zum Hauptinhalt
Bolt

© dpa

Puma-Chef Jochen Zeitz: "Der Schuh wird Geschichte schreiben"

Puma-Chef Jochen Zeitz spricht mit dem Tagesspiegel über Usain Bolt, die Vermarktung der Leichtathletik und schleppende Geschäfte.

Herr Zeitz, Usain Bolt ist auf 100 Metern 9,58 Sekunden gelaufen. Was bringt das unter dem Strich für Puma?

Worauf es uns ankommt, ist die Art und Weise, wie Usain seine Rennen gewinnt, wie er Spaß am Sport hat. Natürlich wollen wir unseren Athleten auch siegen sehen. Aber den größten Imagegewinn erzielt Puma, weil Usain eine beeindruckende und lässig auftretende Persönlichkeit ist. Sein Schuh, der Puma „Yaam“, wird sicher Geschichte schreiben. Den kennt jetzt fast jeder auf der Welt.

Fast zehn Millionen Zuschauer haben das Rennen im deutschen Fernsehen verfolgt. Mehr Aufmerksamkeit kann sich ein Markenhersteller kaum wünschen…

Das 100-Meter-Finale war wahrscheinlich weltweit das Leichtathletik-Event mit den meisten Zuschauern. Als Bolt bei den Olympischen Spielen in Peking drei Mal Weltrekord gelaufen ist – über 100, 200 und 4 x 100-Metern – hat uns das laut einer Studie einen Mediawert von geschätzten 250 Millionen Euro gebracht…

…das ist der Betrag, den Puma in klassische Werbung hätte investieren müssen, um eine vergleichbare Medienpräsenz zu erzielen…

Allein das 100-Meter-Finale in Berlin dürfte wohl mehr als ein Drittel dieser Summe gebracht haben.

Haben Sie kein mulmiges Gefühl, wenn Bolt bei jedem Wettkampf schneller wird, Stichwort Doping?

Usain hat gesagt, Jamaika würde ihn hassen, wenn er gedopt wäre. Das spricht für sich. Natürlich kann man niemals nie sagen; und sollte es dennoch passieren, passiert es eben. Ich beobachte in Deutschland aber eine Aufgeregtheit beim Thema Doping, die manchmal sogar zu einer Vorverurteilung führt, die es so in anderen Ländern nicht gibt. Usains Leistung kommt außerdem nicht aus dem Nichts. Wir haben ihn unter Vertrag genommen, als er 17 war, und über viele Jahre unterstützt und aufgebaut. Er ist ein absoluter Ausnahmeläufer, wie ihn die Leichtathletik lange nicht erlebt hat.

Das Olympiastadion war trotz des 100-Meter-Events nicht voll. Sind Sie zufrieden mit der Vermarktung der WM in Berlin?

Am ersten Tag war das Stadion nur halbvoll. Da war einfach zu wenig los, zu wenig Event. Bei einer so großen Veranstaltung ist es schade, wenn Plätze leer bleiben. Aber die Ticketpreise sind natürlich auch deftig. Viele sagen sich darum in der schwierigen wirtschaftlichen Lage: Das schaue ich mir lieber im Fernsehen an.

Lässt sich Leichtathletik schwerer vermarkten als Fußball?

Ja, weil Fußball weltweit die Sportart Nummer eins ist. Aber Sportler wie Usain Bolt sprechen auch Zielgruppen an, die sich bisher nicht für diesen Sport interessiert haben. 90 Prozent der Kids wissen sofort, welche Geste Bolts Markenzeichen ist. Er ist wahrscheinlich der erste Athlet der Leichtathletikgeschichte, der eine solche Aufmerksamkeit erzielt. Er passt einfach perfekt zu unserem Selbstverständnis als Sportlifestylemarke, die auch den Spaß nicht zu kurz kommen lässt.

Das Geschäft insgesamt hat Ihnen zuletzt nicht so viel Spaß gemacht. Puma ist Anfang 2009 wie alle Sportartikelhersteller in die Krise gerauscht. Was macht Ihnen besonders zu schaffen?

Die Krise betrifft alle, aber wir haben früher als die meisten Wettbewerber reagiert. Im zweiten Quartal haben wir sogar ein Ergebnis vor Steuern erzielt, das leicht über dem des Vorjahres lag. Wir haben keine Bankschulden, wir sind liquide und verzeichnen die höchste Rentabilität in der Branche. Puma steht in der Krise solide da.

Sie müssen 150 Millionen Euro pro Jahr sparen, haben die Investitionen gekürzt.

In der momentanen Situation, in der sich der Markt konsolidiert, müssen wir das auch tun. Das heißt, keine Expansion um jeden Preis. Wir passen die Kollektionen an. Wir optimieren Prozesse und schauen uns die Kosten an. In schwierigen Zeiten muss überall gespart werden.

Sie lassen sich nicht von den Optimisten anstecken, die das Ende der Krise ausrufen?

Wir geben schon seit Anfang 2008 keine konkreten Prognosen mehr, weil man dafür in die Glaskugel schauen müsste. Wir planen nach wie vor für schwierige Zeiten – und hoffen, dass es besser wird. Der Rest des Jahres wird sicher für alle noch herausfordernd. Wie 2010 wird, kann derzeit niemand sagen.

Müssen Sie auch das Marketingbudget für den Africa-Cup und die Fußball-WM in Südafrika 2010 kürzen?

Wir fangen mit der Planung für das Sportjahr 2010 gerade erst an. Unsere Media-Ausgaben haben wir noch nicht konkret festgelegt. Beide Events werden für uns Heimspiele sein, weil Puma mit Afrika besonders verbunden ist.

Alle Sportartikler entdecken jetzt Afrika und geben sich sozial. Ist das glaubwürdig?

Wir sind als Ausrüster in verschiedenen Projekten schon seit mehr als zehn Jahren in Afrika vertreten und nutzen den Kontinent nicht nur als Kommunikationsplattform. Wir bauen zum Beispiel an der Infrastruktur in verschiedenen Ländern mit, wir werden 2010 zwei bis drei Prozent der Baumwolle von 10 000 afrikanischen Kleinbauern beziehen und wir knüpfen soziale Netzwerke. Der Kontinent hat sich für uns zu einem Absatzmarkt mit immerhin einigen Prozent unseres Umsatzes entwickelt. Das ist ein glaubwürdiges, nachhaltiges Engagement im Rahmen unserer Puma-Vision, das in unserer Branche einmalig ist.

Kann man in der Krise von Afrika lernen?

Ein bisschen mehr Gelassenheit – angesichts von gewaltigen sozialen und wirtschaftlichen Problemen. Und die nötige Kreativität, um Dinge auch anders anzugehen und Probleme zu lösen

Das Gespräch führte Henrik Mortsiefer

MANAGER

Jochen Zeitz (46) war der jüngste Vorstandschef einer börsennotierten deutschen Firma, als er 1993 an die Spitze von Puma rückte. Der Betriebswirt, seit 1988 im Unternehmen, sanierte den Sportartikelhersteller und ließ sich dafür fürstlich bezahlen. Mit Jahresbezügen von 7,2 Millionen Euro (2007) war er vor der Krise einer der am besten bezahlten deutschen Manager.

UNTERNEHMEN

Puma ist nach Nike und Adidas drittgrößte Sportmarke der Welt. 2008 setzte der Herzogenauracher Konzern 2,5 Milliarden Euro um, der Nettogewinn lag bei 233 Millionen Euro. Puma beschäftigt gut 10 000 Mitarbeiter. Seit Sommer 2007 ist der französische Luxusgüterkonzern PPR Mehrheitseigentümer.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false