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Wirtschaft: Rechnungshof prüft Gersters Werbevertrag

Erste politische Folgen des umstrittenen Beratervertrags – der SPD-Politiker Wend legt sein Aufsichtsratsmandat bei WMP nieder

Berlin (asi/ce). Der umstrittene Werbevertrag des Vorstandschefs der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Florian Gerster mit der Berliner Agentur WMP Eurocom AG hat erste politische Folgen. „Mit sofortiger Wirkung“ legte der SPDBundestagsabgeordnete Rainer Wend sein Aufsichtsratsmandat bei WMP am Dienstag nieder. Wend ist Vorsitzender des Wirtschafts- und Arbeitsausschusses im Parlament und teilte mit, er wolle „nicht den Anschein erwecken, nicht mehr völlig frei und unabhängig zu sein“.

Noch vor seiner Entscheidung hatte Wend für die Ausschusssitzung am Freitag, in der BA-Chef Gerster befragt werden soll, den Vorsitz abgegeben. Dieser Zeitung sagte er, als er Anfang September Mitglied des WMP-Aufsichtsrates wurde, habe er „keinerlei Kenntnisse“ von dem Beratervertrag mit der Bundesanstalt gehabt. Diese habe „nicht auf der Liste der mir vorgelegten Kunden des Unternehmens“ gestanden.

Am kommenden Freitag muss BA-Chef Gerster auf Antrag der Union im Wirtschaftsausschuss Rede und Antwort über den Vertrag im Wert von rund 1,3 Millionen Euro und die Ausweitung des Kommunikationsetats der Bundesanstalt stehen. Gerster begründete am Dienstagabend die Vergabe ohne Ausschreibung mit dem „extrem negativen Meinungsklima“, das im Frühjahr gegenüber der BA geherrscht habe. Der Vorstand habe schnell reagieren müssen. Gerster kündigte an, den Vertrag mit WMP möglicherweise schon vor dem ursprünglich vorgesehenen Termin (Ende 2004) zu kündigen. Der Aufbau einer eigenen Marketingeinheit, den WMP-Vorstand Bernd Schiphorst angeregt hatte, komme gut voran. Gerster räumte jedoch ein, eine Kündigungsklausel sei im Vertrag nicht enthalten. Eine Kündigung des zweiten Vertragsteils wäre am 15. Oktober möglich gewesen. Gerster sagte: „Ich habe den Stichtag schlicht vergessen.“

Der stellvertretende Ausschusschef Max Straubing (CSU) kündigte allerdings bereits jetzt weiter gehende Untersuchungen an. „Wir wollen wissen, ob das mit Billigung der Bundesregierung geschehen ist“, sagte Straubing dieser Zeitung. Er vermute, dass die Etatausweitung eine „versteckte Werbekampagne der Bundesregierung für die Hartz-Reformen ist“. Diese Ausgaben hätten dann vom Bundestag gebilligt werden müssen.

Nach einer gemeinsamen Sitzung mit den Spitzen des Verwaltungsrates am Dienstagnachmittag sagte der BA-Chef, er habe dort einige Unklarheiten gegenüber dem Vertrag bei Gewerkschaftern, Arbeitgebern und Vertretern der öffentlichen Hand ausräumen können. Und SPD-Fraktionschef Franz Müntefering verteidigte den Vertrag. Er sagte dem Tagesspiegel, die Beraterhonorare seien „von der Größenordnung her nicht spektakulär“. Er habe „mit einiger Überraschung gesehen“, so Müntefering, „wie die Leute über Gerster hergefallen sind“.

Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, kündigte hingegen eine eingehende Prüfung des Vertrages an. Es werde genau untersucht, welche Leistung mit welchem Ziel eingekauft worden sei. Unabhängig davon prüfe der Rechnungshof bereits seit einiger Zeit den starken Anstieg der BA- Mittel für Öffentlichkeitsarbeit, sagte Engels. Zweifel deutete der Rechnungshof-Chef vor allem am Zustandekommen des Vertrages mit dem WMP-Vorstand Bernd Schiphorst an. Die BA hatte mit dem Hinweis der Eilbedürftigkeit keine Ausschreibung der Leistungen vorgenommen. Grundsätzlich müssten jedoch alle öffentlichen Aufträge mit einem solchen Volumen ausgeschrieben werden, sagte Engels. Dieser Pflicht könnten Behörden auch in besonders eiligen Fällen nachkommen.

Auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das der BA unterstellt ist, wird im Rahmen des Vertrags mit der WMP von Bernd Schiphorst beraten. „Schiphorst ist maßgeblich beteiligt, erstmalig eine eigene Pressearbeit für das IAB herzustellen“, sagte IAB-Chefin Jutta Allmedinger dem Tagesspiegel. Schiphorsts Tätigkeit sei für das IAB „sehr hilfreich“, verteidigte sie den ehemaligen Medienmanager.

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