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Politik im Blick. Für die Griechen wird es hart. Die Regierung will Ausgaben im Gesundheitswesen und Gehälter kürzen sowie die Renten senken.

© dapd

Regierung unter Druck: Griechen stehen vor dem nächsten Einschnitt

Regierungskoalition in Athen will am Montag ein neues Sparpaket verabschieden – deutsche Politiker machen Druck.

In Athen stieg das Thermometer am Sonntag auf 38 Grad, an diesem Montag könnten sogar 40 Grad erreicht werden. Aber nicht nur deshalb schwitzen die griechischen Regierungspolitiker. Am heutigen Montag wollen die Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien endlich das Sparpaket schnüren, das Griechenland seinen Gläubigern bereits für Juni versprochen hatte. Es sieht in den beiden kommenden Jahren Einsparungen von rund 11,5 Milliarden Euro vor. Damit soll Griechenland sein Haushaltsdefizit im Jahr 2014 unter die Dreiprozentmarke drücken, die der EU-Stabilitätspakt als Obergrenze festlegt.

Auf Einsparungen von rund zehn Milliarden hatte man sich bis zum Wochenende bereits geeinigt, hieß es am Sonntag in Koalitionskreisen. Dazu gehören Ausgabenkürzungen im Gesundheitswesen, die Abschaffung von Steuervergünstigungen, Einschränkungen beim Kindergeld, längere Arbeitszeiten für Lehrer sowie Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst, von denen auch Ministerpräsident Antonis Samaras und das Kabinett betroffen sind: Die Bezüge des Premiers werden um 1872 Euro gesenkt, die Minister müssen mit 935 Euro weniger im Monat auskommen. Das sind aber eher symbolische Kürzungen.

Politisch brisanter sind die geplanten Einschnitte bei den bereits mehrfach gekürzten Renten. Auch die Erhöhung des Rentenalters von 65 auf 67 kommt jetzt wieder auf die Tagesordnung – eine langjährige Forderung der Geldgeber Griechenlands, der sich die Athener Politiker aber bisher widersetzten. Allein mit der Heraufsetzung des Rentenalters könnte die Regierung in den kommenden zwei Jahren rund eine Milliarde sparen. Ohne Opfer wird es nicht gehen, wenn Griechenland den drohenden Ausstieg aus der Euro-Zone doch noch abwenden und weitere Hilfsgelder locker machen will.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso führte dem griechischen Premier Samaras bei seinem Besuch in Athen am vergangenen Donnerstag noch einmal eindringlich vor Augen, wie groß die Enttäuschung und das Misstrauen gegenüber Griechenland in Europa sind. Täglich kommen vor allem aus deutschen Koalitionsparteien Äußerungen, die sich so anhören, als solle Griechenland aufgegeben werden.

Griechenland sei „nicht zu retten, das ist simple Mathematik“, sagte der CDU- Parlamentarier Michael Fuchs der „Wirtschaftswoche“. Das Land sei weder willens, noch in der Lage, die nötigen Reformen umzusetzen.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der an diesem Montag im Urlaub auf Sylt mit seinem US-Kollegen Timothy Geithner über die Schuldenkrise berät, schloss weitere Hilfen aus. Er kritisierte aber die auch durch Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) angeheizte Debatte über einen Euro-Austritt Griechenlands. Es helfe nicht, „jetzt über mehr Geld oder mehr Zeit zu spekulieren“, sagte Schäuble. Einen weiteren Schuldenerlass lehnte der Finanzminister ab. Rösler warf der griechischen Regierung am Wochenende erneut vor, ihre Zusagen nicht einzuhalten. „Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass erhebliche Zweifel bestehen, ob Griechenland die Reformvereinbarungen erfüllt“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Es gebe keine funktionierende Steuerverwaltung, und bei der zugesagten Privatisierung von Staatsvermögen sei kaum etwas geschehen. Wenn Griechenland die Zusagen nicht einhalte, könne es kein weiteres Geld geben.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der italienische Ministerpräsident Mario Monti haben sich derweil in einem Telefongespräch über die Lage in der Euro-Zone ausgetauscht. „Sie waren sich einig, dass Deutschland und Italien alles tun werden, um die Euro-Zone zu schützen“, erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Sonntag. Beide Politiker hätten bei dem Telefonat am Samstag bekräftigt, dass die Beschlüsse des Europäischen Rates vom 28. und 29. Juni so rasch wie möglich umgesetzt werden müssten. Der EU-Gipfel hatte unter anderem beschlossen, dass Länder mit guter Haushaltsführung von den Rettungsschirmen EFSF und dem geplanten ESM unterstützt werden können – beispielsweise durch den Ankauf von Staatsanleihen.

Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), hatte angekündigt, die Notenbank werde alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, reagierte mit Sorge auf Draghis Aussage. Dadurch, dass die EZB nunmehr auch unbegrenzt tätig werden und wieder Staatsanleihen kaufen wolle, trete die Finanzkrise in eine „neue Phase“ ein, sagte Schneider „Handelsblatt Online“. „Dieser Kurs ist gefährlich und die Risiken nehmen enorm zu, auch für Deutschland, denn wir haften über die Bundesbank für die Risiken der EZB zu 27 Prozent“, sagte der SPD-Politiker.

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