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Wirtschaft: Public Relations: Die PR-Agenturen gehen in die Politik

Die Somesay AG ist ein gutes Beispiel dafür, was Public Relations leisten kann. Verschiedenste Printmedien berichteten im vergangenen Halbjahr rund 60 Mal über das Berliner Start-up-Unternehmen.

Die Somesay AG ist ein gutes Beispiel dafür, was Public Relations leisten kann. Verschiedenste Printmedien berichteten im vergangenen Halbjahr rund 60 Mal über das Berliner Start-up-Unternehmen. Fünf Jungunternehmer, zusammengesucht von verschiedenen Sponsoren wie Fujitsu-Siemens und Oracle, sollten innerhalb von sechs Monaten ein Internet-Unternehmen gründen. Zu berichten gab es wenig bis gar nichts, trotzdem fütterte die PR-Agentur die Medien mit immer neuen Meldungen von der vermeintlichen Erfolgsstory. Außer dem Namen blieb nicht viel. Weder Geschäftsidee noch Businessplan kamen in der anberaumten Zeit zustande.

Dass es eine solche Misserfolgsgeschichte zu 60 Presseberichten und damit zu hoher Bekanntheit brachte, ist erstaunlich. Nicht immer trägt PR-Arbeit so einfach Früchte. Und nicht immer wollen etablierte PR-Agenturen mit dieser Art von Public Relations, neudeutsch für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, zu tun haben. Harald Zulauf, Geschäftsführer der Werbe- und PR-Agentur Media Consulta, hat die Arbeit für junge Dotcoms von vornherein abgelehnt. Begründung: "Wer ohne ökonomische Grundsätze handeln will, wird untergehen." Tatsächlich ist von dem lauten PR-Geschrei einiger Start-ups derzeit nicht mehr viel zu hören.

PR wird in der Hauptstadt dennoch fleißig betrieben. Harald Zulaufs Media Consulta brachte es im vergangenen Jahr mit 51 Mitarbeitern zu einem Honorarumsatz von 15,1 Millionen Mark und ist damit die Nummer eins unter den PR-Agenturen in Berlin. Auf der Kundenliste stehen unter anderem der Deutsche Bundestag, der Bundesverband der deutschen Industrie, der Berliner Senat, einige Bundesministerien und die EU-Kommission. Politische Kommunikation ist derzeit das Hauptthema von Media Consulta.

Auch andere Agenturen profitieren von dem jungen Geschäft mit den sogenannten Public Affairs und dem Lobbying. Die renommierte Werbeagentur Publicis trägt dem Trend Rechnung, indem sie im Herbst ihre bisherige Abteilung Public Relations in eine eigenständige GmbH umwandelt. Aktuell betreut Publicis zum Beispiel den CDU-Kandidaten Frank Steffel für die Bürgermeisterwahlen im Herbst. Auch die Münchner Agentur WBPR glaubt an ihre politische Zukunft. Im vergangenen Jahr wurde das Berliner Büro eröffnet. Ein "Denken in Kampagnen und gezieltes Themenplacement" will Geschäftsführer Nikolaus Huss bieten. Helmut Kohl habe damit begonnen, die SPD habe es professionalisiert.

Politische Kommunikation bringt neue Arbeitsplätze. Einige entstehen gerade im Medienzentrum Berlin Mitte, das Media Consulta mit Unterstützung von EU- und Senatsgeldern errichtet. Auch die Konkurrenz sucht neue Mitarbeiter, doch gerade erfahrene Berater sind auf dem Berliner Markt schwer zu bekommen. Der Personalengpass könnte ein Problem für die Branche werden. "Politik und Verbände sind jetzt schon dominant in Berlin und werden ihre Rolle noch ausbauen", sagt Reinhold Fuhrberg, Manager der Agentur Ahrens & Behrent. Zu seinen Kunden zählen das Wirtschafts-, das Familien- und das Arbeitsministerium. "Die Kunden wissen heute genau, was sie von ihrer PR-Agentur wollen. Und das geht stark in Richtung Unternehmensberatung." Aber Wachstum auf diesem Gebiet setzt die passenden Mitarbeiter voraus. "Die Kombination aus politischer Sensibilität und solidem PR-Know-How gibt es noch selten", meint WPBR-Geschäftsführer Huss. Die klassische PR für Berliner Unternehmen gibt es natürlich auch. Für ausbaufähig hält die allerdings kaum einer. "Es gibt einfach zu wenige Unternehmen hier", urteilt Fuhrberg.

Dass die Spezialisierung der Berliner Agenturszene Zukunft hat, glaubt auch Sebastian Vesper. Hauptstadttypisch ist nach Ansicht des Chefredakteurs des Branchenblattes PR Report ein weiteres Phänomen: "Die Szene in Berlin ist noch sehr unübersichtlich, aber sie ordnet sich gerade." Wie so oft in Berlin, fehle es der Stadt noch an Profil.

Barbara Münzer

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