den Milliarden den Großteil der Schulden abzahlen, die durch die VW-Übernahme auf neun Milliarden Euro gestiegen sind.

Doch Wiedeking/Härter haben sich in einem Punkt verschätzt: Die EU-Kommission unternimmt keine weiteren Schritte, um das VW-Gesetz und die Sonderstellung des Aktionärs Niedersachsen zu kippen. Das Land behält seine Sperrminorität und blockiert den gewünschten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Das ist bitter für Wiedeking, der nun permanent mit Banken, Investoren und Eigentümern Wege auslotet, um Porsches Eigenständigkeit zu retten. Das Kalkül der Gegner ist schlicht: Auch wegen der Autokrise wird Porsches Situation so prekär, dass am Ende der Übernommene (VW) den Übernehmer (Porsche) retten muss.

Piëchs Traum: Porsche als zehnte Marke im VW-Reich eingliedern. Wenn der KfW-Kredit nicht fließt, Katar nicht einsteigt und es keine Kapitalerhöhung gibt, könnte das am Ende auch so kommen. Darauf läuft das Angebot hinaus, das VW gerade Porsche gemacht hat und das umgehend zurückgewiesen wurde. Oder war es doch ein Ultimatum? Inzwischen ist auch von Erpressung die Rede.

Der Piëch-Cousin und Porsche-Miteigentümer Wolfgang Porsche steht noch vor Wiedeking. Nicht nur um die Eigenständigkeit von Porsche zu retten. Er hat auch Angst vor der Machtverschiebung von Stuttgart nach Wolfsburg. Der eher sanftmütige Wolfgang ist Aufsichtsratschef in Stuttgart, kooperiert hier eng mit Wiedeking und Hück und sieht dieses Trio auch als Schutz vor Piëch.

Wenn Wiedeking weg ist, so fürchten die Porsches, gibt es kein Schwergewicht mehr gegen Piëch. Der ist gerissen und kaltblütig, erfahren in Kabalen und dabei schwer auszurechnen. Piëch selbst hat die Jagd auf Wiedeking eröffnet, indem er ihm vergangenen September eine schwere Niederlage im VW-Aufsichtsrat einbrockte und vor ein paar Wochen auf Sardinien Zweifel an der Finanzkraft von Porsche äußerte.

Am Ende liegt der Schlüssel zum Frieden zwischen ein paar Männern und zwei weltberühmten Autofirmen in der Hand der Familien Piëch und Porsche. Vielleicht hat Ferdinand Piëch diesen Schlüssel aber auch weggeworfen. „Der gibt erst auf, wenn der Gegner tot ist“, hat mal jemand über Piëch gesagt. Doch Wiedeking kämpft und ist zäh und noch lange nicht tot.

Inzwischen nehmen beide Firmen, wie am Aktienkurs zu sehen ist, Schaden. Ein Dutzend der weltbesten Mediatoren könnte vielleicht helfen. Oder jemand mit Gewicht, der unparteiisch ist und das Vertrauen beider Seiten hat. Gerhard Schröder kann gut mit Wiedeking und Piëch. Für eine Handvoll Dollar könnte sich der frühere Autokanzler verdient machen um die deutsche Autoindustrie.

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