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© ddp

Quelle: Der Ausverkauf beginnt

Quelle wird abgewickelt. Mindestens 3000 Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Auch das Callcenter in Kreuzberg ist betroffen.

München - Das Versandhaus Quelle soll in wenigen Wochen abgewickelt sein. „Wir müssen funktionsfähig bleiben für die nächsten vier bis sechs Wochen“, sagte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg am Dienstag in Fürth. Die meisten der verbliebenen Mitarbeiter würden schon zum 1. November keinen Lohn mehr erhalten. „Wir werden uns sehr bemühen, einen geordneten Ausverkauf zu machen“, sagte Görg. 3000 bis 4000 weitere Menschen würden ihren Job verlieren. Genaue Zahlen könne er noch nicht nennen. Bei den Callcentern würden „kleinere Einheiten“ weitermachen können. Auch beim technischen Kundendienst sehe es besser aus.

Das 82 Jahre alte Fürther Traditionsunternehmen Quelle ist am Ende und wird liquidiert. „Das ist eine besonders schlimme Art von Pleite“, sagte Görg. Der wichtigste Grund für das Aus sei der Kundenverlust gewesen. Die Anfangs 32, zuletzt noch vier Kaufinteressenten hätten einen zuverlässigen Geschäftsplan und belastbare Umsatzgrößen verlangt. Um Quelle trotzdem zu verkaufen, hätte er sogar noch etwas draufgelegt und einen „negativen Kaufpreis akzeptiert“, sagte der Insolvenzverwalter. Aber auch das habe die Investoren nicht mehr gelockt.

Vor dem Aus steht die Quelle GmbH. Der Sender HSE24 und die Spezialversender der Primondo-Gruppe wie etwa Baby Walz oder Hess Natur seien dagegen organisatorisch und finanziell recht unabhängig. Für sie und das profitable Auslandsgeschäft werden nun weiter Käufer gesucht. Der Konkurrent Otto signalisierte bereits Interesse an Spezialversendern und dem Osteuropageschäft. Insgesamt beschäftigt die Primondo-Gruppe noch rund 7000 Personen, nachdem Görg zuletzt schon rund 3500 Stellen und damit ein Drittel der ursprünglichen Belegschaft einer Sanierung geopfert hat.

Die bayerische Staatsregierung kündigte einen Zukunftsplan für die Region Nürnberg/Fürth an. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nannte das endgültige Aus für Quelle einen „schmerzlichen Vorgang“. Die Auswirkungen für die betroffenen Menschen müssten so gering wie möglich gehalten werden. Die SPD und die Gewerkschaft Verdi kritisierten das politische Hin und Her, das den Druck des Winterkatalogs verzögert habe.

„Es ist eine Katastrophe“, ringt sich Betriebsratschef Ernst Sindel mit brechender Stimme mühsam ab. Bis zuletzt hätten Belegschaft und Insolvenzverwalter gekämpft und nun endgültig verloren. Mindestens 1500 heimische Quelle-Beschäftigte verlören nun ihren Job und stünden vor dem Nichts. Rund 6000 Stellen sieht Verdi-Gewerkschafter Johann Rösch akut gefährdet. Denn die 3500 Mitarbeiter in großen Callcentern wie Magdeburg, Cottbus und Berlin sowie 800 Beschäftigte am Logistikstandort Leipzig arbeiten ausschließlich für Quelle. „Keinen Schimmer“ haben sie, wie dieses Service-Personal weiterbeschäftigt werden soll, sagen Sindel und Rösch. Weitere Stellenstreichungen drohen bei der Post, die für Quelle Pakete versendet.

In Berlin und Brandenburg sind laut Verdi mindestens 2000 Arbeitsplätze bedroht. In Berlin-Kreuzberg arbeiten etwa 1200 Beschäftigte im Quelle-Callcenter, in Cottbus rund 700. Dem Vernehmen nach hat das Land Berlin das Callcenter in Kreuzberg mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert. Diese Förderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur liegt einige Jahre zurück. Wenn nun die einst geförderte Betriebsstätte innerhalb eines zehnjährigen sogenannten Überwachungszeitraums geschlossen wird, dann kann das Land beim Insolvenzverwalter die Rückzahlung der Mittel beantragen.

Es gebe keine Alternative zur Abwicklung von Quelle Deutschland mehr, erklärte der Insolvenzverwalter. Bis zuletzt hatten er und sein Team Optimismus verbreitet und von drei bis vier namentlich ungenannten Finanzinvestoren gesprochen, die die komplette Versandhandelsgruppe Primondo mit ihrem Herz Quelle übernehmen wollten. Gescheitert sei das an der Frage der Vorfinanzierung von Versandware. Dieses Factoring haben die Quelle-Finanzierungsbank Valovis sowie deren Partner Commerzbank und Bayern LB bis Ende 2009 zugesagt, aber nicht darüber hinaus. Die Kaufinteressenten wollten Primondo als Teil der insolventen Arcandor-Gruppe nur inklusive funktionierendem Factoring.

Nach dem Aus von Quelle stellt sich auch der Katalogdrucker Schlott auf Umsatzeinbußen ein. „Das Ende von Quelle wirft uns nicht um, tut aber weh“, sagte ein Sprecher. mit dpa

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