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Wirtschaft: Rätselraten um Heizpreise in Gropiusstadt

Bewag erhöht Tarif für 20 000 Wohnungen / Begründung verunsichert / Belastung bleibt aber geringVON DANIEL WETZELDie Bewag hat innerhalb der letzten zwei Jahre mit beträchtlichen Preissenkungen bei Verbrauchern und Industriekunden Sympathie-Punkte gesammelt.Das frisch privatisierte Unternehmen schien den Wettbewerb auf dem Energiemarkt offensiv und kundenfreundlich anzugehen.

Bewag erhöht Tarif für 20 000 Wohnungen / Begründung verunsichert / Belastung bleibt aber geringVON DANIEL WETZELDie Bewag hat innerhalb der letzten zwei Jahre mit beträchtlichen Preissenkungen bei Verbrauchern und Industriekunden Sympathie-Punkte gesammelt.Das frisch privatisierte Unternehmen schien den Wettbewerb auf dem Energiemarkt offensiv und kundenfreundlich anzugehen.Umso überraschter reagierten Tagesspiegel-Leser auf eine Zeitungsanzeige der Bewag vom Donnerstag vergangener Woche: "Bekanntmachung der Bewag" stand da in einem Verlautbarungston, den man eigentlich nur einem Staatsunternehmen zugetraut hätte: Unter anderem wegen der "in Kraft getretenen EU-Richtlinien für den Energiemarkt" müsse die Bewag für rund 20 000 Wohnungen in Gropiusstadt die Raumheizungspreise um 12,27 Prozent anheben. Wie bitte? Die Begründung für die Verteuerung löste bei Lesern und auch in Senat und Verwaltung Rätselraten aus.Die Verwunderung begann schon damit, daß "die EU-Richtlinie für den Energiemarkt" in Wirklichkeit noch gar nicht in kraft ist: Das entsprechende Gesetz wartet noch immer auf die Unterschrift des Bundespräsidenten.Aber selbst wenn: Die EU-Richtlinie führt auf dem Energiemarkt freien Wettbewerb ein.Und freier Wettbewerb führt normalerweise nicht zu höheren Preisen - ganz im Gegenteil.Flugs reagierte daher das für Preisaufsicht zuständige Landeskartellamt.In einem Schreiben fragten die Wettbewerbshüter des Wirtschaftssenats bei der Bewag nach den Hintergründen der rätselhaft steigenden Heizpreise in Gropiusstadt. Mit der Antwort kam die Entwarnung: Die Verteuerung ist weit weniger dramatisch, als es in der mißverständlichen Anzeige aussah.Tatsächlich erfreut sich Gropiusstadt schon seit Jahren extrem niedriger Heizungspreise.Weil das Leitungsnetz nicht der Bewag gehört, sondern den an der Gropiusstadt beteiligten Wohnungsbaugesellschaften, konnte der Wartungsaufschlag über die Jahre niedrig gehalten werden.Seit 1985 hat die Bewag die Fernheizpreise dort nicht mehr erhöht - nun aber war eine Anpassung an die Kostententwicklung fällig: "Auch nach dieser Erhöhung liegen die Heizpreise in Gropiusstadt noch immer gut 25 Prozent unter dem Berliner Durchschnitt", versichert Bewag-Sprecher Siegfried Knopf. Die Wohnungsgesellschaften widersprechen nicht."Die Anpassung war überfällig", winkt Rudolf Englisch ab: "Wir fühlen uns nicht erpreßt." Der Kaufmännische Leiter der GbR Fernheizung Gropiusstadt weist darauf hin, daß die bisherigen Bewagpreise "extrem niedrig" gewesen seien.Die jetzige Verteuerung sei "akzeptabel".Für die meisten Mieter werde sich der Anstieg wegen der Umstellung der Heizungsabrechnung gar nicht bemerkbar machen: Denn bislang wurden die Gesamtheizkosten von Gropiusstadt pauschal - je nach Wohnungsgröße - auf die Mieter umgelegt.Nachteil: Energiesparen zahlte sich nicht aus.Der Durchschnittspreis bewirkte, daß der sparsame Mieter die Verschwendung seines Nachbarn mitbezahlen mußte.Das ändert sich nun: Gropiusstadt stellt auf eine verbrauchsabhänige Abrechnung um.Jeder Mieter zahlt künftig nur das, was er selbst verbraucht."Eine unter dem Strich zehnprozentige Preiserhöhung der Bewag", ist sich Englisch sicher, "kann jeder Mieter bei diesem gerechteren Verfahren leicht ausgleichen."

DANIEL WETZEL

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