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Regierungskreise: Gesetzentwurf für Bankenenteignung steht

Lange wurde diskutiert, nun ist man offenbar zu einer Lösung gekommen: Die Bundesregierung einigte sich am Dienstagabend auf einen Gesetzentwurf, durch den Banken unter bestimmten Voraussetzungen enteignet werden können.

In der schwersten Finanzkrise seit Jahrzehnten können Banken in Deutschland erstmals verstaatlicht und ihre Eigentümer enteignet werden. Die Bundesregierung verständigte sich am Dienstag nach Informationen aus Regierungskreisen auf letzte Details des umstrittenen Gesetzentwurfs.

Das "Rettungsübernahmegesetz", mit dem der Bund die Kontrolle über den angeschlagenen Finanzkonzern Hypo Real Estate (HRE) erwerben will, soll nur auf die Abwehr der aktuellen Krise beschränkt sein. Nach dem Gesetzentwurf müsse das Enteignungsverfahren bis Ende Juni dieses Jahres eingeleitet sein, wie am Dienstag in Berlin verlautete. Die entsprechende Rechtsverordnung müsse einige Wochen später vom Kabinett verabschiedet werden. Die kurze Geltungsdauer unterstreicht, dass es um die Sanierung der HRE geht.

Kabinett berät am Mittwoch

Der Entwurf soll an diesem Mittwoch im Kabinett erörtert werden. Er stellt klar, dass eine Enteignung nur letztes Mittel sein kann. So müssen zuvor alle anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen zum Erwerb einer Kontrollmehrheit des Staates gescheitert sein. Dazu gehören eine Rettungs-Hauptversammlung und Kapitalmaßnahmen.

Wie aus Regierungskreisen verlautete, werden die Rechte in der Hauptversammlung zugunsten der Rettung von existenzbedrohten Finanz-Unternehmen gestärkt. Eine Enteignung solle ebenso wie der entsprechende Vorgang zweistufig gestaltet werden. Die Eröffnungsentscheidung der Bundesregierung solle unter anderem an eine Ausschlussfrist gebunden sein. Zudem solle die konkrete Rechtsverordnung spätestens sechs Wochen danach erlassen werden.

HRE wird mit 102 Milliarden Euro gestützt

Mit den Gesetzesplänen wird das erst im Oktober verabschiedete Banken-Rettungspaket von 480 Milliarden Euro erweitert. Geplant war zuletzt auch eine Verlängerung der Staatsgarantien für Banken von drei auf fünf Jahre, um die Lage an den Märkten zu entspannen.

Die HRE wird mit Garantien und Kapitalhilfen von 102 Milliarden Euro gestützt. Davon kommen 87 Milliarden Euro vom Steuerzahler. Das Münchener Spezialinstitut benötigt weitere Milliardenspritzen. Um maßgeblichen Einfluss zu haben, strebt der Bund eine Kontrollmehrheit von mindestens 95 Prozent der HRE-Anteile an. Bei einer Pleite der HRE würden aus den Bürgschaften Milliarden-Verluste für den Staat.

Unabhängig von der drohenden Enteignung verhandelt der Bund weiter mit HRE-Großaktionär J.C. Flowers über eine Übernahme der Anteile. Der US-Milliardär kontrolliert knapp 24 Prozent der Anteile. Die Regierung konnte sich bisher noch nicht mit Flowers einigen, der auf einen guten Preis hofft. Das HRE-Engagement hat Flowers etwa eine Milliarde Euro gekostet. Am Dienstagvormittag kostete die Aktie 1,13 Euro. Die Bank war an der Börse knapp 240 Millionen Euro wert.

Entschädigungen für Aktionäre sind zu verzinsen

Nach dem bisher bekanntgewordenen Gesetzentwurf ist eine Enteignung nur zulässig, "wenn sie für die Sicherung der Finanzmarktstabilität erforderlich ist". Andere rechtlich und wirtschaftlich zumutbare Lösungen müssten ausgeschöpft sein. Auch sei Voraussetzung, dass das Institut "systemrelevant" ist, also bedeutend für die Volkswirtschaft. Das trifft auf die HRE mit einer Bilanzsumme von 400 Milliarden Euro und der Bedeutung für den Pfandbriefmarkt zu.

Die Entschädigung für enteignete Aktionäre sollte sich nach bisherigen Plänen nach dem durchschnittlichen Börsenkurs während der letzten zwei Wochen vor Bekanntgabe des Enteignungsverfahrens richten. Ist der Kurs innerhalb der letzten drei Tage niedriger, gilt dieser. Entschädigungen sind zu verzinsen. Auch sollen enteignete Investoren später bevorzugt ihre Aktien zurückkaufen können. (sba/dpa)

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