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Wirtschaft: „Rauchen ist überhaupt nicht cool“

Jacek Olczak, Chef von Philip Morris Deutschland, möchte Zigarettenwerbung verbieten und Jugendliche vor dem Rauchen schützen

Herr Olczak, warum haben Sie sich mit anderen Zigarettenherstellern zerstritten?

Die Differenzen liegen vor allem in der unterschiedlichen Herangehensweise an die Zukunft der Industrie. Wir bei Philip Morris wollen den Konsumenten darüber aufklären, dass Rauchen tödlich sein kann. Wenn wir das Tabakgeschäft weiter betreiben wollen, müssen wir den Markt strikt regulieren.

Wie?

Beispielsweise gibt es viele Möglichkeiten, Jugendliche vom Rauchen abzuhalten: strikte Alterskontrollen, auch kann man die Produkte durch eine Erhöhung des Mindestinhalts von Zigarettenpackungen und eine Angleichung der Steuern unattraktiver machen. Denn dann wären die Preise für alle Tabakwaren gleich hoch. Es ist auch durchaus sinnvoll, dass Werbung für Zigaretten reguliert wird wie in anderen Ländern. Es ergibt doch keinen Sinn, Plakatwerbung zu erlauben, während Werbung in Zeitungen und Zeitschriften verboten ist. Deutschland ist eines der letzten Länder, in denen Zigarettenwerbung noch diskutiert wird.

Sie fordern also den Gesetzgeber auf, Ihnen das Leben so schwer wie möglich zu machen. Nehmen Sie dabei auch in Kauf, weniger Zigaretten zu verkaufen?

Durchaus.

Ihre Wettbewerber werfen Ihnen vor, dass Sie Werbung verbieten lassen wollen, weil Sie damit den Wettbewerb unterbinden und ihre Marktführerschaft sichern.

Wir sind die Nummer eins in Deutschland, weil wir starke Marken haben und ein funktionierendes Unternehmen, und weil wir unser Geschäft sehr verantwortungsbewusst betreiben. Selbst mit strengen Regulierungen gibt es immer Möglichkeiten, Wettbewerb zu betreiben.

Bedauern Sie auch, dass sich kein Rauchverbot für Restaurants durchgesetzt hat?

Jeder hat das Recht darauf, frische Luft zu atmen. Daher sollte es rauchfreie Bars geben. Aber in Deutschland sind knapp ein Drittel der Erwachsenen Raucher, da kann es nicht nur Nichtraucherlokale geben, das würde der Gesellschaft nicht gerecht werden. Der beste Weg ist also, ganz klar zwischen Nichtraucher- und Raucherlokalen zu trennen.

Was ist für Sie ein optimaler Raucher?

Leute, die vernünftige Entscheidungen treffen können und wissen, was für Risiken sie mit dem Rauchen eingehen. Ich sage meiner 15-jährigen Tochter beispielsweise, dass sie nicht rauchen soll.

Obwohl Sie selbst rauchen?

Meine Tochter ist noch nicht reif genug, um diese Entscheidung zu treffen. Junge Menschen kann man nicht einfach rauchen lassen, nur weil sie es für cool halten. Rauchen ist überhaupt nicht cool, wie kann etwas cool sein, das ungesund ist? Erst wenn sie erwachsen sind, können sie eigene Entscheidungen treffen. Es war und ist nicht unsere Absicht, Minderjährige zum Rauchen zu animieren. Das ist nicht unsere Zielgruppe. Wir sind eine der wenigen Industrien, die nicht dafür kämpft, jeden zum Konsumieren ihres Produkts zu bringen.

Wird es dann nicht immer schwieriger, Geld mit Zigaretten zu verdienen?

Es gibt genug Erwachsene, die rauchen.

Aber die Mehrheit der Leute fängt an zu rauchen, wenn sie jung ist.

Wir haben kein Datenmaterial darüber, wie viele junge Menschen rauchen. Ich selber habe zum Beispiel erst mit 21 Jahren angefangen.

Kann es sein, dass Ihr Fokus inzwischen einfach auf anderen Weltregionen liegt, etwa Russland oder China, wo sich niemand darüber Gedanken macht, ob Jugendliche rauchen?

Uns interessiert jede Region. Und obwohl wir in Deutschland mit einem Marktanteil von 37 Prozent führend sind, glaube ich, dass wir von den restlichen 63 Prozent noch hinzugewinnen können. Das Spiel ist noch nicht zu Ende.

Sie fordern härtere Regulierungen, obwohl die Erfahrung zeigt, dass die Industrie Regulierungen regelmäßig unterläuft. Seit beispielsweise irreführende Bezeichnungen wie „light“ verboten sind, benutzen die Hersteller Farbcodes, um Ihren Kunden gesündere Zigaretten zu suggerieren.

Die Verbraucher müssen doch erkennen können, was für eine Sorte sie rauchen. Was wirklich in die Irre führt, sind nicht die Farben, sondern die Nikotinangaben auf der Verpackung. Was sagt es mir, ob nun zehn oder acht Milligramm von irgendeinem Stoff in den Zigaretten sind? Dass sie weniger schädlich sind? Das ist nicht der Fall, weil jeder seine Zigarette anders raucht. Deshalb müssen diese Angaben runter von den Verpackungen. Vielmehr müssen wir herausfinden, welche Emissionen im Rauch von Zigaretten für welche Risiken verantwortlich sind. Sobald wir das wissen, können wir vielleicht eine weniger schädliche Zigarette herstellen. Wer in diesem Geschäft seine Zukunft sieht, kommt nicht umhin, an so etwas zu arbeiten. Aber eines muss klar sein: Unschädliche Tabakprodukte wird es nie geben.

Sie haben in der Vergangenheit Milliarden Dollar in die Bekämpfung des Zigarettenschmuggels gesteckt. Hat es geholfen?

Im Rahmen einer Untersuchung im vergangenen Jahr wurde festgestellt, dass 18 Prozent der Zigarettenpackungen in Deutschland nicht hierzulande versteuert wurden. Und der illegale Zigarettenhandel nimmt weiter zu. Es sieht aus, als würde das nie enden.

Haben Sie eine Erklärung dafür?

Es gibt innerhalb der EU deutliche Preisunterschiede bei Zigaretten. Während man in Deutschland für die günstigsten Zigaretten 3,50 Euro zahlt, bekommt man in den osteuropäischen Nachbarstaaten schon Zigaretten für einen Euro. Das andere Problem ist, dass es kaum mehr sichtbare Landesgrenzen gibt. Deshalb ist es leicht, Zigaretten illegal ins Land zu bringen.

Was ist der Ausweg?

Ich erwarte von der Regierung, dass sie etwas gegen den Schmuggel unternimmt. Deutschland lässt sich jedes Jahr etwa vier Milliarden Euro an Steuern entgehen. Die Regierung muss die Sache einfach ernster nehmen und schärfere Kontrollen vornehmen. Es ist auch ein Fehler, die Einfuhrbegrenzung von Zigaretten für Privatpersonen aus Tschechien oder Polen 2007 aufzuheben.

Sie drucken seit kurzem Sicherheitscodes auf Ihre Zigarettenpackungen. Verbraucher können den Code telefonisch überprüfen lassen, um zu erfahren, ob sie ein geschmuggeltes oder sogar gefälschtes Produkt gekauft haben. Wie ist die Resonanz?

Wir stecken noch in der Testphase bei den Marken Marlboro und L&M. Wenn wir sicher sind, dass das System funktioniert, werden wir es auf andere Marken und Länder übertragen. Momentan melden sich pro Woche etwa 100 Anrufer. Ein kleiner Anteil der Verpackungen ist tatsächlich illegal.

Sie haben angekündigt, Ihr Werk in München 2009 zu schließen. Welche Zukunft hat der Standort Berlin?

Berlin boomt. Hier wird zu einem großen Teil für den Export produziert, sogar mehr, als für Deutschland hergestellt wird. Der Standort Berlin ist extrem gut aufgestellt.

Das Gespräch führten Yasmin El-Sharif und Jens Mühling.

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