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Das Ziel im Blick. Ein Air-Berlin-Airbus setzt zur Landung in Berlin-Tegel an. Ob die Fluggesellschaft, wie angekündigt, im kommenden Jahr erstmals wieder die Gewinnzone erreicht, hängt auch davon ab, ob sie dort mehr Sitzplätze verkaufen kann.Foto: dapd

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Quartalszahlen: Air Berlin sieht nicht mehr ganz so rot

Das Sparprogramm bei Air Berlin zeigt erste Erfolge: Das Minus wird kleiner. Experten erwarten aber, dass das BER-Debakel die Airline noch treffen wird.

Berlin - Es wirkt. Das ist die wohl beste Nachricht für Hartmut Mehdorn sowie die Mitarbeiter und Aktionäre von Air Berlin. Das Sparpaket, dass Air-Berlin-Gründer Joachim Hunold im August 2011 angekündigt hatte – Minuten, bevor er seinen Rücktritt erklärte –, scheint anzukommen: Zumindest hat Air Berlin im ersten Quartal des laufenden Jahres sein Minus um gut ein Fünftel auf gut 149 Millionen Euro reduzieren können. Im ersten Quartal des Vorjahres lag das Minus noch bei 188 Millionen. „Es gibt noch keinen Anlass zum Jubeln, aber wir erkennen deutlich die beginnende Wirkung unseres Programms Shape & Size“, sagte Mehdorn am Dienstag.

Shape and Size, Form und Größe: Diesem Leitbild folgt der Vorstand seit Mehdorns Amtsantritt im September weitgehend konsequent. Unrentable Strecken wurden und werden weiter aus dem Flugplan gestrichen, die Flotte verkleinert. Im Vergleich zum Vorjahresquartal hat Air Berlin die Sitzplatzkapazität um mehr als zehn Prozent gesenkt. Der Umsatz in diesem, bei allen Airlines schwachen Quartal, stieg dennoch um vier Prozent auf 813 Millionen Euro. Die Auslastung verbesserte sich fast im gleichen Umfang auf 76,4 Prozent. Das sei das bisher beste Ergebnis eines ersten Quartals seit dem Börsengang im Januar 2006, hieß es. Air Berlin gelang es innerhalb eines Jahres, den durchschnittlichen Ticketpreis um gut sieben Prozent auf 109,80 Euro anzuheben, trotz harter Konkurrenz.

„Das Programm scheint tatsächlich zu greifen“, lautete gestern auch das Urteil von Commerzbank-Analyst Johannes Braun. „Offenbar wurden auch die richtigen Routen aus dem Plan gestrichen“, sagte er dieser Zeitung. Allerdings gab er zu bedenken, dass das Quartal nur bedingt mit dem des Vorjahres vergleichbar sei: Im Frühjahr 2011 hatte der Luftverkehr europaweit unter Ausfällen bedingt durch den harten Winter und den arabischen Frühling zu leiden.

Problematisch sei auch die aktuelle Eigenkapitalquote von acht Prozent. Die sei „natürlich viel zu niedrig“, sagte Braun. Auch wenn hier mit einer Verbesserung im wichtigen dritten Quartal zu rechnen sei, sei diese momentan nicht auskömmlich. „Eine gesunde Airline müsste schon 25 bis 30 Prozent aufweisen“, sagte er.

Uneins sind sich Air-Berlin-Vorstand und auch Beobachter untereinander, ob und wie sich die verzögerte Eröffnung des neuen Berliner Flughafens BER mittel- und langfristig auf die Geschäftszahlen auswirken könnte. Die Mehrkosten dürften die Bilanz nicht belasten, sagte Mehdorn. „Wir gehen davon aus, dass der Flughafen zu dieser Panne steht und den Schaden reguliert“, sagte er. Eine konkrete Summe nannte Mehdorn noch nicht. „Das wäre Scharfmacherei“. Es werde aber „nicht ganz billig“.

Dass unterm Strich von diesen Kosten nichts in den Bilanzen von Air Berlin kleben bleiben soll, ist noch nicht ausgemacht. „Da habe ich meine Zweifel“, sagte Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Sollten die Berliner Flughäfen die Forderungen zurückweisen, würde es zu einem Rechtsstreit kommen, der sich über Jahre hinziehen könnte. „Hier steckt ein Risiko“, sagte Pieper.

Wenn man „ganz grob überschlagen“ davon ausgehe, dass Air Berlin der verzögerte Umzug jeden Monat zehn Millionen Euro kosten könnte, wären das bei einer Verschiebung auf Oktober rund 40 Millionen. „Das ist keine Riesensumme, würde Air Berlin angesichts der Lage aber doch empfindlich treffen“, urteilte Pieper. Wie groß der Schaden ist, dürfte auch davon abhängen, wie und ob Air Berlin tatsächlich sein um rund acht Prozent vergrößertes Sitzplatzangebot ab Berlin auch am Flughafen Tegel durchführen kann. Mehdorn ließ daran erstmals Zweifel erkennen.

AIR BERLIN]Commerzbank-Analyst Braun sähe das nicht als Problem. „Es ist fraglich, ob das Kapazitätswachstum, welches Air Berlin am neuen Berliner Flughafen realisieren will, im ersten Jahr überhaupt signifikant zum Gewinn beitragen wird“, sagte er.

Diese Zweifel gelten umso mehr für die Lufthansa, die ihr Streckennetz von Berlin aus noch kräftiger ausbauen will, von acht auf künftig 38 Verbindungen. Um die Flieger zu füllen, wird allgemein erwartet, dass Lufthansa mit Kampfpreisen auftritt – zur Freude der Berliner Passagiere und zur Sorge der neuen Finanzchefin Simone Menne. Ihr Amtskollege bei Air Berlin, Ulf Hüttmeyer sprach diesen Punkt gestern an: „Unser Ergebnis zeigt, die reine Anzahl der Passagiere sagt fast gar nichts über die Profitabilität aus. Viel wichtiger ist, wie unsere Flieger ausgelastet sind.“AIR BERLIN] Kevin P. Hoffmann

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