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POSITION: Nur steigende Zinsen helfen

Die Kreditmarktturbulenzen haben negative Folgen für die Mittelstandsfinanzierung Von N. Oelgart (l.) und Th. Polleit

Die aktuelle Krise auf dem US-Hypothekenmarkt („Subprime“) zeigt, wie zerbrechlich das Vertrauen in die Finanzmärkte ist und wie leicht das Fehlverhalten beziehungsweise eine Fehleinschätzung Einzelner das gesamte Finanzsystem in Turbulenzen bringt. Doch die Ursachen liegen tiefer.

Die außergewöhnliche Niedrigzinspolitik, die die Notenbanken in den letzten Jahren verfolgt haben, trägt sicherlich die Hauptschuld an der Misere. Mit einer Politik des billigen Geldes haben die Zentralbanken in den letzten Jahren für einen drastischen Zuwachs der Kredit- und Geldmengen gesorgt. Bei geringen Kreditkosten schien nahezu jede Investition rentabel, rechnete sich fast jede (Immobilien-)Anschaffung. Die Kredit- und Geldschwemme schürte die Illusion von Reichtum, nährte den Appetit auf noch mehr Kredit und verleitete zu verstärkter Spekulation, da Risikoprämien in Erwartung anhaltenden Wachstums niedrig waren.

Die Politik des billigen Geldes trieb die Vermögenspreise in die Höhe und gaukelte in den Bilanzen der Unternehmen eine Zunahme des Nettovermögens vor, was wiederum eine scheinbare Verbesserung der Kreditwürdigkeit nach sich zog. Die Risikoprämien auf risikobehaftete Wertpapiere sanken und verbilligten Kredite. Zusätzlich weitete sich der Kreditderivatemarkt fulminant aus, auf dem Kreditrisiken gehandelt werden.

Wenn sich nun jedoch die allgemeine Kreditqualität aufgrund einer abrupten Trendumkehr bei den Vermögenspreisen verschlechtert, oder allein schon der Verdacht entsteht, dass Kredite im großen Stil ausfallen, gerät das Kreditsystem in unruhiges Fahrwasser.

Wie bei allen kredit- und inflationsgetriebenen Aufschwüngen beginnt das Konjunkturgebäude früher oder später zu wanken. Denn die (Vermögenspreis-)Inflation kann sich nicht ewig fortsetzen. Sie sorgt für Fehlinvestitionen, die zwar zunächst die Wirtschaft antreiben, sich dann jedoch nach und nach in enttäuschenden Gewinn- und Renditezahlen bemerkbar machen.

Ob und wie sich die jüngste Kreditkrise fortsetzen wird, liegt im Ungewissen. Banken werden jedoch vermutlich bei der Kreditvergabe wieder vorsichtiger agieren. Zudem hat die Krise auf dem US-amerikanischen Subprime-Markt das Risiko der Kreditvergabe wieder zurück in das Bewusstsein gerufen, und dies dürfte in der Konsequenz bedeuten, dass der Preis für das Übernehmen von Kreditrisiken ansteigt.

Eine restriktivere Kreditvergabe der Banken und steigende Kreditzinsen werden Bremsspuren bei Unternehmen hinterlassen – vor allem bei kleineren und mittelständischen. Sie finanzieren sich fast ausschließlich über Bankkredite und hatten schon vor der Subprime-Krise mit merklich erschwerten Kreditbedingungen zu kämpfen.

Mit Blick auf die wachsende Bedeutung, die dem Funktionieren der Kredit-, Geld- und Kapitalmärkte mittlerweile für das nationale wie internationale Konjunkturgeschehen zukommt, wäre es ganz im Sinne der Unternehmen, wenn die Notenbanken die Zinsen weiter anhöben.

Zwar würden sich so die Finanzierungskonditionen kurzfristig erhöhen. Eine Straffung der Geldpolitik würde jedoch dazu beitragen, das künftige Risiko für schwere Kredit- und Wirtschaftskrisen zu vermindern. Denn nur so kann das Wachstum der Kredit- und Geldmengen wieder in Einklang gebracht werden mit der realwirtschaftlichen Entwicklung.

Niels Oelgart ist Leiter des Referates Geld und Währung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, Berlin.

Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt bei Barclays Capital Deutschland und Honorarprofessor an der Frankfurt School of Finance & Management. Der Beitrag spiegelt die persönliche Meinung der Verfasser wider.

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