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Wirtschaft: Premiere: Kirchs Abo-Fernsehen meldet Insolvenz an

Einen Monat nach ihrem Schwesterkonzern Kirch Media hat auch die Pay-TV-Holding zusammen mit vier Tochtergesellschaften bei den Amtsgerichten in München und Hamburg Insolvenzantrag gestellt. Alle fünf Gesellschaften sind zahlungsunfähig, einige auch überschuldet.

Einen Monat nach ihrem Schwesterkonzern Kirch Media hat auch die Pay-TV-Holding zusammen mit vier Tochtergesellschaften bei den Amtsgerichten in München und Hamburg Insolvenzantrag gestellt. Alle fünf Gesellschaften sind zahlungsunfähig, einige auch überschuldet. Der hoch defizitäre Bezahlsender Premiere ist allerdings noch nicht insolvent. Für die Kunden des Pay-TV-Senders ändert sich daher vorerst nichts. So lange Premiere weiter sendet, gibt es auch kein außerordentliches Kündigungsrecht.

Das Insolvenzverfahren der Premiere-Dachgesellschaft biete die Chance, "Ballast der Vergangenheit abzuwerfen und Premiere auf gesunde Beine zu stellen", kommentierte Konzernchef Georg Kofler. Er kündigte den Abbau von 1000 der insgesamt 2400 Stellen des Teilkonzerns bis Ende 2002 ein. Damit verschärft Premiere den Sanierungskurs, dem nach bisherigen Plänen 800 Arbeitsplätze zum Opfer fallen sollten. "Wir brauchen eine Radikalkur, damit Premiere für künftige Gesellschafter interessante Investmentchancen bietet", sagte Kofler.

In den vergangenen Wochen hatte er hinter den Kulissen so intensiv wie vergeblich mit Gläubigerbanken, Altgesellschaftern wie Rupert Murdoch und neuen Interessenten wie dem Bertelsmann-Konzern über eine Rettung von Kirch Pay-TV verhandelt. Branchenkreise sehen gute Chancen für einen Verkauf von Premiere trotz des Insolvenzantrags der Muttergesellschaft. "Der Sendebetrieb von Premiere ist nicht gefährdet", beruhigt Kofler indessen die 2,4 Millionen Abonennten des Senders. Alle Programme blieben erhalten, was auch für die Komplettübertragung der Ende Mai beginnenden Fußballweltmeisterschaft gilt. Die Insolvenz der Kirch Pay-TV und ihrer Töchter sei unvermeidbar gewesen, weil weder Altgesellschafter, noch Banken oder neue Investoren die nötigen Mittel zur Finanzierung einbringen wollten, sagte Kofler. Der Schritt war schon unmittelbar nach der Insolvenz von Kirch Media erwartet worden.

Knapp 70 Prozent an Kirch Pay-TV hält Konzerngründer Leo Kirch über seine Holding Taurus, der auch die Insolvenz droht. Über 22 Prozent an der Premiere-Dachgesellschaft verfügt Murdoch, der als aussichtsreichster Kandidat für eine Übernahme gilt. Den Rest der Pay-TV-Anteile halten Finanzinvestoren. Geschäftlich intensiv verbunden ist Kirch Pay-TV mit dem ebenfalls insolventen Teilkonzern Kirch Media, der den Rechtehandel, die Filmproduktion und das werbefinanzierte Fernsehen im Kirch- Imperium bündelt.

Kirch Media gehören die meisten der Film- und Sportrechte, aus denen Premiere sein Programm bestreitet. Deswegen sprechen Insider von einem System der Quersubventionierung in der Kirch-Gruppe, das es erschwert, den Wert der einzelnen Teile abzuschätzen. Kofler ist überzeugt, dass sich Abofernsehen am deutschen Markt behaupten kann. Voraussetzung sei aber eine Anpassung der Programmkosten. Deshalb stehe Kirch Pay-TV vor allem mit US-Studios in Verhandlungen, um vertraglich vereinbarte Preise für Filmrechte drastisch zu senken. "Was Pay-TV braucht, ist eine Bereitschaft der Studios, auf Geld zu verzichten und bei Premiere einzusteigen", bekräftigte ein Branchenkenner. Für diese Verhandlungen, die auch die Senderechte für die kommende Saison der Fußballbundesliga umfassen, stünden aber nur wenige Wochen zur Verfügung, weil sonst auch Premiere zahlungsunfähig wird, warnte Kofler. Denn bislang habe Kirch Pay-TV ihre Tochter Premiere finanziert, deren eigene Mittel nun noch etwa bis Mitte Juni reichen. "Wir wollen Anfang Juni konkrete Ergebnisse vorweisen, um eine neue Finanzierungsbasis für Premiere zu ermöglichen", sagte Kofler. Dann will er auch neue Investoren präsentieren.

Kofler ist zuversichtlich, dass auch Banken die Restrukturierung begleiten. Insgesamt sollen die jährlichen Kosten für Premiere um eine halbe Milliarde auf 1,2 Milliarden Euro sinken. Im vergangenen Geschäftsjahr hatte Premiere vor Steuern und Zinsen bei 813 Millionen Euro Umsatz 989 Millionen Verlust eingefahren. Seit Bestehen hat der mit knapp einer Milliarde Euro verschuldete Sender über vier Milliarden Euro Defizit angehäuft. Damit gilt Premiere als Hauptgrund für den nun weitgehenden Zusammenbruch des Kirch-Imperiums.

tmh

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